Andrea Drescher: Waren Sie vor Corona schon politisch aktiv?
Janko Williams: Ich sehe mich nicht wirklich als politisch aktiv, ich setze mich für Gerechtigkeit und Frieden ein. Was mich in Berlin am 30. August und 11. Oktober wirklich geschockt hat, waren die polizeilichen Übergriffe der 33. Hundertschaft auf behinderte und gesundheitlich eingeschränkte Menschen, die aggressive Diskriminierung — der untersten Schublade — von Menschen, die keine Masken tragen können.
Mir geht es um einen menschlichen, fairen Umgang, um ein gemeinsames Miteinander. So wie es in Australien früher war, wo sich jeder auf der Straße freundlich begrüßt hat. Ich fühle mich zu keiner Partei hingezogen, mir wurde aber schon mal empfohlen, in die Politik zu gehen.
Warum denn das?
Vermutlich, weil ich ganz gut reden und — wenn es nottut — auch mal laut werden kann.
Gerechtigkeit ist für Sie also ein Treiber, um aktiv zu werden?
Ja, definitiv. Ich habe schon früher verschiedene regionale Projekte betreut. Bei „Elsterwerda lacht“ haben wir uns aktiv um mehr Freundlichkeit in der Region bemüht. Ich habe Veranstaltungen und Konzerte organisiert und mich in der Jugendarbeit engagiert.
Das bedeutet konkret …?
Es waren Schülertagungen, Workshops für Jugendliche, die sich um Themen wie Gewaltfreiheit oder Drogenkonsum drehten. Wir haben verschiedene politische Redner eingeladen, um die jungen Menschen frühzeitig zum Selbstdenken zu animieren.
Selbstdenken im Sinne von Eigenermächtigung?
Ja. Es geht in meinen Augen nichts über Eigenermächtigung. Heute werden die Leute zum Gehorsam abgerichtet, also zum genauen Gegenteil. Wer abweicht, ist ein Verschwörungstheoretiker. Selbst wenn man nur etwas tut, was in jeder Demokratie selbstverständlich ist beziehungsweise sein sollte: eine eigene Meinung öffentlich äußern. Man will die Menschen zum Gehorsam programmieren, die Maske ist ein Indiz dafür.
Tragen Sie einen Mund-Nasen-Schutz in der Öffentlichkeit?
Nein. Ich bin aus medizinischen Gründen davon befreit, da ich aufgrund einer langjährigen Krankheit sehr schlecht Luft bekomme. Die ungenormten Stoffmasken bringen ja auch nichts, ihr Nutzen ist nicht validiert. Wenn, dann müsste man FFP2-Masken aufsetzen, die sind heute aber sehr teuer. Und da man derzeit — dank den Maßnahmen der Regierung — kaum mehr Geld verdienen kann, sind sie für den Normalbürger unbezahlbar. Zumal die FFP2-Masken auch nur einen selbst schützen.
Sind Sie wirtschaftlich von Corona betroffen?
Definitiv, auch wenn ich finanziell klarkomme. Mehrere Kunden haben mich gebeten, auf mein Honorar zu verzichten. Ich habe fast 80 Prozent Umsatzeinbruch zu verzeichnen. Das tut schon weh.
Darum können Sie sich jetzt auch mehr politisch engagieren?
Ja, ich bin aktiv bei den Anwälten für Aufklärung, die über Misswirtschaft im Rechtsbereich aufklären und als Verein das demokratische Staatswesen fördern wollen. Der Verein ist in Gründung und soll ausschließlich und unmittelbar gemeinnützig agieren. Durch unsere Mitgliedsbeiträge unterstützen wir den Aufbau.
Das heißt, Sie werden für Ihre Arbeit nicht bezahlt?
Für den Verein nicht, da werden nur die Reisekosten übernommen. Sollten sich aus unseren Aktionen Mandate ergeben, erfolgt eine Bezahlung nach der RVG oder auf Basis eines Honorarvertrages.
Sie unterstützen aber noch andere Organisationen?
Ja. Die Klagepaten, die Anwälte für Aufklärung und die Mutigmacher e.V. arbeiten zusammen — mit jeweils anderem Fokus. Die Klagepaten unterstützen die Mandanten in ihren konkreten Fällen, wir sorgen uns schwerpunktmäßig um Information der Öffentlichkeit, und die Mutigmacher kümmern sich um die juristische Unterstützung von Whistleblowern. Und jeder, der kann, hilft vor Ort auf der Straße.
Sie meinen die Begleitung von Demonstrationen?
Genau. Ich werde immer wieder gefragt, war schon in ganz Deutschland unterwegs. Ich habe am 3. Oktober in Konstanz die Anwälte vor Ort koordiniert, war am Wochenende 10./11. Oktober in Berlin aktiv und werde wohl auch zu Hallowien — am 31. Oktober — nach Wien fahren.
Wie viele Anwälte engagieren sich auf der Straße?
Es sind zwischen 60 und 130 Anwälte und Juristen aktiv, die sich unterschiedlich einbringen. Manche machen telefonischen Support, manche sind vor Ort im Einsatz. Einige bleiben mehr im Hintergrund, kümmern sich um die Eilfragen oder klären anstehende Rechtsfragen. Das Gute ist: Wir werden jeden Tag mehr.
Wie helfen Sie den Menschen auf den Demonstrationen?
Es ist für viele bereits ein beruhigendes Gefühl, uns Juristen in der Nähe zu haben. Es ist wichtig zu wissen, dass jemand da ist, der bei den Konfrontationen mit der Polizei unterstützt, die Gesetzeslage kennt und dann entsprechend kompetent gegenüber der Polizei auftritt. In Berlin war es ja reine Schikane. Angeblich war jedes zweite Attest gefälscht und auf die Teilnehmer wurde großer Druck ausgeübt. Es wurde auch gegen die Polizei Anzeige erstattet, weil diese sich in zahlreichen Fällen rechtswidrig verhielt und körperliche Gewalt ausgeübt hat.
Seit wann sind Sie auf der Straße?
Meine erste aktive Teilnahme war der 29. August, den ich als sehr friedlich — und leider von den Medien völlig verzerrt dargestellt — erlebt habe. Seitdem engagiere ich mich für einen gesunden demokratischen Widerstand. Vorher hatte ich keine Zeit, da sich unsere Kanzlei für die Wiedereröffnung von Berliner Kneipen und Saunen eingesetzt hat.
Erfolgreich?
Ja. Wir haben geklagt, der Staat hat die Verordnung geändert. Jetzt ruhen die Klagen und es muss im Hauptsacheverfahren geklärt werden, ob die Verordnungen verfassungswidrig waren oder nicht.
Parallel dazu laufen die Entschädigungsverfahren, da laut juristischer Auffassung die Corona-Verordnung dem enteignungsgleichen Eingriff laut Grundgesetz entspricht. In solch einem Fall muss der Staat entschädigen.
Hat sich Ihr Umfeld verändert, seit Sie den Widerstand unterstützen?
Manche werfen mir vor, Antisemit, Neonazi, Verschwörungstheoretiker oder Coronaleugner zu sein — es sind aber relativ wenige. Dabei leugnet niemand von uns Corona. Es gibt diese Krankheit, nur sind die Maßnahmen nicht durch die Schwere der Krankheit gerechtfertigt. Sie sind völlig überzogen und unverhältnismäßig, das kann einfach alles nicht wahr sein. Ich bekomme aber auch sehr viel Zuspruch, die meisten Menschen in meinem Freundeskreis sehen das, was passiert, ähnlich wie ich. Ich wurde auch schon mehrfach von Unternehmern kontaktiert, die mich beziehungsweise unsere Sache unterstützen wollen, weil sie der Überzeugung sind, dass wir etwas tun müssen, damit der Wahnsinn ein Ende hat.
Was erwarten Sie sich für die nächste Zeit?
Ich hoffe, dass die Gerichte anfangen, wach zu werden, dass die Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt wird. Und ich hoffe, dass das bald passiert. Viele Menschen sind am Limit — die Bundes- und Verfassungsrichter dürfen nicht mehr lange zuschauen. Vor allem muss die Gewalt seitens der Polizei unterbunden werden. Besonders Berlin ist erheblich härter als andere Städte. Polizeigewalt gegen Behinderte, wie sie am 11. Oktober mehrfach passiert ist, darf es einfach nicht wieder geben.
Sehen Sie das wirklich in naher Zukunft?
Ich weiß es nicht. Aktuell ist alles so verrückt, ich habe kein Gefühl dafür, wie lange das noch geht. Ich bin aber auf einen Marathon eingestellt.
Dann wünsche ich Ihnen und uns, dass wir einen ausreichend langen Atem haben, das alles schadlos durchzustehen. Vielen Dank für Ihr Engagement.