Im Jahresverlauf 2022 hatte sich mit Omikron III, einer Verwandten der im Winter 2021 aufgetauchten Ur-Omikron-Mutation, eine besonders infektiöse Variante breit gemacht, wenn auch weitestgehend harmlos. Aber das war nicht wichtig. Omikron III hatte sogar das bis dato harmloseste Corona-Virus Delta II an Milde übertroffen. Die nicht mehr wahrnehmbaren Symptome konnten nur noch mit der High-End-Variante des von Pfizer gesponserten neuartigen PCR-Tests 2.0 ct 100 identifiziert werden.
Der vor Corona sichtlich vom Aussterben bedrohte Berufsstand der Apotheker erlebte eine neue Blüte. Nun durften sie endlich auch das tun, worauf sie so lange gewartet hatten: impfen. Anstelle der eher lästigen und dürftig bezahlten Verwaltungsarbeit für das Ausstellen digitaler Impfnachweise konnte es nun endlich zur Sache gehen. Die Impf-Diskriminierung der Apotheker hatte ein Ende gefunden.
Dabei war das gar nicht ihr Verdienst. Die Tierärzte hatten erfolgreich geklagt. Und so konnte Ex-Berufskollege Lothar Wieler auf dem Leipziger Tierärztekongress die freudige Botschaft verkünden. Ein Schelm, der Böses dabei denkt und vermutet, die Tierärzte-Lobby hätte dabei ihre Beziehungen in die Führungsspitze des Robert Koch-Instituts genutzt.
Für Zahnärzte wurde eine Kombi-Spritze entwickelt, mit der man nicht nur den Nerv eines zu behandelnden Zahnes betäuben, sondern zugleich und quasi nebenbei gegen Corona impfen konnte. Neben Tierärzten, Zahnärzten und Apothekern durften mit Beginn der sechsten Welle schließlich auch Metzger und (ehemalige) Einzelhändler und Gastronomen dem lukrativen Nebenjob nachgehen. Gerade für diese Berufsgruppen stellte die Impf-Lizenz die eigentliche Kompensation ihrer Verdienstausfälle dar und wurde schnell zur Haupteinnahmequelle.
Wer einen von der Agentur für Arbeit kostenlos angebotenen Kurs zum CCV absolviert hatte (die Abkürzung steht für den englischen Begriff Certified Community Vaccinator), durfte auch die Hausgemeinschaft impfen. Ein weiterer Vorteil: Nach erwiesener einjähriger Impf-Loyalität und vorbildlichen Bewertungen in von der Regierung ausgewählten sozialen Netzwerken durfte man sich sogar selbst impfen.
Umstritten war hingegen, dass die Impfoffensive vorgeblich auch zur gesellschaftlichen Re-Integration früherer Junkies und Fixer genutzt wurde. Der routinierte Umgang mit der Spritze sprach freilich für sie. Und die Notlage der Gesellschaft tat ein Übriges, auch diese Bevölkerungsgruppe für die solidarische Sache zu gewinnen. Dass sie dann nach Dienstschluss privat weitermachten, wurde toleriert.
Auch in den Krankenhäusern verbesserte sich nach Aussagen des Gesundheitsministeriums die Lage deutlich. Reinigungspersonal, das bereit und in der Lage war, Urin-Flaschen zu leeren, wurde fortan statistisch als „Pflegekraft“ geführt. Der Pflegenotstand wurde dadurch nahezu beseitigt. Angespannt blieb die Lage auf den Intensivstationen (IS). Hier fehlte es immer noch an Personal, trotz der Anhebung des Mindestlohns. Eine Reform des Berufsbildes und abgespeckte Anforderungen an Qualifikation und Erfahrung führten immerhin dazu, dass auch Otto-Normal-Krankenpfleger oder -schwester auf der IS eingesetzt werden konnten.
Auf den so massiv kritisierten Abbau der Intensivbetten während der Pandemiezeit wurde endlich reagiert. Durch eine Neudefinition des Begriffs „Intensivbett“ kam es zum angestrebten Anstieg der verfügbaren Bettenzahl.
Dieser Fortschritt änderte jedoch nichts an der Betten-Belegung. Vielmehr verschärfte sich dadurch die Lage optisch sogar, denn nun war auch der Anteil der Intensivpatienten unter den Hospitalisierten gestiegen. Dem konnte nur mit dem altbewährten Mittel begegnet werden: Impfen.
Die neue hippe Werbekampagne des Bundes verfehlte auch 2022 ihre Wirkung nicht. Immer mehr prominente Künstler, Musiker und Sportler erhielten lukrative Werbeverträge, manche bereits mit Optionsklausel für die nächste Pandemie.
Endgültiger Sieg
In der zweiten Jahreshälfte reifte im Gesundheitsministerium die Einsicht, dass eine immer kürzere Impffrequenz und immer ausgefeiltere Impf-Abos auf Dauer nicht ausreichen würden, um die Pandemie endgültig zu besiegen.
Die Forscher-Helden von Biontech entwickelten schließlich nach dem Vorbild der Insulin-Pumpe für Diabetiker die sogenannte Comirnaty-Pumpe, welche die Vorteile aller bisherigen Impfstoffe in sich vereinte und corona-verängstigte Bürger praktisch permanent mit Impfstoff versorgte. Die aufgrund unermüdlichen Tüftelns in nur zwei Monaten entwickelte Pumpe wurde zu Vorzugskonditionen und Dumping-Preisen von unter 1000,- Euro an Deutschland und die EU abgegeben, die gleich mehrere hundert Millionen davon bestellten.
Kurze Zeit stand der neue Gesundheitsminister im Verdacht, über seine Firma Lauterbach & Co(nsorten) an der Erfindung mitverdient zu haben. Der schon Ende 2021 zum Lieblingsminister der Deutschen avancierte Politiker konnte die Bedenken aber in diversen Talkshows zerstreuen. … konnte die bösartigen Behauptungen aber in dieversen Talkshows ausräumen.
Moderna — in Fachkreisen auch „Mode-RNA“ ausgesprochen — stand Biontech kaum nach. Das Unternehmen konzentrierte sich aber auf Krebs-Früherkennung mittels PCR-Test. Dadurch konnte das Risiko einer späteren Krebserkrankung bereits in einem extrem frühen Stadium nachgewiesen und über eine vorbeugende Impfung bekämpft werden. Diese sogenannten Cancer Vaccines konnten bereits im Kleinstkindalter verabreicht werden, brauchten aber ebenfalls eine regelmäßige Auffrischung.
Kritiker monierten, Moderna würde so die Nebenwirkungen der eigenen Corona-Impfung behandeln und nochmal abschöpfen. Gerüchte über sogenannten Turbokrebs hatten die Runde gemacht. Insbesondere die in den Monaten Mai und September verabreichten Booster-Impfungen 4 und 6 waren in Verdacht geraten, das Krebsrisiko zu erhöhen, was aber einem Fakten-Check nicht standhielt. Mehrwöchige Studien des Herstellers, die auch von der EU bezuschusst wurden, konnten die Bedenken in der Bevölkerung zerstreuen.
Da die Cancer Vaccines als garantiert nebenwirkungsfrei vermarktet wurden, konnten die Abnehmerstaaten weiterhin guten Gewissens auf die Produzenten-Haftung verzichten.
Der Chipmangel in der Halbleiterindustrie erreichte im vierten Quartal des Jahres einen neuen Höchststand, nachdem im Spätsommer die ersten westlichen Demokratien begonnen hatten, den digitalen QR-Code durch implantierte Chips zu ersetzen.
Der Andrang war so groß, dass sich Stunden vor Eröffnung der ersten Chip-Zentren bereits lange Schlangen vor den Eingängen bildeten. Chip-Enthusiasten campierten in Liegestühlen und Schlafsäcken auf Gehwegen.
Die Aussage eines Beteiligten, das wäre „wie beim ersten iPhone gewesen“, beschrieb die Situation durchaus treffend. Endlich war die Digitalisierung im wahrsten Sinne des Wortes spürbar.
Anfang des Jahres brachte der Schweizer Pharmakonzern Roche einen Corona-Schnelltest auf den Markt, der bei symptomatischen Patienten erstmals zwischen SARS-CoV-2 und Influenza-Viren unterscheiden konnte. Auf diese Unterscheidung war in den letzten beiden Jahren zugunsten von Corona bewusst verzichtet worden, wodurch die Grippe vorübergehend verschwunden war. Mit der zunehmenden Impfbegeisterung der Bevölkerung verlor die Konzentration auf Corona an Relevanz. Wer sich gegen Corona impfen ließ, war auch der Grippe-Impfung gegenüber aufgeschlossen.
Einen vorübergehenden Rückschlag gab es hingegen bei den Masken, die immer noch als zusätzlicher Schutz getragen werden sollten. Nachdem die Stiftung Warentest Ende 2021 einen FFP2-Maskentest für Kinder wegen angeblicher Nebenwirkungen wie Atemnot und Sauerstoffmangel abgebrochen hatte, dauerte es nach Suspendierung des Test-Teams einige Monate, bis der Test mit zufriedenstellendem Ergebnis wiederholt werden konnte.
Bester Gesundheitsminister aller Zeiten
Anfang Dezember feierte Karl Lauterbach mit ungewohntem Pomp sein einjähriges Minister-Dasein und zugleich seine Verlobung mit einer seiner langjährigen Anhängerinnen. Der ein Jahr zuvor auf das deutsche Impfgesetz vereidigte Politiker hatte in der Tat viel geleistet, besagtes Gesetz zu wahren und zu verteidigen, und nun auch einen Grund zum Feiern.
Seine erste Amtshandlung war eine Inventur der Impfbestände gewesen. Für alle überraschend — und besonders für ihn — stellte er einen eklatanten Impfstoffmangel fest. Es fehlten an die 100 Millionen Impfdosen. Umgehend bestellte der flotte Karl für über 2 Milliarden Euro nach. Als einziger Minister kann er quasi über ein nach oben offenes Budget verfügen und sich den Weg ins Büro von Finanzminister Christian Lindner sparen.
Glücklicherweise zerstreuten sich auch schnell Befürchtungen, der verdiente Impfer des Volkes könne aus Zeitgründen an den allseits beliebten Talkshows nicht mehr teilnehmen. Der Minister der Herzen blieb den Veranstaltungen in dem ihm vertrauten Kreis jedoch das ganze Jahr über treu. Eine erstaunliche Leistung. Aber wozu hat man schließlich Staatssekretäre.
Besonders beeindruckend: sein unglaublicher Weitblick. Während andere noch über die vierte Welle schwadronierten, sah er bereits eine massive fünfte kommen, kaum zwei Wochen im Amt.
Lauterbachs Popularität erreichte im Frühsommer einen neuen Höhepunkt. Im ganzen Land warb er weiterhin unermüdlich für Impfen, Boostern, Testen, Abstand und Maske. Lediglich um die Stadt Karlsruhe machte der abergläubische Minister einen großen Bogen.
Wurden Kinder nach ihrem Berufswunsch gefragt, belegten „Gesundheitsminister“, „Gesundheitsexperte“ und Virologe regelmäßig vordere Plätze.
Die Verehrung des auch von den Medien als „bester deutscher Gesundheitsminister aller Zeiten“ gefeierten Mannes nahm zuweilen groteske Züge an. Hatte man sich an T-Shirts und Masken mit seinem Konterfei im Straßenbild schon gewöhnt, so stöhnten die 3000-Seelen-Gemeinde Lauterbach im schwäbischen Rottweil und die hessische Kreisstadt Lauterbach unter der Last an Corona-Touristen, die sich an den Ortseingangsschildern mit Bildern des Ministers in der Hand fotografierten.
Im Sommer des Jahres entstanden auf ausdrücklichen Wunsch Lauterbachs auch die ersten 2G-Radwege und 2G-Wanderwege. Besorgte Bürger hatten sogar 1G gefordert, konnten sich aber nicht durchsetzen, da sich die Grenze zwischen geimpft und genesen permanent verschob.
Die neue Regelung war notwendig geworden, nachdem aktuelle Studien gezeigt hatten, dass in bestimmten natürlichen Lagen unkalkulierbare Luftströmungen zu einer Konzentration ausgeatmeter Luft führen konnten. Die Forscher warnten daher schon im Mai vor den sogenannten „Wanderwegsaerosolen“. Diese wurden schnell zum Schreckgespenst, nachdem erste Fälle von Kreislaufzusammenbrüchen in der Schwäbischen Alb gemeldet wurden. Multitalent, Impfprobant und Hobby-Aerosolforscher Eckart von Hirschhausen moderierte eine zweistündige Sondersendung zum Thema und legte auch noch mit einem Buch nach „Die Tücke des Waldwegs“. Der maskierte Fahrradfahrer und Bergwanderer wurde fortan zum vertrauten Bild. Doch viele getrauten sich nicht mehr raus.
Die Relativität der Spaltung
Der neue Bundeskanzler Olaf Scholz hatte gleich zu Beginn seiner Amtszeit betont, dass das Land nicht gespalten sei. Recht hatte er: Die Mehrheit der Deutschen ist nicht gespalten. Und selbst, wer dem Kanzler widersprechen mag, musste doch zugeben, dass der Spalt im Jahre 2022 zumindest nicht zum unüberwindlichen Graben geworden war. Die von einigen befürchtete Eskalation war durch großzügige solidarische Zugeständnisse der durchgeimpften Mehrheitsgesellschaft ausgeblieben.
So wurden Ungeimpften im Sommer entlegenere Strandabschnitte zugewiesen, wo sie sich frei entfalten konnten, allerdings nur in der Nebensaison. Schon am 20. Februar — dem Tag der sozialen Gerechtigkeit — waren Skipisten für einen Tag an bestimmten Abschnitten auch für Ungeimpfte freigegeben worden.
Supermärkte hatten sich infolge einer Gesetzesänderung zwar bereits im Frühling der 2G Plus-Regel angeschlossen, aber zugleich spezielle Bereiche für Ungeimpfte geschaffen, in denen sie Waren des „absolut nötigen“ täglichen Bedarfs erwerben konnten. Neben Wasser, Brot und Konserven waren dort auch Obst und Gemüse vom Vortag erhältlich.
Gegen einen Beförderungszuschlag, sogenannter öPNV-Soli, durften Ungeimpfte weiter am öffentlichen Nahverkehr teilnehmen. Busse und Bahnen wurden in Zonen eingeteilt. Entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil wurden zumeist zwei durch eine dicke Plexiglas-Scheibe getrennte Sitzreihen für Ungeimpfte im hinteren Teil reserviert. Die Deutsche Bahn schuf sogar eigene Abteile für Ungeimpfte, angeblich zum Schutz der geimpften Passagiere. Verständlicherweise verlangte die Deutsche Bahn für den erhöhten Aufwand auch einen Zuschlag.
Keine Kompromisse im Luftverkehr
Zu groß war für die Branche das Risiko eines Ausbruchs über den Wolken mit entsprechend unabschätzbaren Folgen für Start- und Landeerlaubnisse in den internationalen Zielländern. Im Inland hätte es theoretisch Lösungen geben können. Allerdings wurden Inlandsflüge schon ab Frühjahr durch die neue Regierung nur noch aus dringendem Grund erlaubt und waren daher gesellschaftlich wichtigen Persönlichkeiten wie Politikern, Vorständen, Managern, Virologen, Fußballern und anderen Prominenten vorbehalten.
Für ungeimpfte Kinder wurden gesonderte Schulklassen eingerichtet, in Großstädten sogar spezielle Schulen, die schon von weitem durch ihre rote Warnfarbe erkennbar waren. Der Bildungsauftrag konnte so aufrechterhalten werden. Allerdings konnten Kinder nunmehr ab dem 8. Lebensjahr in einem Gespräch mit der Schulleitung selbst entscheiden, ob sie sich impfen lassen und in eine normale Schule wechseln wollten.
Für Ungeimpfte wurden sogenannte „Abstandsberufe“ definiert, in denen sie keinen und nur sehr wenig Kontakt zu anderen Menschen hatten. Hierzu gehörten vor allem bestimmte Tätigkeiten im Baugewerbe und Handwerk, Förster, Archivare, LKW-Fahrer, aber auch Solo-Künstler oder Schriftsteller.
Alle nicht katalogisierten Berufe kamen für Ungeimpfte zum Schutz der Gesellschaft nicht mehr in Frage. Die Umschulung wurde zum Teil staatlich gefördert.
All dies zeigt, dass gewachsene Demokratien auch mit schwierigen Situationen umgehen können. Minderheiten werden nicht im Stich gelassen. Friedliche Koexistenz ist möglich.
Allerdings sahen das unter den Ungeimpften nicht alle so. Manche von ihnen wollten sich mit der ihnen gereichten Hand nicht zufriedengeben.
Schon 2021 war eine landesweite Zunahme von als „Spaziergänge“ getarnten und von der Politik als äußerst aggressiv wahrgenommenen Aktionen festzustellen gewesen. Nicht selten hatten die Teilnehmer „Feuerwaffen“ wie Kerzen oder Lichter dabei und sangen lautstark und rücksichtslos auch in lärmgeschützten und verkehrsberuhigten Zonen. Mitunter wurden diese „Spaziergänge“ in konspirativen Kanälen kurzerhand auf andere Orte oder Zeiten verlegt oder fanden gar nicht statt. Mehrere Hundertschaften der Polizei rückten dann teilweise vergebens aus. Ein Schlag ins Gesicht des Steuerzahlers.
Die Politik reagierte verzweifelt. Das „Feuerwaffen-, Sing- und Sprechverbot“ für Spaziergänger sowie die zeitliche Begrenzung auf 30 Minuten waren nur bedingt kontrollierbar. Auch die Idee sogenannter Spazier-Areale außerhalb geschlossener Ortschaften erwies sich als nicht umsetzbar. Obwohl die Tagesschau immer wieder Erfolge vermeldete über Tausende von Kerzen, die erfolgreich ausgeblasen, zertreten, weggekehrt oder konfisziert worden waren, stabilisierte sich die Lage erst mit dem zunehmenden Einsatz verdeckter Ermittler, der Bundeswehr und privater Sicherheitsdienste sowie durch die Unterstützung besonders antifaschistischer Bürgerwehren.
Erfolge auch auf juristischer Ebene
Vor gut einem Jahr hatte der schwäbische Ministerpräsident Winfried Kretschmann, einer der frühen Protagonisten der Impfpflicht, ein juristisches Gutachten zu deren Umsetzung in Auftrag gegeben. Offensichtlich hatte er rechtlichen Beistand gesucht, um fortan die impfstofflosen „Aasgeier der Pandemie“ bedenkenlos finanziell ruinieren zu dürfen. Insbesondere das „erneute Bebußen“ sowie Zwangsgelder würden die Abtrünnigen sehr wirksam zermürben. Denn spätestens mit dem Market-Launch der nächsten Auffrischungsimpfung wird auch das nächste Bußgeld fällig. Menschen mit geringem oder mittlerem Vermögen könnten so schnell um ihr Hab und Gut gebracht werden. Einfach genial.
In der Regierung fand das Gutachten große Zustimmung. Gesundheitsminister Lauterbach fand es „brillant“ und lobte den grünen Koalitionspartner ausdrücklich als „äußerst zuverlässigen Partner“ in der „Pandemie“. Dazu hatte auch Kretschmanns Parteifreund Boris Palmer beigetragen. Dessen Vorschläge, Impfunwillige mittels Beugehaft und Rentenkürzung zur Einsicht zu bewegen, waren wegen ihrer „außerordentlichen Kreativität“ in der Regierung mit Begeisterung aufgenommen worden.
Einige Zehntausende verließen im Laufe des Jahres das Land, worüber der Bundesgesundheitsminister aber nur lächeln konnte: „Wenn es weniger Ungeimpfte in der Bevölkerung gibt, steigt automatisch auch die Impfquote.“
Die Vorgehensweise war in der Tat so erfolgreich, dass auf eine Inhaftierung von Impfverweigerern nur in Einzelfällen zurückgegriffen werden musste. § 74 IfSG war für diese Fälle extra nochmals erweitert worden, sogenannte Palmer-Klausel.
Und es gibt noch mehr Grund zur Hoffnung: So verkündete Bill Gates inmitten der sechsten Welle, dass die Pandemie so um den 12. Juni 2023 vorbei sein werde. Allerdings warnte er auch davor, dass die nächste Pandemie bereits im Februar 2026 kommen könne und noch viel schlimmer sein werde. Doch darauf sei man dann auch besser vorbereitet. Die in den letzten Jahren gemachten Erfahrungen und optimierten Krisenpläne würden alle Länder erfolgreich durch diese noch schlimmere Pandemie führen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula Gertrud von der Leyen, die dem erfolgreichen Manager schon zuvor immer mal wieder für sein „leadership“ in der Pandemie gedankt hatte, betonte dann auch die „lessons“, die wir alle „learnt“ hätten, nicht zuletzt von ihm persönlich. Sie selbst werde in ihrer zweiten Amtszeit ab 2024 alles dafür tun, dass das erfolgreiche Krisenmanagement fortgesetzt werde. Sie zeigte sich optimistisch, dass sie — wie schon beim ersten Mal — wieder „einstimmig“ gewählt werde.
Was sonst noch passierte
Die ärmeren Länder wurden in 2022 deutlich besser mit Impfstoffen versorgt. Die Industrieländer hatten aus den Fehlern gelernt und gaben ihre Restbestände nun mindestens zwei Wochen vor Ablauf des Verfallsdatums ab.
Der unter die Top 100 reichsten Deutschen aufgestiegene Biontech-Gründer Uğur Şahin weigerte sich, einen Teil seines Milliarden-Vermögens dem Kampf gegen Hunger und Armut zu spenden oder — so der Wunsch der Grünen — zur Bekämpfung des Klimawandels einzusetzen. Şahin rechtfertigte seine Weigerung damit, dass das Geld zur Impfstoffentwicklung für die nächste Pandemie dringender gebraucht werde. Das war einleuchtend.
Die Maske prägte weiterhin das Straßenbild und wurde bei einer Umfrage im Herbst zum beliebtesten Kleidungsstück der Deutschen gewählt. Sogar Bill Gates wurde Lügen gestraft, als er einst feststellte, ohne Maske herumzulaufen wäre so, als würde man keine Hose tragen. Denn selbst an FKK-Stränden trugen die Nacktbader das vor dem Tod schützende modische Accessoire.
Ein Wermutstropfen blieb: Schon 2020 waren über 1,5 Milliarden Masken in den Ozeanen gelandet, mehr als 6000 Tonnen zusätzlicher Plastikmüll. 2021 hatte sich der Trend fortgesetzt, und auch 2022 gab es kaum spürbare Entlastung. Moderne recyclebare Mehrweg-Masken begannen sich erst langsam durchzusetzen.
Politischer Aufsteiger des Jahres war Friedrich Merz. Furore machte seine Idee eines Volks-Gesundheitsfonds, den er in Zusammenarbeit mit seinem früheren Arbeitgeber BlackRock entwickelte. Der Fonds stand allen Bürgern offen und investierte vor allem in Unternehmen wie Biontech, Curevac, Merck, Bayer oder Qiagen. Merz’ Idee: Die Deutschen sollten an zukünftigen Pandemien mitverdienen können.
Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts und Busenfreund von Ex-Kanzlerin Angela Merkel, schrieb ein viel beachtetes Buch über die Relativität von Grundrechten in Krisenzeiten. „Die Infektion des Grundgesetzes“ stand monatelang auf der Spiegel-Bestsellerliste.
Außenministerin Annalena Baerbock hatte ein schweres Erbe angetreten. Eine diplomatische Koryphäe wie Heiko Maas war praktisch nicht zu ersetzen. In den ersten Monaten verschliss sie unzählige Dolmetscher, die an ihrer (Aus)Sprache verzweifelten, bis sich schließlich einige fanden, die sich über speziell vom Deutschen Außenministerium angebotene Kurse qualifizierten.
Nordstream 2 wurde nach langem Hin und Her doch nicht in Betrieb genommen. Nachdem die Russen ihre Truppen nicht aus dem eigenen Land abziehen wollten und auch weiterhin auf der Krim beharrten, zeigte die Außenministerin erstaunliche Härte und verschaffte sich dadurch internationale Anerkennung unter den NATO-Mitgliedsstaaten. Auch deshalb kam es nach jahrzehntelanger Zeit des Wartens 2022 endlich wieder zur Stationierung neuer Atomwaffen in Deutschland. Lange hatten sich unsere amerikanischen Freunde vergebens bemüht, Deutschland davon zu überzeugen, einen größeren Beitrag zum Weltfrieden zu leisten.
Nach dem Rückzug der USA aus dem INF-Vertrag 2019 war der Weg frei geworden für die Stationierung der Hyperschallraketen Dark Eagle und des Trägerraketensystems Typhon. Das wäre vor drei Jahren noch verboten gewesen. Endlich war die NATO wieder in der Lage, Deutschland als operative Drehscheibe zu nutzen und von deutschem Boden aus notfalls einen Präventivschlag gegen Russland zu führen. In weniger als 5 Minuten könnten die Sprengköpfe in Moskau einschlagen, einfach genial. Nun können wir alle viel ruhiger schlafen. Der Russe — schon seit Generationen tiefsitzendes Schreckgespenst der deutschen Seele — wird es nun nicht mehr wagen, uns anzugreifen. Und sollte Putin eine Aufrüstungsspirale in Gang setzen wollen, werden wir reagieren und noch mehr Raketen stationieren, auch wenn dafür einige Windräder weichen müssen.
Das eingängige und etablierte Kürzel LGBTQIA+ für Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual/Transgender, Queer, Intersexual und Asexual wurde nach Protesten bis dato diskriminierter Gruppen um drei weitere Buchstaben erweitert.
Verschiedene Projekte zur Umstellung auf gendergerechte diskriminierungsfreie Toiletten führten zu einem Boom in der Baubranche.
Vorreiter war der Flughafen Berlin-Brandenburg. Hier hatte man knapp zwei Jahre nach der Eröffnung sowieso wieder Baumängel in den Toiletten festgestellt. Und nach zuvor 15 Jahren Bauzeit, endlosen Änderungen und unerschöpflicher Erfahrung im Umgang mit Pannen waren die Berliner quasi prädestiniert für das Pilot-Projekt.
Drohende Energie- und Versorgungsausfälle wurden über unsere französischen Freunde kompensiert. Dort wurde die Atomkraft technologisch derart revolutioniert, dass sie von der Bundesregierung das Etikett „besonders grün“ erhielt und der Atomstrom bedenkenlos importiert werden konnte.
Die Strompreise erreichten dennoch 2022 ein neues Allzeithoch und übertrafen den Rekord aus 2021 noch einmal deutlich. Die Grünen begründeten dies damit, dass im Herbst/Winter die Sonne weniger geschienen hätte. Ein Preismoratorium wie in den europäischen Nachbarländern lehnte der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck ab. Das wäre im Kampf gegen den Klimawandel kontraproduktiv. Eine Ausnahme gab es nur für die Ladestationen der E-Autos. Deren Förderung wurde noch ausgebaut, obwohl es im Spätsommer zum Brand eines roten E-Smarts in der Garage des Bundestags gekommen war. Die Löschversuche hatten mehrere Tage gedauert. Der Rauch war bis in die Kuppel des Reichstags gestiegen und hatte die politischen Debatten erheblich beeinträchtigt. Glücklicherweise waren die Abgeordneten jahrelang maskenerprobt und konnten mit FFP5- und Gasmasken den parlamentarischen Betrieb aufrechterhalten und so weiterhin dem Wohle des Volkes dienen.
Der Klimawandel konnte noch nicht aufgehalten werden. Und das, obwohl Fridays-for-Future den Druck deutlich erhöht hatten und nach der Umbenennung in Fridays-and-Mondays-for-Future lange Protest-Wochenenden starteten. Endlich lohnte es sich nun auch für Teilnehmer aus entlegeneren Ländern, zu den Demonstrationen anzureisen.
Der politische Häftling Julian Assange überlebte schwer gezeichnet ein weiteres Jahr im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Die Briten verwahrten sich gegen die Bezeichnung „Guantanamo Großbritanniens“. Assange sei nirgendwo sicherer. Die geplante Auslieferung in die USA war aufgrund einiger juristischer Feinheiten noch ins Stocken geraten. Der US-amerikanische Präsident, Joe Biden, arbeitet nun an einem auch rückwirkend geltenden Gesetz, wonach über Kriegsverbrechen der USA grundsätzlich nicht vor Ablauf von 80 Jahren berichtet werden darf.
Bei der Hungersnot in der Welt gab es wenig Fortschritte. Im Vorjahr war alle 10 Sekunden ein Kind unter 5 Jahren an den Folgen von Hunger gestorben. 2022 wurde die Marke sogar noch unterschritten.
Auch in Deutschland kam es nach 2021 zum zweiten Mal zu einer Übersterblichkeit. Politiker, Experten und die meisten Bürger waren sich trotz auffälliger Korrelation mit der Impfaktivität einig, dass dies nur eine Folge der Pandemie sein konnte, und des Klimawandels. Der enorme Anstieg von Herzerkrankungen und tödlichen Herzinfarkten wurde nach Anhörung des neu geschaffenen Expertenrats eindeutig auf Covid-19 sowie eine durch die Pandemie verursachte Stress-Störung zurückgeführt. Eine Verbindung zur Impfung konnte kategorisch ausgeschlossen werden.
Unerfreulich war leider auch der Jahresausgang. Die gerade zu Ende gegangene Fußball-WM in Katar war zum Desaster für die deutsche Mannschaft geworden. Aus in der Vorrunde. Den Titel holte Spanien, dessen Spieler sich in der Hitze Andalusiens gut auf das Turnier vorbereitet hatten. Die Besucherzahlen waren bescheiden. Katar sucht nun nach Nutzungsmöglichkeiten für die zahlreichen monströsen Bauwerke.
Doch nun steht das neue Jahr vor der Tür. Auch 2023 wird es noch viel zu tun geben.
Die Impfpflicht für Kinder und Neugeborene konnte beispielsweise noch nicht durchgesetzt werden, sehr zum Unmut von Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery, dem es dazu in jedem Fernseh-Interview sichtlich die Zornesröte ins Gesicht treibt. Und der Aufbau eines zentralen Impfregisters nach österreichischem Vorbild bleibt die größte Baustelle unseres Gesundheitsministers.
Es fehlt also nicht an Herausforderungen. Packen wir es solidarisch an! Prosit Neujahr 2023!