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Kultursenator zieht Rufmord vom Leder

Kultursenator zieht Rufmord vom Leder

Und schießt sich ins Knie.

Einen ähnlichen Niedergang in die “Regierungsfähigkeit” wie die Grünen haben auch weite Teile der Partei “Die Linke” gewählt – Abschied von aktiver Friedenspolitik und Akzeptanz des US-amerikanischen Bellizismus sind das Ticket für Regierungspöstchen in Deutschland. Der Ex-Linke Joschka Fischer hat es vorgemacht, und seitdem sind viele Grüne und Linke auf dieser Schleimspur erfolgreich unterwegs. Einer von ihnen ist Klaus Lederer (Linke), der es so bis zum stellvertretenden Bürgermeister und Kultursenator Berlins gebracht hat. Als solcher hat er zum Beispiel unlängst die Proteste gegen die Abwicklung der “Volksbühne” in eine Event-Plattform mit der Polizei beendet und gerade dafür gesorgt, dass die idiotischen Al-Qaida-Busse hochkant vors Brandenburger Tor gestellt werden, als Mahnmal für Aleppo, wo Islamisten sie als Straßensperre benutzten. Für Lederer handelte es sich bei terroristischen Jihadisten aber um "moderate Rebellen", denen man mit monumentaler Schrott-Kunst Denkmäler setzen muss. (Update: In einer ersten Fassung stand hier, dass Lederer Mitglied des Lobbyvereins "Atlantikbrücke" sei, das ist falsch; der Fehler entstand durch eine Verwechslung mit Lederers Parteikollegen Stefan Liebich.)

Ganz im Sinne einer Frontkämpfer-Mentalität hat Klaus Lederer jetzt das Babylon-Kino – eine von seinem Senat geförderte Spielstätte – aufgefordert, den Mietvertrag für eine Preisverleihung an Ken Jebsen zu kündigen. Der Blog “Neue Rheinische Zeitung” aus Köln, der alle zwei Jahre den Karls-Preis für engagierten Journalismus vergibt, hatte den Saal für den 14. Dezember gebucht – und bei mir angefragt, ob ich eine Laudatio auf den Preisträger halten würde. Ich sagte sofort zu, weil es höchste Zeit wird, Ken Jebsen und KenFM in höchsten Tönen zu loben, denn dieses Programm und sein Macher – der Chef des Grimme-Instituts, Lutz Hachmeister, lobte ihn unlängst erst als Medienpionier – sind für mich seit Jahren der Leuchtturm eines friedens-politisch, anti-militaristisch und anti-kapitalistisch engagierten Journalismus. Dass solcher Journalismus Figuren wie Lederer nicht ins Konzept passt, kann man verstehen, dass sie sich aber übler Verleumdungen bedienen, um ihn zu verhindern, ist absolut inakzeptabel:

“Der Preisträger und mehrere an dieser Veranstaltung Beteiligte sind in der Vergangenheit durch offenen, abgründigen Israelhass, die Verbreitung typisch antisemitischer Denkmuster und kruder Verschwörungstheorien in Erscheinung getreten (..) Als Plattform für diesen Wahnsinn stehen wir nicht zur Verfügung”,

richtet der Herr Senator über Facebook aus und die taz entblödet sich nicht, dieses dumpfe Mobbing unter dem Titel “Querfront-Preisverleihung abgesagt” unreflektiert nachzubeten.

Abgesagt ist unterdessen gar nichts und ob die per E-Mail erfolgte Kündigung des Mietvertrags rechtens ist, nur weil ein gestörter Senator eine Veranstaltung für “Wahnsinn” hält, wird zu sehen sein. “Kunst soll verstören”, hatte Lederer zu den Bussen am Brandenburger Tor gesagt, Journalismus aber soll offenbar handzahm sein und der NATO, den USA sowie einem rasenden Philo-Semitismus huldigen, bevor Berlin “zur Verfügung” steht.

Nö, lieber Klaus, so looft det nich! In deinem Mobbing sind zwar keine Namen genannt, sonst wären gleich einige Klagen vor Gericht gelandet und es würden Beweise fällig, warum es sich bei dem “Preisträger” und “Beteiligten” um Antisemiten, abgründige Israelhasser und krude Verschwörungstheoretiker handelt. Die gibt es aber genausowenig wie eine ominöse “Querfront”, wie sie die taz in ihrem Artikel halluziniert, weshalb es sich bei der ganzen Aktion um nichts anderes als um Mobbing handelt – Rufmord.

Der ist aber im Falle Ken Jebsen schon einmal nach hinten losgegangen, als der notorische Denunziant Broder es damit beim RBB versucht hatte: KenFM wurde aus dem öffentlich-rechtlichen Kanal verbannt und erreicht seitdem im Netz ein Vielfaches an Zuschauern. Und so wird es auch dem Karlspreis an Ken Jebsen ergehen, der bisher an Werner Rügemer (2008), Wolfgang Bittner (2010), Rolf Gössner (2012) und Evelyn Hecht-Galinski (2014) verliehen wurde, und der dank der haltlosen Diffamierung durch einen Kultursenator nun noch größere Aufmerksamkeit als ohnehin finden wird.


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Der Fall Ken Jebsen oder Wie Journalismus im Netz seine Unabhängigkeit zurückgewinnen kann

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