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Regime Change in Österreich

Regime Change in Österreich

Strache, Gudenus, Koks und eine scharfe „Russin“ – doch war nicht noch mindestens ein Geheimdienst mit von der Partie?

Am 21. Mai dieses Jahres sollte in der Stiftskaserne des österreichischen Verteidigungsministeriums ein Treffen der russischen Valdai-Gruppe stattfinden. Das ist ein lockerer Gesprächskreis über außenpolitische Themen, ins Leben gerufen von Präsident Putin.

Der bisherige Verteidigungsminister Mario Kunasek von der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) hatte den Valdai-Kreis nach Wien eingeladen. Und nun standen die internationalen Gäste, an ihrer Spitze der russische Vizeaußenminister Alexander Gruschko, vor verschlossenen Türen. Einen Tag zuvor war Kunasek als Minister entlassen und durch den Militär Johann Luif ersetzt worden. Und der hatte die Gäste ohne jeden Zapfenstreich einfach rausgeschmissen.

Die Koalition unter Bundeskanzler Sebastian Kurz von der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) mit der FPÖ betrieb in der Innen- und Wirtschaftspolitik keine signifikant andere Politik als alle anderen EU-Länder. In der Außenpolitik jedoch gibt es durchaus Alleinstellungsmerkmale gegenüber, sagen wir mal: Deutschland.

Österreich ist immer noch nicht in der NATO, nur bereits empfindlich an die NATO angenähert durch die Partnership for Peace. Österreich bekennt sich andererseits zum chinesischen Seidenstraßenprojekt. Und zu Russland pflegte Österreich bislang entspannte Beziehungen. Der Wertewesten schäumte, als Österreichs Außenministerin Karin Kneissl Russlands Putin zu ihrer Hochzeit einlud und Putin dabei sogar zu einem Tänzchen vor laufender Kamera aufforderte.

Frau Kneissl ist unstreitig eine der fachkompetentesten Außenminister, die Europa je hatte. Fließend fünf Sprachen beherrschend, unter anderem Arabisch, bildet sie sich ein ganz eigenes Urteil, abseits der von einschlägigen Denkfabriken vorgegebenen Lösungs„vorschläge“. Den Migrationspakt lehnt sie ab. Den US-Marionettenpolitiker Juan Guaido aus Venezuela erkennt sie als legitimen Präsidenten nicht an. Das tat dann allerdings Kanzler Kurz an ihrer Stelle. Kurz ist nämlich Mitglied im transatlantischen European Council on Foreign Relations, der dereinst von Joschka Fischer mitgegründet wurde. Russische Diplomaten wegen der überaus windigen Skripal-Affäre auszuweisen kam für Österreich dennoch nicht in Frage.

Ibizagate löste einen Putsch aus. Kanzler Kurz wurde gestürzt durch ein Misstrauensvotum, sämtliche FPÖ-Minister entlassen. An ihre Stelle treten so genannte „Experten“. Denn von jetzt an, bis zur Neuwahl, gibt es keine politischen Kontrolleure mehr an der Spitze der ehemals FPÖ-kontrollierten Ministerien. Ein verfassungsrechtlich durchaus sehr bedenklicher Vorgang.

FPÖ-Politiker sind jetzt bestrebt, möglichst USA-freundlich zu erscheinen. So zum Beispiel der FPÖ-Spitzenkandidat bei der Wahl zum Europaparlament, Harald Vilimsky. Pflichtschuldigst bekundete er in der TV-Gesprächsrunde nach der Wahl, er werde ein Kooperationsabkommen zwischen seiner Partei und der Putin nahestehenden Partei Einiges Russland nach Ablauf der Vertragsdauer nicht erneuern. Um sich im nächsten Satz zu verplappern:

„Ich war vor drei Wochen am Tisch des US-Verteidigungsministers im Pentagon und im Weißen Haus. Glauben Sie wirklich, dass jemand, der Verstrickungen nach Russland hätte, überhaupt in diese Gesprächsebene kommt?“

Der Chef des Schweizer Geheimdienstes Jean-Philippe Gaudin geht davon aus, dass der inszenierte Strache-Skandal das Werk eines Geheimdienstes sein muss. Das leuchtet ein. Auf diese Idee kommt man allerdings nicht, wenn man sich auf die stark verkürzten Darstellungen in den Medien einlässt. Der scheinbar depperte Heinz-Christian Strache und sein Assistent, Klubobmann (Fraktionsvorsitzender) Johann Gudenus, haben nach flüchtiger Bekanntschaft mit der vermeintlichen russischen Oligarchin sofort im Vollsuff alles ausgeplaudert, was ihnen zum Verhängnis wurde.

Die extended Longplay-Version für das etwas anspruchsvollere Publikum lässt wenigstens noch den Blick zu auf eine Gruppe von gescheiterten Privatdetektiven und einen Wiener Anwalt, die nach dem Verlust eines Großauftrages ein neues Geschäftsmodell ersannen: ein Video zu produzieren mit einem übertölpelten Strache, um dieses dann gewinnbringend zu verkaufen.

Dabei sei ihnen netterweise eine Finca auf Ibiza ausgeliehen worden, mit Wanzen gespickt und extra für die Herstellung von erpressungstauglichen Videos ausgerüstet. Da stellt sich die erste Frage: Wem gehört denn diese spezielle Finca, oder wer hat sie dauerhaft gepachtet? Über AirBnB ist die Wanzenvilla sicher nicht anzumieten. Wenn irgendwo ein Tatort zu bestaunen ist, belagert die Presse in anderen Fällen das Objekt sofort und löchert sämtliche Nachbarn und Verwandten des Besitzers. Das Ibiza-Videostudio dagegen bleibt von Reporter-Recherche gänzlich verschont. Seltsam.

Die Erzählungen aus tausend und einer medialen Umnachtung vernachlässigen jedoch Informationen, die bereits unmittelbar nach der Veröffentlichung der Ibiza-Videos in der Wiener Tagespresse nachzulesen waren. Und die dann wieder in der Versenkung verschwanden. Dabei hatte Johann Gudenus bereits kurz nach Bekanntwerden der kompromittierenden Videoclips ausführlich die Vorgeschichte seines Reinfalls geschildert. Gudenus und Strache sind nämlich nicht erst in Ibiza auf die vermeintliche Oligarchin gestoßen. Vielmehr suchte ein unbekanntes Netzwerk aktiv und planvoll eine Gelegenheit, die beiden FPÖ-Politiker in diese Falle zu locken.

Dazu müssen wir vorab wissen, dass Strache ein enger Freund der Familie Gudenus ist, und dass Johann Gudenus in Strache praktisch seinen Onkel, sein Vorbild und seinen Mentor erlebte. In der Burschenschaft „Vandalia“ war Strache der „Leibvater“ des „Leibfuchses“ Johann Gudenus. Diese etwas homoerotisch anmutende Patenschaft heißt bei deutschen Verbindungen „Alter Herr“ und „Fuchs“ und bedeutet, dass sich der ältere Corpsbruder verpflichtet, den jüngeren Corpsbruder nach fertigem Studium in lukrative Positionen zu hieven. Heinz-Christian Strache und Johanns Vater John waren enge Freunde.

Als John Gudenus im September 2016 stirbt, wollen die Erben von den beträchtlichen Latifundien des Vaters im Kremsertal einige Grundstücke veräußern. Eine befreundete Immobilienmaklerin vermittelt, von der Intrige nichts ahnend, den Kontakt zu einem Wiener Rechtsanwalt. Der wiederum kenne eine reiche russische Oligarchin aus Lettland, die an Grundstücken in Österreich interessiert sei. Bei dem Wiener Rechtsanwalt handelt es sich möglicherweise, so hält sich hartnäckig das Gerücht, um Ramin Mirfakhrai. Gudenus und der Advokat „M.“ trafen sich zu einem Vorgespräch in dessen Kanzlei:

„In der Nähe des Stephansplatzes kam es laut Gudenus zu einem ersten Treffen in der Kanzlei des Advokaten, der bei dieser Gelegenheit auch einen Pass der Lettin vorlegte. Ihr angeblicher Name: Aljona Makarowa. Als Beweis für die Zahlungskräftigkeit der angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen legte der Anwalt einen Beleg vor, der nachweisen sollte, dass die Lettin bereits eine Geldsumme auf ein Treuhandkonto des Anwalts eingezahlt habe.“

Gudenus war also nicht blind in die Venusfalle geraten. Er wurde arglistig durch strafbare Urkundenfälschung getäuscht. So war auf betrügerische Weise die Voraussetzung geschaffen für ein erstes Treffen mit der angeblichen Oligarchin. Das fand statt am 24. März 2017 im Nobelrestaurant „Le Ciel“ im Zentrum Wiens. Frau „Makarowa“ ließ sich in einem ultraluxuriösen Mercedes Maybach von einem Chauffeur kutschieren.

Im „Ciel“ speisten feudalst: das Ehepaar Gudenus, der Wiener Rechtsanwalt sowie als Begleiter der edlen Dame ein Herr Julian Thaler, vorgestellt als „alter Freund“ des Rechtsanwaltes. Es folgen im Lauf eines halben Jahres noch weitere Begegnungen. Frau Gudenus kommt das Ganze spanisch vor, aber die Zweifel werden wieder verdrängt. Und dann steuert bei einem Treffen das Gespräch „rein zufällig“ auf die Baleareninsel Ibiza zu.

Man muss wissen, dass Gudenus und sein Leibvater Strache ihre Sommerurlaube eben dort zu verbringen pflegen. Und so lässt die Oligarchin durchblicken, dass sie auch „rein zufällig“ zur selben Zeit auf Ibiza weilen werde. Nach dieser kunstvollen Einfädelung schauen wir nun unseren Freunden durchs Video-Guckloch bei ihren ins Unermessliche gesteigerten Planspielen zu.

Als gute Gastgeber bieten Thaler und Makarowa Leibvater und Fuchs besondere Leckerli an: neben alkoholischen Getränken und Red Bull servieren sie eine „illegale Substanz“. Allerdings nicht die stark verdünnten Pulver, die in diesen Kreisen wohl gang und gäbe sind – nein, hier gibt es reinstes Kokain in die Nase zu pudern. Die moralischen FPÖ-Saubermänner in Ekstase. Das erklärt, warum die lustige Gesellschaft jetzt erstens sieben Stunden palavert ohne die geringsten Anzeichen von Ermüdung. Und dass zweitens Strache so eigenartig spricht: Er wiederholt Wörter wie eine Maschinenpistole, er ergeht sich in Machtphantasien - „I am the king of Red Bull!“

Wenn ihm die kurzberockte blonde Oligarchin zwei Millionen Euro rüberwachsen lässt, kann er die Kronenzeitung, die Bild-Zeitung der Donau, aufkaufen und dann ist die FPÖ mit einem Schlag die Partei Nummer eins. Wenn er erst mal diesen Kurz verdrängt hat, wird er die öffentlich-rechtlichen Medien „regulieren“. Das „weiße Gold“, das ist das Wasser in den öffentlichen Leitungen. Das kann man privatisieren. Und über das Glücksspielmonopol kann man doch auch reden. Österreich könne sich nach Osten orientieren, dahin, wo die Menschen noch normal sind. Gudenus soll Frau Makarowa sagen, dass er die Islamisierung aufhalten wolle. Und man könne natürlich über staatliche Aufträge für das Makarow-Imperium reden.

So weit, so ekelhaft. Der übliche marktradikale Irrsinn, den jetzt alle aufstiegsorientierten Politiker daherschnattern und -schnarren.

Die zappelnden Fische sind im Netz. Und wissen es noch gar nicht. Die falsche Frau „Makarowa“ hat jetzt Feierabend. Der echte Oligarch Igor Sergejewitsch Makarow, der tatsächlich Milliardär ist, wuchs als Einzelkind auf und kann folglich über keine Nichte verfügen. Eine Quelle besagt, dass es sich bei Frau Makarowa um eine bosnische Studentin der Agrarwissenschaften mit exzellenten Russisch-Kenntnissen handele, die in einem extra für die Ibiza-Operation ausgerichteten Model-Casting ausgewählt wurde.

Man habe eine junge Frau gesucht, mit der man Strache am besten ködern könne. Für jeden ihrer „Auftritte“ habe sie 7.000 Euro Honorar erhalten, so dass sie jetzt ihr Studium sorgenfrei zu Ende führen kann. Da erstaunt es gar nicht mehr, dass die gesamte Aufführung mit den beiden unfreiwilligen Mitspielern Strache und Gudenus 380.000 Euro gekostet haben soll.

Nun hatten unsere Freunde Julian Thaler, der in Wirklichkeit Julian Hessenthaler heißt und in München eine Detektei betreibt, sowie sein Wiener Rechtsanwalt „M.“ sieben Stunden Video-Talk auf DVD. Womöglich nicht nur sie. Denn die Aufnahmen wurden an eine weitere Auswertungsstelle gefunkt. Da ergibt sich die nächste Frage: Wer hat diese Aufnahmen außer dem Duo Hessenthaler/„M.“ noch gespeichert?

Am 15. Oktober 2017 sind in Österreich Wahlen zum Nationalrat. Unser Duo kontaktiert also sämtliche Feinde von Strache und Gudenus und bietet das Video an wie Sauerbier. Doch keiner will den verlangten astronomischen Betrag von zwei Millionen Euro zahlen. Die Kontaktierten – Parteifunktionäre, Presseleute oder auch der österreichische Geheimdienst BVT – belobigen die professionelle Leistung und empfehlen, einen späteren Zeitpunkt für eine erneute Offerte abzuwarten.

Nunmehr musste die 2019 bevorstehende Wahl zum Europaparlament genutzt werden. Wieder bietet der Wiener Rechtsanwalt das Material Straches Feinden an. Die Österreicher aus dem Halbdunkel der Geheimdienste winken erneut ab: Zu teuer, aber versucht‘s doch mal in Deutschland. Dort sei man nicht ganz desinteressiert, to say the least. Der Wiener Anwalt „M.“ kennt eine renommierte, auf Medienrecht spezialisierte Anwaltskanzlei in Berlin. Die vermitteln den Kontakt zu einem „Verein“.

Dieser Verein bekundet Interesse, allerdings nicht zu dem Preis. Man einigt sich auf 600.000 Euro, nicht für den ganzen Film von sieben Stunden, sondern nur für sieben Sequenzen, die sich die Vereinsmeier aussuchen dürfen. Der Verein will Hessenthaler und „M.“ linken: Sie sollen statt Bargeld ein Gemälde akzeptieren. Das Gemälde ist gar nicht so viel wert und soll von einem mit dem Verein verbandelten Kunstschätzer auf 600.000 Euro hochgejubelt werden. Das Duo lehnt dankend ab. Auf jeden Fall soll es aber kein Bargeld sein. Man scheut wohl das Finanzamt. Oder irgendeine Verfolgungsbehörde. Man einigt sich – auf Goldmünzen der Sorte Krügerrand.

Das ist unsere nächste Frage: Der Kreis derjenigen Dienstleister, die mal eben eine solche Menge von Golddukaten liefern kann, ist sicher sehr eingeschränkt. Warum wurde der Lieferant bislang nicht ausfindig gemacht? Wo sind diese Goldmünzen dann wieder in Bargeld umgewandelt worden? Wer ist der ominöse Verein, der die Videos sodann an Spiegel und Süddeutsche Zeitung weiter veräußert hat? Spiegel und Süddeutsche wollen wiederum für die Videos keinen Cent bezahlt haben. Wer also macht die Schwarzkasse?

Gerüchte zahlreicher Quellen besagen, bei dem Verein handle es sich um das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS). Hier kämpft eine „Sturmtruppe“ von siebzig Aktivisten und Künstlern, die mit spektakulären Aktionen für Furore sorgen. Sie haben in der Nachbarschaft der Wohnung des AfD-Politikers Björn Höcke in Thüringen eine Kleinausgabe des Berliner Holocaustdenkmals installiert.

Die NATO-Interventionen in Libyen und Syrien wurden vom ZPS durch mittlerweile widerlegte Propagandalügen unterstützt. Offensichtlich genießt das ZPS das stillschweigende Wohlwollen von höchsten Stellen. So konnten die Aktivisten in München ungehindert Schulen mit ihrem Propagandamaterial beschicken und in einer Kampagne gegen Diktaturen die Schüler „ermutigen“, den Sturz des russischen Präsidenten zu fordern. Dabei wurden die Hoheitsabzeichen des Freistaates Bayern ohne Erlaubnis benutzt – was aber die konservative bayerische Landesregierung duldete.

2015 versuchten sie, syrische Kinder nach Deutschland zu bringen und täuschten dabei die Schirmherrschaft der Bundesregierung vor. Dafür erhielten sie diesmal sogar einen Preis der umstrittenen Amadeu Antonio-Stiftung. Das Zentrum für Politische Schönheit dementiert allerdings zunächst seine Beteiligung am Ibiza-Coup.

Kurz vor dem großen Knall durch die Ibiza-Videos werden zwei Sequenzen daraus vorab auf Twitter veröffentlicht. Erster Follower ist das Zentrum für Politische Schönheit. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt … Irritation verursachte auch, dass der ZPS-Sympathisant und TV-Spaßmacher Jan Böhmermann bereits einen Monat vor Veröffentlichung des Skandalvideos Folgendes im Fernsehen kundgab:

„Ich hänge gerade ziemlich zugekokst und Red-Bull-betankt mit ein paar FPÖ-Geschäftsfreunden in einer russischen Oligarchenvilla auf Ibiza rum und verhandele darüber, ob und wie ich die ‚Kronen Zeitung‘ übernehmen kann und die Meinungsmacht in Österreich an mich reißen kann.“

Hui! Wie kam denn Böhmermann zu dieser erstaunlichen Eingebung?

„Der Hehler ist schlimmer als der Stehler!“ Bleiben wir nicht beim Münchner Detektiv Julian Hessenthaler stehen. Steigen wir eine Stufe höher und nehmen mal an, Ramin Mirfakhrai sei identisch mit dem Wiener Anwalt „M.“. Über Herrn Mirfakhrai ist im Internet bemerkenswerterweise kaum etwas zu erfahren.

Das Online-Lexikon Wikipedia hat zwar Platz für einen Artikel über den Wiener Rechtsanwalt angelegt, jedoch der Community zum Zeitpunkt der Niederschrift dieses Artikels das Editieren unmöglich gemacht. Dort heißt es einschüchternd:

„Diese Seite enthält momentan noch keinen Text und du bist auch nicht dazu berechtigt, diese Seite zu erstellen. Du kannst ihren Titel auf anderen Seiten suchen oder die zugehörigen Logbücher betrachten.“

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Auf Mirfakhrais karger Webseite erfahren wir, dass er 1976 in Teheran geboren ist, 1995 das Studium der Rechtswissenschaften begonnen und dieses 2000 abgeschlossen hat. Zudem seit 2005 einen Doktortitel innehat. Und dass er auf Immobilien spezialisiert ist.

Dass ein Mann mit Migrationshintergrund die FPÖ nicht leiden kann, ist nachvollziehbar. Strache versuchte er bereits im Jahre 2015 zu erledigen. Er hatte damals seinen politischen Feinden und den Medien kompromittierende Fotos mit Strache „für eine sechsstellige Summe“ angeboten.

Ob Mirfakhrai oder ein anderer: Jener besagte Wiener Anwalt „M.“ hat in seinem Vorgehen gegen die FPÖ-Politiker die Grenze zur Illegalität gleich mehrfach überschritten. Er hat Gudenus offensichtlich gefälschte Urkunden als echt präsentiert. Urkundenfälschung ist ein schweres Delikt (Paragraf 223 österreichisches Strafgesetzbuch). Er hat wissentlich Gudenus und Strache in eine Falle gelockt. Und schließlich ist es sowohl in Deutschland wie in Österreich immer noch verboten, Aufnahmen in Ton und Bild ohne Wissen der Beteiligten herzustellen und zu verbreiten. Das regeln in Deutschland Paragraf 201a Strafgesetzbuch und in Österreich Paragraf 120 Strafgesetzbuch.

Indem wir die Verbreitung der Strache-Videos als couragierte Tat feiern, akzeptieren wir unbemerkt unsere lückenlose Überwachung auch in unserem privatesten Raum. Big Brother hat auch in unseren Hirnen bereits Einzug gehalten.

Neben diesen juristischen und ethischen Gesichtspunkten bleibt festzuhalten: Hier waren nicht Einzeltäter am Werk. Die Professionalität der Ausführung, der Umfang der eingesetzten Mittel, der Gelder und die erkennbare Vernetzung der Akteure mit höchsten Stellen deuten auf Geheimdienste hin. Keine Behörde in Österreich und in Deutschland fühlt sich zudem veranlasst, den nicht zu übersehenden eklatanten Rechtsbrüchen nachzugehen. Es besteht kein Wille zur Aufklärung.

Führt die Spur nach ganz oben in Deutschland? Im Sommer 2018 gab es in Österreich einen Riesenskandal. Bundespräsident Alexander van der Bellen und Kanzler Sebastian Kurz waren sehr empört.

Der österreichische Bundespräsident damals:

„Ein Ausspähen unter befreundeten Staaten ist nicht nur unüblich und unerwünscht, es ist nicht akzeptabel.“

Der deutsche Bundesnachrichtendienst BND hatte bis zum Jahre 2006 zweitausend zentrale Knotenpunkte in der Telekommunikation Österreichs ausspioniert. Und dabei neben Industriespionage auch die gezielte Aushorchung der österreichischen Regierung und anderer wichtiger Entscheider durchgeführt. Immer wieder kommt es in Österreich zu Verstimmungen über die ungebetene Einmischung des übermächtigen großen deutschen Bruders in Angelegenheiten der kleinen Alpenrepublik.

Auch der österreichische Geheimdienst BVT hatte wiederum eine Rechnung mit dem damaligen FPÖ-Innenminister Herbert Kickl zu begleichen. Der hatte nämlich am 28. Februar 2018 durch eine Polizeieinheit eine Razzia in den Räumen des BVT und in Privatwohnungen von BVT-Mitarbeitern durchführen lassen. Dem Dienst wurde zur Last gelegt, zum Beispiel 30 nordkoreanische Pässe für südkoreanische Spione abgezweigt zu haben, denn die privatisierte österreichische Staatsdruckerei hatte im Auftrag der Regierung von Nordkorea 200.000 biometrische Pässe hergestellt.

Beim BVT wusste man also, wie man an Pässe und andere Urkunden herankommt. Als Demütigung empfanden die Schlapphüte vom BVT auch, dass die anderen westlichen Geheimdienste die österreichischen Kollegen von ihren Sitzungen ausgeschlossen hatten – die westliche Wertegemeinschaft geißelte an Kickls Vorgehen, dass bei der Razzia „hochempfindliche“ Geheimunterlagen des BVT in die Hände der Polizei und der Staatsanwaltschaft gerieten.

Man ist in der westlichen Wertegemeinschaft nicht gewohnt, dass Geheimdienste von der Zivilgesellschaft kontrolliert werden. Als ungeheuerlich wird empfunden, dass Staatsanwaltschaft und Polizei die quasi exterritorialen Räume der internationalen Geheimdienstcommunity überhaupt betreten dürfen. Innenminister Kickl hatte hier sozusagen ein ungeschriebenes Gesetz gebrochen, wofür er und seine Kollegen jetzt die Quittung erhalten haben.

Zum Schluss noch zu der von den Mainstreammedien immer wieder offen ausgesprochenen oder suggerierend hingeraunten Vermutung, Russland stecke hinter dem Ibiza-Skandal. Die Salzburger Nachrichten haben eine solche Option ganz logisch ausgeschlossen. Sie berichten, dass die Putin-nahe Partei der Einigkeit nie so richtig glücklich war über das Bündnis mit der FPÖ:

„Das Treffen auf Ibiza mit ‚Aljona Makarowa‘, die laut FPÖ-Angaben bereits seit 2016 sich das Vertrauen von Gudenus erschlichen haben soll, legt aber auch nahe, dass die FPÖ zumindest 2017 über keine nützlichen Beziehungen zum Kreml verfügte. So es einen aktiven direkten Draht gegeben hätte, hätten russische Geheimdienste ohne Probleme die vermeintliche Oligarchennichte überprüfen und die befreundete Partei vor einer möglichen Falle warnen können. Auch die wiederholten Russland-Reisen von Gudenus im April, Mai und Juni 2017 deuteten eher auf Schwierigkeiten hin, mit den richtigen Russen in Kontakt zu kommen.“

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