Die Menschenwürde ist unantastbar! — Bis Frühjahr 2020 jedenfalls. Dann war Schluss mit lustig.
Seit 2020 herrschen in „unserem“ Land Entmündigung, Bevormundung und Zwangsmaßnahmen. Auf der Grundlage gesetzeswidriger „Corona-Maßnahmen“. Zur Erinnerung: Das deutsche Gesundheitssystem war zu keiner Zeit in Gefahr. Die Krankenhäuser zu keiner Zeit gefährdet, die Patienten nicht mehr versorgen zu können.
Maßnahmen, die Leben retten sollten, kosten viele Menschenleben. Operationen und Therapien, die abgesagt wurden, fordern menschliche Leben. Familien und Existenzen wurden zerstört aufgrund der wirtschaftlichen Folgen. Menschen stehen sich gegenüber und beschimpfen sich: „Aluhutträger“ und „Mitläufer“. Die Mauer, die 1989 fiel, wurde von ihnen allen 2020 um ein ganzes Land gezogen.
Woher ich das alles weiß? Weil ich seit Monaten nichts anderes machen kann als lesen, mich informieren, zuhören, miteinander-reden, kämpfen, aber auch weinen, schimpfen, verzweifeln, trauern, verzagen und immer wieder wütend aufbrüllen: Das darf doch nicht wahr sein!
Diese Woche hatte meine schwerbehinderte, bettlägerige, hilflose, sehbehinderte, demente Mutter im Pflegeheim ihren 91. Geburtstag. Sie wurde am 16. Juni 2020 90 Jahre alt. Und ist inzwischen nur noch Haut und Knochen. Weil ich seit 13 Wochen nicht mehr — wie vorher — täglich zu ihr darf, um ihr das Essen anzureichen. Nicht, dass das die Pflegekräfte dort nicht können. Dort arbeiten wunderbare Männer und Frauen, für die ich meine Hand ins Feuer legen würde.
Aber das Pflegesystem ist in Deutschland eine Katastrophe. Sie, Frau Merkel, wissen das. Sie, Herr Spahn, wissen das auch. Mit Herrn Lauterbach will ich gar nicht reden, der ist therapieresistent.
Weil das Pflegesystem Deutschlands schon vor COVID-19 bekanntermaßen ein Pflegefall war, schaffen diese lieben Pflegekräfte es nicht, demente Menschen, die lange brauchen, bis sie mit dem Essen fertig sind, entsprechend zu versorgen. Wer in einer Stunde leisten muss, wozu es drei Stunden bedarf, hat viel zu wenig Zeit. Aber vor Corona konnten ja wir Angehörigen kommen und helfen.
Dann kam der Shutdown. Etwas, was es in der Geschichte Deutschlands noch nie gegeben hat, wurde auf der Grundlage von bloßen Vermutungen zum Manifest: Willkürmaßnahmen, mit schlimmeren Folgen, als sie ein schlimmes Grippevirus je haben wird.
Wie viele Menschen sind gestorben ohne jede Begleitung, einsam, alleine, aufgrund an Wahnsinn grenzender Bestimmungen? Weil Angehörigen verboten wurde, obwohl ihre Liebsten im Sterben lagen, Abschied zu nehmen? Ich weiß nicht, an welchen Gott Sie glauben, Frau Merkel, aber so, wie Sie agieren, trägt Ihr Gott zwei rote Hörner und speit Feuer!
Zurück zu meiner Mutter. Es waren insgesamt 65 Tage, die ich überhaupt nicht zu ihr durfte. 65 Tage totales Besuchsverbot. Über zwei Monate lang null Kontakt. Meine Mutter kann nicht telefonieren. 65 Tage sind wichtige Lebenszyklen. So lässt sich nach einer 65-tägigen Schwangerschaft bereits per Ultraschall feststellen, ob da mehr als ein Kind heranwächst. Im Leben dementer Menschen sind 65 Tage eine ganze Ewigkeit, in der Liebe, Nähe und Zuwendung per Gesetz verboten wurden.
Danke, Frau Merkel. Ihre Absicht, Menschen zu hospitalisieren, hat funktioniert. Mangelnde Zuwendung führt zu Hospitalisierung. Aber ich versichere Ihnen: Die Hygienemaßnahmen wurden eingehalten! Kein Bußgeld nötig!
Dann folgte die sogenannte Besuchsmöglichkeit von außen. Ich durfte an der Terrassentür stehen. Meine Mutter hat zum Glück ein Erdgeschosszimmer. Die Tür war angekippt. Das Bett meiner Mutter war Richtung Terrassentür gedreht. Meine Mutter — ihr Kopf — war vier Meter von mir entfernt.
Straßenlärm, Außenlärm, ich durfte also die Tür anschreien, in der Hoffnung, dass meine Mutter mich versteht. Denn sehen konnte sie mich nicht, nur ahnen. Glaukom-krank. Grüner Star. Was sie drinnen sagte, konnte ich so gut wie gar nicht verstehen.
Dort am Fenster stehend zu sehen, wie meine Mutter vor Verzweiflung und Wut, dass sie sich mir nicht mitteilen konnte, mit der Faust auf die Bettdecke schlug, hat mein Herz gebrochen. Als ich ging, liefen mir die Tränen über das Gesicht. Ich konnte mich nicht mehr beherrschen. Im Auto habe ich Rotz und Wasser geheult. Ich kümmere mich jetzt seit vielen Jahren um sie, um ihr das Leben so schön wie möglich zu machen. Und da liegt sie und leidet. Und ich stehe machtlos vor einer Glasscheibe.
Danke, Frau Merkel, für das Leid, das Sie zufügen. Denn diese Maßnahmen sind grausam. Sie retten keine Leben, sie fügen Leid zu und sie töten.
Am Geburtstag, also am 16. Juni 2020 durfte ich inzwischen ins Zimmer. Ich erspare Ihnen die Beschreibung, wie das mit einem „Aufpasser“ ist, der mit im Zimmer sitzen bleibt und dich mahnt:
„Aber nicht, dass du deine Mutter anfasst!“
Auf zwei Meter Abstand. Mit dieser unsäglichen Maske, von der ich Kopfschmerzen bekomme. Und diesen Handschuhen, in denen meine Finger, die ganze Hand nach der halben Stunde klitschnass geschwitzt ist, dass ich mich vor mir selber ekle.
Danke, Frau Merkel, für all das Leid, dass Sie nicht nur mir, sondern tausenden von Pflegeheim-Bewohnern und deren Angehörigen zugefügt haben!
Wie gesagt, inzwischen ist meine Mutter nur noch Haut und Knochen. Es ist von vielen Dementen bekannt, dass sie besser essen, wenn ein liebender Angehöriger dabei ist. Der sich im Gegensatz zum Personal einfach auch die Ruhe und die Zeit nimmt beziehungsweise nehmen kann.
Aber dass meine Mutter auf ihrem eigenen Geburtstag noch nicht einmal ihr Frühstück angereicht bekommen hatte, laste ich Ihnen an, Frau Merkel, Herr Lauterbach, Herr Spahn!
Diese ganzen verkorksten Regeln und Maßnahmen führten auch dazu, dass die allerbesten Pflegekräfte derart viel mehr zu tun haben, dass viel auf der Strecke bleibt.
Weil sie jetzt in einer Stunde leisten müssen, wozu man eigentlich fünf Stunden braucht. Und siehe da, das Wort „Pflege“ taucht ja nicht einmal im Eckpunktepapier-Konjunkturprogramm vom 3. Juni 2020 auf.
Hauptsache, es konnten 20 Millionen für eine Verkauft-Euch-Für-Dumm-Corona-App ausgegeben werden, die in Folge noch viel mehr Geld kosten wird. Sparen wir das einfach beim Frühstück der Heimbewohner wieder ein?!
Der Satz meiner Mutter auf ihrem Geburtstag hat mich tief getroffen. Sie hat den Zweiten Weltkrieg erlebt und erzählte immer, das Schlimmste war der Hunger. Ein so tiefer, nagender Hunger, wie ihn heute doch keiner mehr kennt. An diesem Morgen sagte sie:
„Ich hab so Hunger.“
Aber die Hygienemaßnahmen wurden erfüllt.
Frau Merkel, meiner Meinung nach spalten Sie ein ganzes Land, haben die Mauer wieder hochgezogen und lassen eine Frau, die Sie aus Überzeugung jahrelang gewählt hat, verhungern!
Danken Sie ab. Wir räumen dann hinter Ihnen auf.