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Klimastreik und Klartext!

Klimastreik und Klartext!

Der jüngste globale Klimastreik füllte erneut die Straßen weltweit. In Berlin sprachen viele TeilnehmerInnen Klartext: Die Rettung unseres Planeten ist in diesem System nicht möglich!

Der Klimastreik in Berlin war durch starke Kontraste geprägt. Viele der TeilnehmerInnen trudelten aus der gigantischen Bahnhofshalle des Berliner Hauptbahnhofes am Ort des Geschehens ein. In diesen Hallen priesen etliche Screens die neuesten und ultimativen Black-Friday-Angebote an. Wahrlich starke Kontraste, wenn Fridays-for-Future-AktivistInnen an Black-Friday-Werbeanzeigen vorbeilaufen. Für die einen ist der Friday der symbolträchtige Tag für das Streben nach einer lebenswerten Zukunft.

Konträr dazu steht der Black-Friday als totale Antipode, ein Symbol für die Gier und die Verschwendung in diesem System. Diese Gier und Verschwendung haben die das System tragenden KonsumentInnen in Geist und Herz dramatisch tief verinnerlicht. Die eine Masse flutet die Straßen, willens, diese Welt zu retten. Die andere Masse leistet dem Firlefanz und materiellen Müll von Morgen Götzendienst in den Konsumtempeln dieses kranken (Wirtschafts-)Systems.

Doch statt diese himmelschreiende Widersprüchlichkeit aufzulösen, versucht das System, beide Gegensätze auch noch zu vereinigen. Green Capitalism lautet hierbei das Stichwort. Den Planeten retten und dennoch shoppen bis zum Umfallen. Dieser Widerspruch wird uns als reale Option verkauft.

Tacheles

Der Berliner Schnauze sagt man nach, dass sie immer sagt, was sie denkt. Deswegen entschlossen wir vom Rubikon uns, den Klimastreik diesmal in Berlin zu begleiteten, da dort die Anzahl der greenwashing- und Life-Style-AktivistInnen deutlich geringer sein dürfte als im wohlhabenden Süden Deutschlands.

Nachdem wir den vermeintlich unwiderstehlichen Black-Friday-Angeboten die kalte Schulter zeigten, verließen wir den Hauptbahnhof über den Washingtoner Platz in Richtung Regierungsviertel. Das Wetter entbehrte nicht einer gewissen apokalyptischen Ästhetik. Dunkle Wolken hingen tief am Himmel, dennoch gelang es der Sonne, mit ihren Strahlen die dicke Schicht zu durchdringen und die Fassaden des Reichstages, des Bundeskanzleramts und des Brandenburger Tors in ein mystisches Licht zu tauchen.

Das Spektrum der BesucherInnen war wesentlich vielfältiger als bei dem Klimastreik, den wir im September in München besuchten. Nach nicht einmal fünf Minuten sahen wir in dem Flaggenmeer eine Kommunisten-Sichel flattern. Die Flaggenträger machten den Anfang zahlreicher interessanter Gespräche.

Zahlreiche Kapitalismus-KritikerInnen und FriedensaktivistInnen hatten sich auf der Straße eingefunden, statt in den unendlichen Tiefen der Kommentarspalten über Greta herzuziehen oder darüber zu spekulieren, ob das Datum des Klimastreiks eine okkulte Bedeutung haben könnte.

Stattdessen klärten sie mit Schildern auf, dass beispielsweise das Militär und in letzter Konsequenz damit auch Kriege mit die größten Mitweltzerstörer darstellen — und dass eine Planeten-Rettung innerhalb des Kapitalismus, respektive des politischen Neoliberalismus, schlicht nicht möglich ist.

Wo sind die RebellInnen?

Schweigend beobachtete aus der Ferne der Friedensengel am sogenannten Stern das ganze Spektakel. Dieser wurde Anfang Oktober von der Bewegung Extinction Rebellion „eingenommen“, „belagert“, „blockiert“. Im besetzten Gebiet rund um den Stern entstand Anfang Oktober ein kleines Dorf des ökologischen Widerstands, ein Freudenfest der Rebellion und ein Hort der Hoffnung.

Knapp zwei Monate später sieht das Ganze leider schon wieder sehr anders aus. XR-Logos sieht man in dem Flaggenmeer kaum noch. Die dubiose Aussage des Mitgründers Roger Hallam über den Holocaust in einem für die Öffentlichkeit nicht einsehbaren Interview hatte die Bewegung sichtlich schwer angeschlagen. Man traute sich teilweise nicht einmal mehr, die eigene Flagge zu hissen, beziehungsweise das Logo öffentlich groß zu zeigen. Aus Angst, man würde augenblicklich als AntisemitIn gelten.

Wahrlich zum Mäuse melken! Eine skandalöse Aussage in einem Interview, das als Primärquelle nicht einsehbar ist, da nur ein kurzer Beitrag dazu existiert, und eine ganze, vielversprechende Bewegung ist prompt auf dem besten Wege, sich zu zerlegen. Man distanziert sich und weiß im Grunde genommen noch nicht einmal, von was. Dieser Spalt-Angriff ist in Deutschland auf äußerst fruchtbaren Boden gefallen.

Nichtsdestotrotz stießen wir auf einen wackeren Rebell, der sich nicht scheute, dieser Ereignisse zum Trotz die XR-Fahne zu heben. Ganz am Ende geht es nicht darum, was irgendjemand irgendwo irgendwie gesagt hat. Worte — und mögen sie noch so falsch sein — verhallen angesichts der massiven Zerstörung und Vernichtung, die auf uns zukommt, wenn wir nicht aktiv werden und handeln. Ein permanentes Distanzieren kann auf einer endlichen Erde nicht unendlich lange funktionieren. Es ist daher an uns allen, Spaltungen zu überwinden und uns auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu fokussieren: den Erhalt unserer Lebensgrundlage.


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