Derzeit wird die Zahl der weltweiten Todesopfer durch Tabakrauchen auf sieben Millionen pro Jahr geschätzt, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Weltnichtrauchertag 2017 bekannt gab (4). In der Europäischen Union (EU) sterben nach Angaben der EU-Kommission derzeit jährlich etwa 700.000 Menschen vorzeitig an den Folgen des Rauchens. Allein in Deutschland fielen 2013 dem Tabakkonsum circa 121.000 Personen zum Opfer (5).
Ursachen für diese „Zigarettenkatastrophe“ (1, 3) sind vor allem chronische Erkrankungen, wie Krebs, Krankheiten des Herz-Kreislaufsystems und der Atemwege, die durch das Rauchen ausgelöst oder erheblich gefördert werden, sowie die durch das Nikotin bedingte Tabakabhängigkeit der Raucher, die dafür sorgt, dass trotzdem weiter geraucht wird.
Das Tabakrauchen führt nicht nur zu schweren Gesundheitsstörungen mit der Folge von Abhängigkeit beziehungsweise Sucht und/oder vorzeitigem Tod sowie damit einhergehenden sozialen und ökonomischen Problemen für die Gesellschaft. Zudem sind sowohl der Tabakanbau als auch die Produktion von Tabakwaren, insbesondere Zigaretten, ebenso wie der Tabakkonsum mit Risiken verbunden, die in besonderem Maße auch die Umwelt schädigen. Dazu gehören vernichtete Wälder, verseuchte Böden, vergiftete Gewässer, erkrankte Arbeiterinnen und Arbeiter auf den Tabakplantagen, ja sogar Kinderarbeit, Hunger und Armut (6).
Die folgende Darstellung stützt sich vor allem auf eine aktuelle Broschüre zu dieser Thematik mit dem Titel „Ruinierte Natur“ (7), die von Unfairtobacco im November 2018 herausgegeben wurde und dort auch erhältlich ist (8).
Tabak ruiniert die Natur
Weltweit werden 32 Millionen Tonnen grüner Tabak auf vier Millionen Hektar in 125 Ländern angebaut (9). Die anschließende Trocknung der Blätter ergibt 6,5 Millionen Tonnen Rohtabak. Etwa 90 Prozent der globalen Ernte wird in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen, den so genannten armen Ländern, wie Tansania oder Bangladesh, und Schwellenländern, wie Brasilien, erzeugt, und zwar meist in kleinbäuerlichen Betrieben.
Tabakanbau in Monokultur laugt die Böden stark aus. Deshalb ist ein intensiver Einsatz von Düngemitteln, Pestiziden und anderen Chemikalien notwendig. Deren Auswaschungen sind für Böden, Grundwasser und nahe liegende Gewässer eine stetige Gefahr.
Gleichzeitig werden für den Tabakanbau großflächig Wälder abgeholzt, um neue fruchtbare Felder zu erschließen und Brennholz für die Auftrocknung des Tabaks zu gewinnen. Global werden allein für die Trocknung jährlich acht Millionen Tonnen Holz verbrannt. In den Tabakanbaugebieten Malawi, Simbabwe und auf den Philippinen ist dies der Hauptgrund für den Holzeinschlag. In einigen Ländern kommt auch Kohle als Brennstoff zum Einsatz.
Nach dem Verkauf wird der Rohtabak gelagert und verarbeitet, bevor er an etwa 500 Fabriken weltweit geliefert wird, in denen daraus jedes Jahr mit modernsten Maschinen etwa sechs Billionen — das ist eine Zahl mit zwölf Nullen — Zigaretten hergestellt werden. Diese vollautomatischen Maschinen produzieren bis 20.000 Filterzigaretten pro Minute! Siehe dazu auch den unter (1) genannten Artikel, Kapitel „Massenproduktion von Zigaretten“.
Deutschland importierte im Jahr 2016 knapp 160.000 Tonnen Rohtabak. Von den daraus hergestellten 168 Milliarden Zigaretten wurden 140 Milliarden Zigaretten im Wert von 3,1 Milliarden Euro ins Ausland verkauft — damit war die Bundesrepublik Deutschland in dem Jahr der weltgrößte Zigarettenexporteur.
Zur Herstellung der Zigaretten werden verschiedene Tabaksorten miteinander vermischt, fein geschnitten und mit weiteren Zusatzstoffen versehen. Bei diesem Prozess fallen große Mengen chemischer Abfallstoffe, wie Ammonium, Nikotin, Salzsäure, Nitrate, Chlor und Bleiverbindungen an, deren Giftigkeit der Umwelt schadet. Und darüber hinaus benötigt die Zigarettenherstellung sehr viel Energie.
Im Jahr 2016 konsumierten eine Milliarde Raucherinnen und Raucher weltweit 5,7 Billionen Zigaretten. Auch wenn die Rauchprävalenz im vergangenen Jahrzehnt zurückging, ist ein weiterer Anstieg des weltweiten Zigarettenkonsums zu erwarten, bedingt durch das Bevölkerungswachstum und den zunehmenden Tabakkonsum junger Menschen im Globalen Süden.
Der Konsum und die Entsorgung von Zigaretten führen jährlich zu 3,2 Millionen Tonnen Müll durch Verpackung, Zigarettenpapier und -filter. Kippen werden meist in der Umgebung entsorgt — laut Schätzung der WHO sind das jedes Jahr weltweit 4,5 Billionen Stück. Die aus Zelluloseacetat — einem thermoplastischen Kunststoff — bestehenden Filter enthalten nach dem Rauchen enorm viele Giftstoffe.
Ein Londoner Forschungsteam erstellte voriges Jahr eine Gesamtbetrachtung der ökologischen Folgen der Produktions- und Konsumkette (10). Als Basiseinheit diente die Gleichsetzung einer Tonne produziertem und verbrauchtem Tabak mit einer Million Zigaretten. Demnach hat die globale Tabakindustrie einen CO2-Fußabdruck von 84 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalenten, was dem Treibhauspotential von Peru oder Israel entspreche.
Allerdings sind diese Zahlen eher eine Unterschätzung, da einige Faktoren aufgrund der schlechten Datenlage nicht einbezogen wurden, wie zum Beispiel die ökologischen Folgen der Naturwaldrodungen und die Umweltschäden achtlos entsorgter Kippen. Etwa 78 Prozent der ökologischen Schäden entstehen beim Tabakanbau und der -trocknung, ein Fünftel bei Verarbeitung, Herstellung und Transport. Das Forscherteam bilanzierte die globalen Verantwortlichkeiten so:
„Beim Rauchen von Zigaretten verbrennt die entwickelte Welt im wahrsten Sinne des Wortes die Ressourcen ärmerer Länder.“
Diese Einschätzung gibt die Broschüre von Unfairtobacco am Beispiel der ökologischen Auswirkungen von Tabakanbau/-trocknung in Tansania und Bangladesh in zwei sehr lesenswerten Beiträgen eindrucksvoll wieder (11, 12).
Zigarettenkippen sind hochgiftiger Plastikmüll
Nach Schätzungen der WHO werden weltweit zwei Drittel der konsumierten Zigaretten achtlos in die Umwelt entsorgt. In Deutschland können so ungefähr 205 Millionen Zigaretten am Tag auf den Straßen, am Gewässerrand, am Strand oder anderswo die Landschaft vermüllen. Weltweit gehören Zigarettenstummel zu den Müllteilen, die bei Küstenputzaktionen am häufigsten gefunden werden, so auch an den deutschen Ostseestränden. Dort ist der Haupteintrag von Meeresmüll landbasiert, das heißt, er wird über Flüsse oder direkt von den Stränden ins Meer eingetragen (13).
Viele Leute sind sich der Gesundheitsgefahren durch den Zigarettenkonsum sehr wohl bewusst, nicht aber der Giftigkeit achtlos weggeworfener Kippen für die Umwelt.
Das ist erstaunlich, werden Filter doch im Allgemeinen als Barriere für Giftstoffe wahrgenommen, und somit ist es logisch, dass nach dem Rauchen diese Giftstoffe im Filter enthalten sind.
Zunächst aber zum Material der Zigarettenfilter. Sie bestehen in der Regel aus watteartigem, reißfestem Zelluloseacetat. Dieser Kunststoff ist biologisch nicht abbaubar, zerfällt langfristig unter Einwirkung von Sonnenlicht in Mikroplastikfasern und löst sich erst über Jahre hinweg auf, mit unklaren Folgen für die Umwelt. Der Zerfallsprozess kann unter günstigen Bedingungen bis zu zehn Jahre dauern oder länger, wenn die Umweltbedingungen ungünstig für die nötigen physikalisch-chemischen Reaktionen sind. Das ist das eine Problem.
Das andere ist vielleicht noch gravierender: Kippen sind ein Chemikaliencocktail verschiedenster Substanzen. Dabei sind Zigarettenfilter eigentlich dazu entwickelt worden, beim Rauchen einige der entstehenden Substanzen — vor allem Teerpartikel — im Filter zurückzuhalten, um weniger gesundheitsgefährdend für Raucherinnen und Raucher zu sein. Einen gesundheitlich positiven Effekt gibt es nachweislich bisher nicht, aber Filter bewirken, dass der Rauch weniger beißend und das Rauchen somit angenehmer ist.
Tatsächlich sammeln sich im Filter besonders viele Schadstoffe, die später in die Umgebung freigesetzt werden. Zigaretten enthalten neben dem Tabak bis zu 600 Zusatzstoffe wie Aromen und Gewürze, Feuchthaltemittel, Klebstoffe, Farbstoffe und Weißbrandmittel, die den grauen Rauch weiß färben. Beim Abbrennen entstehen daraus über 5.300 — viele davon giftig oder krebserregend — Substanzen, beispielsweise die Metalle Arsen, Blei und Cadmium; das radioaktive Polonium-210, ein Alpha-Strahler; Stickstoffverbindungen, wie Ammoniak, Blausäure und aromatische Amine; Sauerstoffverbindungen, wie Acetaldehyd, Formaldehyd, Phenol und Hydrazin; polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und andere Kohlenwasserstoffe, wie Benzol, Styrol und Toluol (5).
Nikotin — Hauptbestandteil der Zigarettenstummel — ist ein wassergefährdendes Insektizid und Nervengift. Ein Serienexperiment eines Berliner Forschungsteams erwies (14): Standardisierte Kippen geben im stehenden Wasser 7,1 Milligramm Nikotin pro Gramm ab, das sich zur Hälfte innerhalb der ersten halben Stunde löst.
Eine Kippe hat das Potenzial, tausend Liter Wasser in einer Konzentration zu vergiften, die Wasserflöhe (kleine Planktonkrebse) schädigt. Je mehr Tabakreste am Filter hängen, desto höher ist der Nikotingehalt. Der wasserlösliche Gehalt an Nikotin einer standardisierten Kippe liegt um das 14-fache über dem EU-Grenzwert von 0,5 Milligramm pro Gramm für gefährliche tabakhaltige Abfälle.
In Laborversuchen reagierten Süß- und Salzwasserfische mit Stressreaktionen auf kontaminiertes Wasser, in dem 24 Stunden lang ein Zigarettenstummel in einem Liter Wasser eingeweicht war (15). Nach der Testzeit von 96 Stunden war die Hälfte der Fische tot. Sogar Zigarettenfilter alleine wirkten giftig. Marine Bakterien — die für ökotoxikologische Untersuchungen im Wasser eingesetzt werden, da die Intensität ihres Eigenleuchtens (Biolumineszenz) Rückschlüsse auf Beeinträchtigungen durch Umweltgifte zulassen — büßten an Leuchtkraft ein (16). Auch Meereswürmer reagierten mit Verhaltensänderungen im nikotinhaltigen Wasser (17).
Die Untersuchungen an Meeresorganismen erfolgten alle im stehenden Wasser, das nicht — anders als unter natürlichen Umweltbedingungen — im Austausch mit anderen Wasserkörpern stand. Gleichwohl findet sich Nikotin, beziehungsweise sein Stoffwechsel-Abfallprodukt Cotinin, in Flussproben. Bei einer Studie im Großraum Madrid konnten die Substanzen in allen Proben nachgewiesen werden. Ebenso enthielten alle zehn Leitungswasserproben Cotinin, sechs davon auch Nikotin (18).
Ein Zehntel des Mülls an der Ostseeküste sind Kippen
An den Stränden der Meere gehören Zigarettenkippen zu den am häufigsten gefundenen Müllteilen. An der deutschen Ostseeküste machen die Kippen fast ein Zehntel des Mülls aus, geht aus einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) auf eine Anfrage der Grünen Ende Januar 2019 hervor (19).
Insgesamt machen Zigarettenkippen 35 Prozent des achtlos weggeworfenen Mülls in Deutschland aus. Das Bundesumweltministerium könne nicht ausschließen, dass die giftigen Rückstände der Zigarettenfilter über den Boden und das Grundwasser auch in die Nahrungskette gelangen.
Zwischen 1990 und 2017 habe das BMU Kenntnis von 218 Nikotinvergiftungen bei Kindern bis 13 Jahren. Die Art der Nikotinaufnahme sei nicht erfasst worden. In Bayern, Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland bestehe ein Rauchverbot auf Spielplätzen, in den anderen Ländern falle die Regelung in die Zuständigkeit der Kommunen und Städte.
Probleme für das Trinkwasser seien dagegen nicht bekannt. Nicht empirisch belegt werden könne ein Zusammenhang zwischen weggeworfenen Zigaretten auf Spielplätzen und Nikotinvergiftungen von Kindern. Für beide Problemkreise bedeutet das natürlich nicht, dass dieser Zusammenhang ausgeschlossen wäre. Siehe dazu auch die oben genannten Ergebnisse einer Untersuchung des Trinkwassers in der Region Madrid, in der sich in allen Proben Cotinin beziehungsweise Nikotin nachweisen ließ (18).
Zum Schutz der Ostsee und anderer Meere vor einer Schädigung durch Tabakmüll sind Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen notwendig. Raucherinnen und Raucher müssen umfassend über die Umweltschädlichkeit ihres Tabakkonsums informiert werden. Dann können und müssen sie Verantwortung für den Müll übernehmen, den sie produzieren.
Die konsequente Umsetzung bestehender Gesetze und Regelungen kann die Aufklärungsarbeit verstärken und den Umweltschutz in Bezug auf Zigarettenkippen schon heute voranbringen. Dazu gehören zum Beispiel Rauchverbote auf Spielplätzen, die in vielen deutschen Bundesländern, aber nicht überall gelten, sowie mehr rauchfreie Strandabschnitte, wie bereits in den Ostseebädern Warnemünde, Nienhagen und Kühlungsborn. Außerdem sollte es überall Verordnungen geben, die das gedankenlose Wegwerfen von Kippen mit Ordnungsstrafen ahnden.
Auch Maßnahmen zur Reduzierung des Rauchens können als ein Element des Meeresschutzes betrachtet werden, obwohl sie weit darüber hinaus gehende Wirkungen entfalten. Je weniger Raucher, desto weniger Umwelt- und Gesundheitsbelastungen entstehen durch den Konsum und die Produktion von Zigaretten. Hier verweisen wir auf die Lektüre des unter (2) genannten Artikels, der verdeutlicht, dass das 2005 in Kraft getretene und auch von Deutschland ratifizierte „Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs“ — WHO Framework Convention on Tobacco Control (FCTC) — endlich von der Politik konsequent umgesetzt werden muss.
Wichtigste Maßnahmen hierzu wären eine weitere schrittweise deutliche Erhöhung der Tabaksteuer, ein komplettes Werbeverbot für Zigaretten, auch auf Außenplakaten und in Kinos, ein lückenloser Nichtraucherschutz und ein Verbot der Zigarettenautomaten (20).
Zudem müssen auch die Zigarettenhersteller selbst in die Pflicht genommen werden. Derzeit nutzen Tabakkonzerne allerdings Umweltengagement für Eigenwerbung, zum Beispiel Pall Mall mit Strandaschern an Nord- und Ostsee (21). So schlagen sie Profit aus den Umweltschäden, die ihre Produkte verursachen. Deshalb braucht es anstelle freiwilliger Greenwash-Aktionen eine Gesetzgebung, die Tabakunternehmen finanziell an den Beseitigungskosten beteiligt. Ein weiterer Schritt wären sichtbare Entsorgungshinweise auf Tabakprodukten, die auch auf die Umweltgefährlichkeit der Kippen aufmerksam machen. Effizient wäre wohl ein verpflichtendes Pfandsystem mit Rücknahme über Verkaufsstellen oder Schadstoffsammlungen, gepaart mit scharfen Sanktionen bei Verstößen.
Die EU sieht ebenfalls die Tabakindustrie in der Pflicht. Das EU-Parlament hat vor Kurzem einem Maßnahmenkatalog zugestimmt, um die Herstellung und den Eintrag von Einwegplastik in die europäischen Meere zu reduzieren, darunter auch Zigarettenfilter. Neben der Hinweispflicht auf Zigarettenschachteln zur umweltgerechten Entsorgung der Kippen, wurde eine erweiterte Haftung der Hersteller für den Müll in der Direktive festgeschrieben (22).
Fazit und Schlussfolgerungen
Laut aktueller Forschung verursachen Anbau und Auftrocknung des Tabaks sowie die Zigarettenherstellung die größten Schäden für Umwelt und Klima. Die Zerstörung von natürlichen Wäldern blieb hierbei allerdings außen vor, obwohl lokal signifikant, wie in der vorliegenden Broschüre von Unfairtobacco am Beispiel des Miombo-Trockenwaldes in Tansania gezeigt wird.
Die Schäden in Böden und Gewässern durch Chemikalien-Auswaschungen werden in der Forschung erfasst, und das Beispiel aus Bangladesch in der Broschüre stellt die Folgen in den Tabakanbaugebieten anschaulich dar.
Laut dieser Forschung richten Abfallprodukte des Rauchens die geringsten Schäden an, jedoch wurden hier die Konsequenzen der üblichen Entsorgung von Zigarettenkippen in die Umwelt nicht berücksichtigt. Das Potenzial zur Vergiftung und Zerstörung von Leben unter Wasser wird am Beispiel der deutschen Ostseeküste deutlich.
Das Londoner Forschungsteam kommt abschließend zu folgender Beurteilung (11):
„Solange der Tabaksektor Zigaretten produzieren darf und solange diese konsumiert werden, kann die Welt das globale Ziel von nachhaltiger Produktion und nachhaltigem Konsum nicht erreichen, denn per Definitionem bezieht sich SDG 12 auf Güter, die eine bessere Lebensqualität bieten und gleichzeitig den Verbrauch von natürlichen Ressourcen und giftigen Stoffen sowie die Emission von Müll und Schadstoffen über den Lebenszyklus des Produkts minimieren. Deshalb werden fundamentale Änderungen der unnachhaltigen Produktions- und Konsummuster benötigt, auch ein Ende des Rauchens.“
Zum besseren Verständnis dieser Stellungnahme der Londoner Umweltforscherinnen und -forscher sei ergänzt: Alle 193 Mitgliedsstaaten der UN haben sich im September 2015 auf gemeinsame Ziele für eine nachhaltige Entwicklung verständigt (23).
Seit dem 1. Januar 2016 sind 17 „nachhaltige Entwicklungsziele" — Sustainable Development Goals ( SDGs) — in Kraft, die den zur Jahrtausendwende entwickelten Aktionsplan zur Reduzierung von Armut, Hunger und Krankheiten — Millennium Development Goals (MDGs) — ablösten. Die Unterzeichnerstaaten hoffen und wollen sich dafür einsetzen, dass diese große Chance zu einer gerechteren Welt mit Zukunftsperspektiven für alle Kinder ergriffen wird. Bis zum Jahr 2030 sollen die Ziele erreicht werden. Daher sprechen sie von der Agenda 2030.
Mit SDG 12 wird das nachhaltige Entwicklungsziel „Nachhaltige/r Konsum und Produktion“ bezeichnet. In der Broschüre von Unfairtobacco ist überzeugend dargestellt, dass durch die Produktion und den Konsum von Tabakwaren noch weitere nachhaltige Entwicklungsziele der Agenda 2030 gefährdet sind (24). Dazu gehören die Entwicklungsziele SDG 6 „Sauberes Wasser“, SDG 14 „Leben unter Wasser“ und SDG 15 „Leben an Land“. Und nicht zuletzt ist das SDG 3 „Gesundheit und Wohlergehen“ auf das Gröbste gefährdet. Alle diese Entwicklungsziele können nicht erreicht werden, wenn das Rauchen und die Produktion von Tabakwaren, insbesondere Zigaretten, nicht beendet wird.
Quellen und Anmerkungen:
1) Kolenda KD. Legale Massentötung. Die gesundheitlichen Folgen des Tabakkonsums werden von der Zigaretten-Industrie systematisch verschleiert. Teil 1. Rubikon 16.5.2019 https://www.rubikon.news/artikel/legale-massentotung
2) Kolenda KD. Legale Massentötung. Die zerstörerische Wirkung des Zigarettenkonsums könnte man nur durch ein weltweites Verbot in den Griff bekommen. Teil 2. https://www.rubikon.news/artikel/legale-massentotung-2
3) Proctor RN. Golden Holocaust. Origins of the cigarette catastrophe and the case for abolition. University of California Press, Berkeley — Los Angeles — London 2011
4) https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/76041/Rauchen-Millionen-Tote-Milliardenkosten-und-Umweltfolgen
5) Tabakatlas Deutschland 2015. Herausgegeben vom Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg, 1. Auflage 2015
6) Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg (Hrsg.): Umweltrisiko Tabak — von der Pflanze zur Kippe. Heidelberg, 2009
7) Von Eichborn S (Hrsg.). Ruinierte Natur, Entwaldung, Pestizide und Nikotin. Herausgeber: Unfairtobacco, November 2018
8) https://www.unfairtobacco.org
9) Von Eichborn S. 1. Rauchen ist umweltschädlich. In: Von Eichborn S (Hrsg.). Ruinierte Natur, Entwaldung, Pestizide und Nikotin. Herausgeber: Unfairtobacco, November 2018, S. 3-5
10) Zafeiridou M, et al. Cigarette smoking: an assessment of tobacco`s global environmental footprint across its entire supply chain, and policy strategies to reduce it. Genf: WHO 2018
11) Mangora MM, Universität Daressalam. 2. Tansania- Tabak fordert seinen Tribut im Miombo-Trockenwald. In: Von Eichborn S (Hrsg.). Ruinierte Natur, Entwaldung, Pestizide und Nikotin. Herausgeber: Unfairtobacco, November 2018, S. 6-11
12) Akther F, UBINIG. 3. Bangladesch — Tabak vergiftet Böden und Wasser am Matamuhuri-Fluss. In: Von Eichborn S (Hrsg.). Ruinierte Natur, Entwaldung, Pestizide und Nikotin. Herausgeber: Unfairtobacco, November 2018, S. 12-18
13) Knotz S, BUND. 4. Deutschland — giftige Kippen gelangen in die Ostsee. In. Von Eichborn S (Hrsg.). Ruinierte Natur, Entwaldung, Pestizide und Nikotin. Herausgeber: Unfairtobacco, November 2018, S. 19-24
14) Roder Green AL, et al. Littered cigarette butts as a source of nicotine in urban waters. Journal of Hydrology 2014; 519: 3466-3477
15) Slaughter E, et al. Toxicity of cigarette butts, and their chemical compounds, to marine and freshwater fish. Tobacco Control 2011; 20 (Suppl. 1): 125-129
16) Novotny TE, et al. Tobacco Product waste: An environmental approach to reduce tobacco consumption. Curr Envir Health Report 2014, 1: 208-216
17) Wright SL, et al. Bioaccumulation and biological effects of cigarette litter in marine worms. Scientific Reports 2015; 5: 14119.doi: 10.1038/srep 14119
18) Valcarcel Y, et al. Detection of pharmaceutically active compounds in rivers and tap water of the Madrid Region (Spain) and potentially ecotoxilogical risk. Chemospere 2011; 84: 1336-1348
19) zigarettenkippen-machen-neun-prozent-des-muells-an-der-ostsee-aus
20) Deutsches Krebsforschungszentrum (2017). Rauchen schadet — vom Anbau bis zur Zigarettenkippe. Aus der Wissenschaft — für die Politik, Heidelberg
21) https://www.presseportal.de/pm/12459/3074000
22) http://www.europarl.europa.eu/RegData/commissions/envi/lcag/2019/01-18/ENVI_LA(2019)000622_EN.pdf
23) https://www.gemeinsam-fuer-afrika.de/nachhaltige-entwicklungsziele-sdg/?gclid=EAIaIQobChMIw9WWvbje4AIVJzbTCh038QjsEAAYASAAEgJwq_D_BwE
24) Von Eichborn S, Abshagen ML. Tabak: unsozial, unfair, umweltschädlich. Tabakproduktion und -konsum als Beispiel für die Vielschichtigkeit der Sustainable Development Goals (SDGs). Berlin: Brot für die Welt. EED, Unfairtobacco.org, Forum Umwelt und Entwicklung. www.unfairtobacco.org/sdg-studie