Psiram wie auch die Ruhrbarone — darum wird es im Folgenden nämlich gehen — fühlen sich ganz offenbar in dieser Rolle als Assistenten der Wahrheit und des reinen Denkens sehr wohl. Damit sind sie in ihrem Selbstverständnis berufen, Andersdenkende an den Pranger zu stellen und das angesprochene Klientel, hier Studenten, zu disziplinieren. Beide Plattformen spielen sich gegenseitig die Bälle zu. Sie vergiften mit den verbreiteten Inhalten systematisch die Diskussionskultur und suchen schwerpunktmäßig und manisch nach antisemitischen Strömungen. Das nun ist gar nicht fein.
Interessant ist, dass die beiden Blogs (nicht das Psiram-Wiki), mit der unauffälligen Reichweite von ein paar hundert Zugriffen täglich, so relevant für die deutsche Wikipedia sind (a1). Wie auch Stefan Laurin und Sebastian Bartuschek, die sowohl für Psiram als auch für die Ruhrbarone tätig sind. Das gilt zudem für die freimütig zugelassenen Einzelnachweise und Querverweise für Psiram und die Ruhrbarone in der Wikipedia (1, 2, 3, 4). Etwas, bei dem die Löschkommandos der deutschen Wiki-Admins anderswo rigoros zur Sache gehen. Im Falle der Ruhrbarone und Psirams ist man nicht so verbissen (5, a2).
Der Spiegel machte Erstere und das dahinter stehende Magazin kurz nach Einführung wohlwollend bekannt (6). Ganz so unabhängig sind sie ja vielleicht doch nicht. Ein wenig muss ich schon schmunzeln bei der Vorstellung, Medien wie Die Welt, Correctiv, Jungle World, Jüdische Allgemeine, Funke Mediengruppe, Cicero oder Welt am Sonntag würden meine schreibenden Dienste anfordern. Für sie schreibt dafür Stefan Laurin, Betreiber der Ruhrbarone (7, 8).
Massenblätter wie die TAZ stilisierten die Ruhrbarone später gar zu einem „investigativen Blog“. Der Mainstream huldigt also den Wahrheitswächtern — eine ganz bemerkenswerte Sympathie (9). Woher rührt diese Aufmerksamkeit, diese Werbung? Weil man — und zwar sichtbar — vernetzt ist, in Strukturen und im Denken.
Was mir die Ruhrbarone etwas sympathischer im Vergleich zu Psiram macht, ist die Hinterlegung eines Impressums auf deren Webseite. Was diesen Bonus wieder einreißt, ist die Tatsache, dass brisante Artikel als „Meldung“ getagt werden und damit, obwohl eindeutig konnotierend und manipulierend, auf die Angabe eines Autors verzichten. Nun gut, als verantwortlicher Betreiber der Ruhrbarone ist also Stefan Laurin für den im Folgenden untersuchten Text verantwortlich (10). Oder versteckt er sich hinter der Riege seines Autorenkollektivs? Was ich nicht weiß, kann ich erraten und ich rate, dass Beides zutrifft.
Wie absurd die Klassifizierung des Textes als Nachricht ist, zeigt schon der Titel der „Meldung“:
„München: Querfront gegen Israel“ (11).
Nun ja, wenn es eine Meldung im Sinne von Nach-Richten ist, dann ist sie es wohl doch. Baut sich in Ihnen schon das Bild einer dumpfen Masse von Juden hassenden Verschwörern auf, die nichts anderes im Kopf haben, als Israel zu zerstören? Das ist eine emotionale Verbindung, die aus der Kreation wie ständigen und gezielten Verwendung des Wortes Querfront resultiert.
Sprache ist leider auch ein Objekt der Macht und wird in ihrer inneren Logik durch Macht ständig verbogen und umgedeutet. Da ja die Ruhrbarone hoffentlich wissen, über was sie da reden, wenn sie das Wort Querfront im Mund führen, wird Gleiches sicher auch beim Begriff Antisemitismus der Fall sein. Denn darum geht es den Gesinnungsschnüfflern — sowohl denen bei Psiram als auch jenen der Ruhrbarone: Die von ihnen so definierte Querfront der Antisemiten zu entlarven.
Wenn ich also Sprache wertschätze und Antisemiten als Menschen begreife, die gegen Semiten sind, dann bin ich im Dunstkreis der Ruhrbarone vielleicht schon verdächtig? Denn danach sind Semiten Menschen aus dem semitischen Sprachraum, verallgemeinert Juden und Araber. Beheimatet sind Semiten in einem Gebiet vom Iran bis zu den östlichen und südlichen Küsten des Mittelmeeres. Auch Palästinenser sind damit Semiten (12).
Die von der deutschen Regierung geförderte Antonio-Amadeus-Stiftung lässt so etwas nicht gelten:
„Der Verweis auf das Wort ‚Semit‘ ist eine beliebte Taktik um von real existierendem Antisemitismus abzulenken. Dabei wird ignoriert, dass Begriffe keine ‚eigentliche‘ Bedeutung haben. Begriffe wachsen historisch und entwickeln sich in einem spezifischen sozialen Kontext. Die verklärte Forderung, man solle doch einfach die Worte für sich selbst sprechen lassen, stellt eine Verzerrung gesellschaftlicher und sprachlicher Realität dar“ (13).
Darum geht es also:
Dass man die Bedeutung von Wörtern beliebig verbiegen kann, damit sie dem — im wahrsten Sinne des Wortes und das meine ich mit der inneren Kraft von Sprache — Wortführer Genüge tun. Eben das ist das untrügliche Zeichen, wenn Sprache von Macht und Herrschaft gekapert wird und die Beherrschten diesen Akt von Macht willig hinnehmen. Die Antonio-Amadeus-Stiftung sagt daher in Bezug auf die kritisierte Verwendung des Begriffes Antisemitismus — Ausschnitt aus obigem Zitat:
„die Worte für sich selbst sprechen lassen, stellt eine Verzerrung gesellschaftlicher und sprachlicher Realität dar.“
Das ist schon eine ziemlich hässliche Manipulation, denn vielmehr ist es doch so, dass die „Gestalter“ der gesellschaftlichen Realitäten sich anmaßen, die Sprache in ihrem Sinne zu verzerren.
Wissen Sie, liebe Leser, dass Sie auch Macht besitzen? Nämlich die in Ihrer eigenen Verantwortung, die Ihnen die Möglichkeit gibt, solche sprachlichen Verzerrungen zu ignorieren und mutig die natürliche Kraft der Sprache zu benutzen. So, dass sie als sinnvolles, kommunikatives Werkzeug dient, womit sie Dinge nach ihrer Bedeutung und damit tatsächlich in möglichst großer Übereinstimmung benennbar macht. Noch etwas lässt uns die Antonio-Amadeus-Stiftung wissen:
„Zunächst einmal ist es sowieso völlig egal, wer oder was jemand ist. Wenn eine Aussage antisemitisch ist, dann bleibt sie das, egal wer sie geäußert hat“ (14).
Nun, was denken Sie? Ist die Aussage schlüssig? Das — meine ich — ist nicht der Fall, denn:
WER legt eigentlich fest, wann eine Aussage antisemtisch ist und weitergehend, ob Sie oder ich ein Antisemit sind? Das Wahrheitsministerium?
Natürlich nicht: Sie und ich definieren eine bestimmte Haltung anderen Menschen oder sozialen Gemeinschaften gegenüber — keinesfalls eine fremde Instanz!
Plattformen wie Psiram und die Ruhrbarone schwimmen genau in diesem Fahrwasser mit: in einer Argumentation, die gezielt von den ideologischen Trägern der Macht gepflegt wird, um Menschen zu manipulieren und Meinungen zu unterdrücken. Dazu schwingen sie die Keule der Kontaktschuld mit tatsächlichen oder angeblichen Antisemiten und versuchen, Missliebige sozial auszugrenzen. Dass die Antonio-Amadeus-Stiftung Teil der meinungsbildenden Macht ist, zeigt schon allein deren Förderung durch Bundesministerien und Massenmedien (15).
Das zu verinnerlichen ist daher so wichtig, weil sowohl Querfront als auch Antisemitismus von den hier vorgestellten „Enthüllungsplattformen“ zwar weitgehend sinnfrei, dafür aber hochgradig emotional eingesetzt werden. Denn, wenn wir manipuliert werden, geschieht dies nun einmal auf der emotionalen Ebene, aber nicht auf jener der Vernunft.
Als ich neulich in einer Gaststätte saß, lauschte ich einem Gespräch am Nebentisch, an dem sich mehrere Damen und Herren gesetzten Alters über ihre Kindheit unterhielten. Dabei resümierten sie über ihre Erinnerungen zum alltäglichen Faschismus im damaligen Deutschland. Sie erlebten diese Zeit als Kinder. Kinder nehmen Dinge eher neugierig, offen und ohne Vorurteile auf. Sie interessiert nicht die politische Meinung der einzelnen Menschen einer sozialen Gemeinschaft. Aber sie nehmen sehr fein wahr, wenn der natürliche, vertrauensvolle und Sicherheit gebende Alltag durch — im Grunde nicht akzeptierte — Macht gestört wird.
Einer der Senioren konnte sich bis ins kleinste Detail an eine Szene erinnern, als ein Radfahrer im Ort von seinem Fahrrad gezerrt wurde, weil der dem uniformierten Ortsgruppenführer nicht den Hitlergruß erwiesen hatte. Da das damals von dem kleinen Jungen als zutiefst beängstigendes Ereignis wahr genommen wurde, ist es bis heute als ein Trauma in ihm manifestiert.
Was das mit den Ruhrbaronen zu tun hat? Zitat aus dem Teaser zum Artikel „Querfront gegen Israel“:
„Das Linke Bündnis gegen Antisemitismus München fordert die Studierenden der LMU-München dazu auf, zu dieser Veranstaltung Stellung zu beziehen“ (16).
Und ich füge hinzu: Wer nicht der Aufforderung Folge leistet, Stellung zu beziehen, wird vom Fahrrad gezerrt. Das riecht verdammt streng nach Faschismus.
Das Blog kann sich nicht dahinter verstecken, dass es nur eine „Meldung“ veröffentlicht hat. Denn es macht Meinung, befördert Stimmungen. Es fordert auf, nicht irgendeine, sondern die Stellung im vordefinierten und zugewiesenen Schützengraben zu beziehen. Sehr bewusst habe ich mich noch nicht auf das Thema der Veranstaltung bezogen. Es würde nämlich den Diskurs sofort in eine Richtung lenken, in der man darüber streitet, gegen welche Veranstaltungen man denn sein muss. Muss man?
Der Ruhrbarone-Artikel bringt auch ein Quellenverzeichnis — sehr gut! Das nächste Mal, so mein Vorschlag, möge er dieses Quellenverzeichnis bitte ausbauen. Denn wenn er sich als kritisch und nicht diffamierend versteht, dann muss er dem Leser auch die Möglichkeit geben, sich selbst ein Bild zu machen.
Zum Beispiel werden auf der Online-Plattform Rubikon Artikel veröffentlicht, die eine aufgeschlossene Lektüre von „Mein Kampf“ empfehlen. Das als Krücke seiner Antisemitismus-Argumentation zu nutzen, war für Stefan Laurin verlockend genug. Auf der Vernunftebene ist das mehr als dünn, auf der emotionalen Ebene jedoch ungemein wirkmächtig. „Aufgeschlossene Lektüre“ ist bei „Mein Kampf“ also verboten, zumindest bedenklich bis anstößig, liebe Wächter des ethisch-reinen Denkens bei Psiram und Ruhrbaronen (a3)?
Emotionale Befangenheit hat viele Gesichter, sie fördert Pawlowsche Reflexe. So werden beim Hören oder Lesen bestimmter Schlagwörter diese Reize in unserem Gehirn von der Mygdala — dem Torwächter — über das limbische System umgehend weiter ins Reptilienhirn geleitet, um dort den Verteidigungsreflex auszulösen. Das ist keine Satire, so funktioniert emotionales Verhalten in bestimmten Situationen tatsächlich! In dieser Konsequenz natürlich nur dann, wenn es zuvor niemals eine nachhaltige Reflexion auf den Reiz gegeben hat.
So funktioniert offensichtlich auch die Wahrnehmung des Autors Stefan Laurin. Da kommt er nicht mehr raus. So lange nicht, bis er sich dessen bewusst wird und versucht, diesen Affekt abzubauen. Denn, das ist doch die große Frage:
Was um alles in der Welt hat das Lesen von „Mein Kampf“ mit Querfront und Antisemitismus zu tun?
Auf rationaler Ebene gar nichts, auf emotionaler Ebene dafür alles (a3). Lesen Sie nun erneut das obige Zitat der Antonio-Amadeus-Stiftung zu Antisemitismus und dessen sprachlicher Verwendung. Es begründet eine rein emotionale Bindung von Begriffen anhand „gesellschaftlicher und sprachlicher Realitäten“ und vergewaltigt dabei die Rationalität und Logik von Sprache.
Es tut dabei aber so, als sei es umgekehrt. Doch Sprache wirkt als Macht auf und über andere immer nur über den emotionalen Gebrauch!
Besagter Artikel der Ruhrbarone echauffiert sich über eine Veranstaltung in den Hallen der Ludwig-Maximilian-Universität zu München, welche auch die israelische Besatzung palästinensischer Gebiete zum Inhalt hatte. Wenn das Verhältnis toter Israelis zu dem toter Palästinenser in Folge des Konflikts zwischen eins zu hundert und eins zu tausend liegt, dann scheint ja wohl eine gewisse Verantwortung auf israelischer Seite für das Blutvergießen existent zu sein.
Wenn sich ein Staat systematisch das Land, die Existenzgrundlage der eingesessenen Bevölkerung unter den Nagel reißt, dann bin ich schon der Meinung, dass man mit diesem Staat nicht nur freudetrunken in den Armen liegen darf. Oder sehe ich da etwas falsch?
Es geht um krasses Unrecht, um eine brutale Besiedlungspolitik in und vor allem auf einem Land, das man vor weniger als einem Jahrhundert mit großer Selbstverständlichkeit in staatlichen Besitz nahm und seitdem mit einer Salamitaktik ausweitete. Außerdem geht es auch um eine aggressive Außenpolitik vor allem gegenüber dem Iran und Syrien.
Bitte, liebe Ruhrbarone, wie darf man denn israelische Politik kritisieren? Bitte reichen Sie eine Vorlage herüber, wo die genehmigte Kritik zu erlesen ist. Sie haben keine? Ja klar, haben Sie keine, Sie brauchen auch keine. Weil — und dieses Denken unterstelle ich jetzt mal den Häschern von Meinungsabweichlern:
Die unverbrüchliche Solidarität mit Israel und unsere besondere Verantwortung als Deutsche verbietet eine solche Kritik.
Und genau das ist — mit Verlaub — Sülze. Denn eine echte Solidarität mit Israel gebietet diese Kritik geradezu.
Es geht im Vortrag von Andreas Zumach auch um mehr als nur um Israel. Es geht um die Schere im Kopf. Den Titel der Veranstaltung haben die Ruhrbarone immerhin noch angegeben, für mehr Text zum Inhalt hat es mitnichten gelangt.
Daher die Quelleninformation aus anderer Hand als aus der der Ruhrbarone (17):
„Israel, Palästina und die Grenzen des Sagbaren“
Die verbohrten Antisemiten-Jäger der Ruhrbarone wollen aber nicht einmal das zulassen. Hat man etwa die zu fragen, was gesagt werden darf?
Der freie Journalist und Ruhrbarone-Betreiber Stefan Laurin schreibt auch für Die Welt und Welt am Sonntag. Ist Stefan Laurin aber auch frei in seinem Denken (18)? Sanktionen „gegen Assad“, die ein ganzes Volk in mörderische Schutzhaft nehmen, haben ihn nun nicht gerade um den Schlaf gebracht. Wenn aber etwas ähnlich geartetes auch nur in zarten Ansätzen Israel trifft, dann schwappt sie über, die Empörungswelle. Da fällt mir ein, dass diese Blätter Teil des Springer-Konzerns sind, der für seine Mitarbeiter sogenannte Leitlinien — oder Essentials — definiert. In den übergeordneten Unternehmensrichtlinien steht unter Punkt 2:
„Wir unterstützen die Lebensrechte Israels“ (19).
Ja, das ist schön. Aber warum schreibt man so etwas in Leitlinien?
Sämtliche Menschen, die dann im Ruhrbarone-Artikel als Feinde Israels, Antisemiten, Verschwörungstheoretiker, Querfrontler — halt das ganze verblödete Vokabular um auszugrenzen — diffamiert werden, stehen für die Lebensrechte Israels, ich übrigens auch. Allerdings stehen sie und ich auch für die Lebensrechte Palästinas.
Wie verbohrt muss man sein, wenn man einem Daniele Ganser zum Vorwurf macht, er hätte mit einem Rechstextremen geredet (20)? Vielleicht habe ich ja gestern, nur weil ich nicht richtig aufgepasst habe, einem Rechtsextremen die Hand geschüttelt? Bin ich da jetzt auch in Kontaktschuld? Natürlich nicht. Mehr noch habe ich auch zukünftig keinesfalls vor, aufzupassen, ob meine Gesprächspartner die den Ruhrbaronen passende rechte Gesinnung haben. Wir sollten uns nicht diesem Druck von Meinungsmacht beugen und auf diese Art und Weise eine disziplinierende Kontaktschuld überhelfen lassen.
Professor Michael Meyen, der auch für den Rubikon schreibt,
„geriet erst kürzlich durch ein Interview mit Ken Jebsen in die Kritik“ (21),
so die Ruhrbarone. Bei mir geriet er nicht in die Kritik. Daher meine ich, dass die Ruhrbarone keinen Fehler machen, wenn sie den Passus ändern zu:
„Professor Michael Meyen wurde für ein Interview bei Ken Jebsen gelobt.“
Das Eine ist so richtig und so falsch wie das andere. Denn es ist unbestimmt. Es hat rational keine Bedeutung. Bei wem also geriet denn nun Michael Meyen in die Kritik? Bei einem ehemaligen Studenten, der ihm noch immer wegen einer schlechten Benotung grollt? Bei den Ruhrbaronen? Wenn Letztere, ja gar Stefan Laurin persönlich es sind, warum schreiben sie es dann nicht hin?
Weil es ihnen überhaupt nicht um die Sachebene geht, stattdessen vielmehr um die Vereinnahmung ihrer Leser.
Schauen Sie, so einfach manipuliert man Menschen, suggeriert ihnen, dass die Allgemeinheit — oft gern die „Öffentlichkeit“ genannt — also die große Mehrheit der Menschen diese „Kritik“ teilen würde. Dass jemand „in die Kritik geriet“, ist ein billiges aber gern genutztes Standardwerkzeug der Propaganda und davon trieft der Ruhrbarone-Artikel geradezu.
Kündigen sich Zeiten an, in denen wir Listen mitzuführen haben? Namenslisten, die wir dann mit unseren Kontakten abgleichen? So etwas in der Art gab es doch schon mal in Deutschland. Ja, liebe Ruhrbarone, nur um das etwas deutlicher zu machen, in welche Richtung ihr geht: Es ist der Weg in den Faschismus.
Der Faschismus beginnt nicht mit durchgeknallten Glatzköpfen, nein er beginnt im Denken, im Normieren, im Ausgrenzen, im eifernden Verfechten der einzigen Wahrheit. Er beginnt in der rücksichtslosen geistig-ideologischen Bekämpfung der Andersdenkenden.
Ein Journalist sollte sich fragen — so wie in den Springer-Blättern jeden Tag zum Krieg geblasen wird — ob seine Tätigkeit dort tatsächlich journalistischen Grundsätzen entspricht. Ein Monstrum an wohlgeformten Regeln für die Angestellten des Hauses ist eben keine Garantie, dass die Ethik auch tatsächlich und umfänglich gelebt wird.
In diesem Zusammenhang noch einmal die Frage: Warum schreibt ein Konzern in seine Leitlinien: „Wir unterstützen die Lebensrechte Israels“?
Die Aussage ist doch wertlos. Es sei denn, es gibt Staaten für den Springer-Konzern, dessen Lebensrechte nicht unterstützenswert sind. Wenn dem so ist, muss natürlich differenziert werden. Wieder sind wir bei Sprache. Die Leitlinie bei Springer lässt tief blicken. Aus ihr blickt die Überhebung einer Demokratie, die in Israel ihren Leuchtturm im Nahen Osten betreibt und entsprechend andere Gesellschaften dort von oben herab betrachtet. Aus ihr spricht damit auch die Kritikunfähigkeit gegenüber dem selbst vertretenen System — auch gegenüber dem eigenen Denken und Handeln. Daher nun noch die Leitlinie 3 von Springer und schauen Sie, da sind sie ja alle vereint — die Guten:
„Wir zeigen unsere Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika“ (22).
Freiheit ist dabei als exklusiver Anspruch der gefeierten Wertegemeinschaft und die selbst als weltweites Maß der Dinge zu betrachten. Dieses Mantra hat Stefan Laurin bei Springer zu befolgen, auch wenn er ein freier Journalist ist. Wir können sicher davon ausgehen, dass er sich daran hält. Tut er es ja auch ganz freiwillig in seinen Blog-Artikeln.
Wenn Sie allerdings andere Gesellschaften offen und mit Achtung betrachten und ebenso offen deren Vertretern begegnen möchten, empfehle ich Ihnen, Springers Leitlinien in sich selbst in einem bewussten Prozess abzulegen (a4).
Das eigentliche Ziel der Tiraden des Stefan Laurin und seiner vermeintlich investigativen Ruhrbarone aber sind die Studenten.
Den Studenten der Ludwig-Maximilian-Universität München wünsche ich Mut zur Haltung — und zwar der selbst gewonnenen, nicht der aufgezwungenen. Mut ist in diesem Zusammenhang das Widerstehen gegen die unverhohlene Vereinnahmung selbständigen, freien Denkens. Es ist das Wagnis einer tatsächlich eigenen, authentischen Haltung. Das kann in einem Klima von Gesinnungsüberwachung auch unbequem werden. Aber man geht auch aufrechter durchs Leben — aufrechtes Gehen wiederum lässt uns mehr sehen.
Bleiben Sie in dem Sinne schön aufmerksam.
Nachtrag in ganz eigener Sache: Kritisieren tue ich dort, wo ich es für angemessen halte. Doch weder bin ich gegen die Juden, noch bin ich gegen die Zionisten, aber auch nicht gegen Israel, natürlich auch nicht gegen den Iran oder Syrien — oder die USA oder Bibi oder Russland. Ja, ich bin nicht einmal gegen die Antideutschen und auch nicht gegen Wikipedia, Psiram oder die Ruhrbarone. Nur so kann ich auch konsequent für den Frieden, für die Menschen sein.
Quellen und Anmerkungen:
(a1) Die Blogs der Ruhrbarone wie auch von Psiram haben täglich einige hundert Internet-Zugriffe. Das Psiram-Wiki allerdings mehrere tausend am Tag.
(a2) Was Verlinkungen in der deutschen Wikipedia in Richtung Psiram betrifft, hat sich da etwas bewegt. Aus einigen Artikeln sind die Links entfernt worden, zum Beispiel hier.
(a3) Den Schnüfflern von Psiram sei verklickert, dass, wenn hier bei der Nennung von Hitlers „Mein Kampf“ von einem „verbotenen Buch“ gesprochen wird, dies natürlich keine Juristerei sondern als Hinweis auf die Schere im Kopf gemeint ist. Es geht um das sich emotional (!) selbst auferlegte Verbot.
(a4) Schauen Sie sich einmal den Code of Conduct des Springer-Konzerns an. Wenn ich diesen Code verinnerlicht habe, denke und handle ich wie ein Humanoide aber nicht wie ein frei denkendes, fühlendes menschliches Wesen. Und wieder erkennen Sie, dass Worte als Normierung, als Machtmittel gebraucht werden, einzig um zu erziehen, um Hierarchien gefügiger Mitarbeiter heranzuziehen. Julian Röpcke zum Beispiel darf seit Jahren alle journalistischen Grundsätze mit Füßen treten und handelt trotzdem – so er doch seit Jahren in leitender Stellung ist – streng nach dem verbindlichen Code of Conduct.
(1) 2.11.2018, 20:55 Uhr; https://de.wikipedia.org/wiki/Sebastian_Bartoschek
(2) 2.11.2018, 20:50 Uhr; https://de.wikipedia.org/wiki/Psiram
(3) 2.11.2018; 20:50 Uhr; https://de.wikipedia.org/wiki/Ruhrbarone
(4) 6.11.2018; 19:25 Uhr; https://de.wikipedia.org/wiki/Initiativen_gegen_Rechtsextremismus_in_Deutschland
(5) 8.4.2017; https://dieunbestechlichen.com/2017/11/die-selbsternannten-cyber-scharfrichter-psiram-ruhrbarone-wikipedia/
(6) 26.5.2010; Konrad Lischka; http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/das-magazin-zum-blog-ruhrbarone-hinter-herne-regiert-das-lustprinzip-a-695478.html
(7) entnommen: 3.11.2018; https://www.salonkolumnisten.com/autor/stefanlaurin/
(8) 28.9.2014; https://www.ruhrbarone.de/linke-duisburg-uber-ruhrbarone-derartige-vertreter-einer-rechtsradikalen-kampfpresse-mussen-und-sollten-wir-nicht-in-unseren-veranstaltungen-dulden/90517
(9) 6.5.2010; Stefan Reinecke; https://www.taz.de/!5143145/
(10) entnommen: 31.10.2018; https://www.ruhrbarone.de/impressum
(11,16,20,21) 29.10.2018; https://www.ruhrbarone.de/muenchen-querfront-gegen-israel/159605
(12) entnommen: 31.10.2018; https://www.wortbedeutung.info/Semit/
(13,14) entnommen: 31.10.2018; http://nichts-gegen-juden.de/araber-sind-auch-semiten/
(15) entnommen: 31.10.2018; https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/wir-ueber-uns/partner/
(17) entnommen: 3.11.2018; http://humanistische-union.de/nc/aktuelles/aktuelles_detail/article/israel-palaestina-und-die-grenzen-des-sagbaren/
(18) 18.6.2018; https://www.welt.de/politik/deutschland/article177794600/Antisemitische-BDS-Kampagne-Young-Fathers-von-Ruhrtriennale-ausgeladen.html?wtrid=onsite.onsitesearch
(19,22) entnommen: 3.11.2018; http://nachhaltigkeit.axelspringer.de/de/grundsaetze/unternehmensgrundsaetze.html