Brisante Infos, diskreditierter Analyst
Tom Lausen ist bekannt für seine Beharrlichkeit. Unablässig wertet er die wenigen Daten aus, die deutsche Behörden zu Corona und den Impfstoffen bereitstellen. Findet er keine, stellt er Anfragen, um sie zu erhalten. Ohne ihn hätte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wohl kaum im vorigen Sommer ein brisantes Dokument veröffentlicht. Danach nämlich wurden in kassenärztlichen Praxen allein im Jahr 2021 fast zweieinhalb Millionen Behandlungen wegen Impfnebenwirkungen abgerechnet.
Ohne Lausen wären vermutlich auch die Behandlungsdaten der KBV von rund 72 Millionen Versicherten unter Verschluss geblieben. Inzwischen kann sie jeder — zugegeben in maximal verkleinerter und verklausulierter Form — einsehen.
In der Tat: Was Lausen dort herausgefunden hat, ist nachprüfbar. Die Zahl der plötzlichen Todesfälle in den Behandlungsfällen stieg im Gegensatz zu den fünf Vorjahren um mehr als das Vierfache an. Und Herzmuskelentzündung, also Myokarditis, scheint zur neuen Volkskrankheit zu werden.
Beliebt ist der Datenanalyst in der Gemeinschaft der Corona-Impfpropagandisten deshalb nicht. Bundestagsabgeordnete beleidigten ihn als Scharlatan, Medien verschrien ihn als Querdenkerfreund und AfD-Anhänger — doch all das sei er nicht, sagt Lausen. Er fordere Transparenz und erledige deshalb, was ein Datenanalyst so tun kann: „Daten analysieren, weil es der Staat offenbar nicht macht.“ „Und wenn mich nur die AfD damit beauftragt, dann ist das eben so.“ Genauso würde er das auf Bitte der Linkspartei oder der CDU übernehmen, wie Lausen gegenüber der Autorin betonte. „Aber die fragen ja nicht.“
Widersprüche ohne Ende
Lausens Analyse, vorgestellt in einer Pressekonferenz der AfD, sorgte Mitte Dezember für wilde Abwehrreaktionen. Darin fehlte es zwar an Belegen, nicht allerdings an Widersprüchen. Kurz nach der Konferenz erklärte zunächst die KBV, die vermehrten Todesfälle seien aus ihrer Sicht auf Corona zurückzuführen. Ihre eigenen Daten zog sie damit aber nicht in Zweifel.
Zweifel an den KBV-Daten säte wenig später das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi), eine Art Denkfabrik der KBV. Das behauptete plötzlich, Lausen habe ganz andere Daten vorliegen, als die AfD beantragt hatte. So seien darin keineswegs alle rund 72 Millionen Versicherten enthalten, sondern nur jene, die 2021 beim Arzt waren. Weil diese nicht in den Vorjahren gestorben sein könnten, sei der abrupte Anstieg dieser Fälle im ersten Impfjahr kein Zeichen für erhöhte Sterblichkeit.
Das wirft Fragen auf, zum Beispiel:
Woher stammen dann die mehr als 100.000 plötzlichen Todesfälle in den Jahren 2016 bis 2020? Fehlcodierungen, behauptet das Zi mal eben. Den massiven Anstieg der Myokarditisfälle im ersten Impfjahr und sogar stärker noch Anfang 2022 erklärt das aber nicht.
Die widersprüchlichen Erklärungen stehen bis heute auf der KBV-Website untereinander, keiner kümmert sich darum, das Rätsel zu lösen. Lausen versucht nun einen anderen Weg: Jede Krankenkasse soll ihm ihre Daten einzeln liefern. Das hätten diese Institutionen ohnehin seit 2021 per Gesetzesorder tun müssen, nämlich an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Passiert ist das jedoch bis heute nicht.
Wer nicht mitmacht, fliegt
Das alles hat eine Vorgeschichte, die ein Jahr zurückführt. Am Jahresende 2021 bekam Andreas Schöfbeck, damals seit rund 20 Jahren Vorstandschef der Betriebskrankenkasse BKK ProVita, einen Schreck. Er hatte sich die Patientendaten aller BKK-Kassen angeschaut. Alarmiert wandte er sich an Lausen mit der Bitte, sie auszuwerten. Das Resultat: Von den elf Millionen dort Versicherten wurden im Verhältnis rund zehnmal mehr Patienten mit Verdacht auf eine Impfnebenwirkung bei einem Arzt behandelt, als die veröffentlichten Meldedaten des PEI vermuten ließen.
Schöfbeck schrieb Ende Februar einen Brandbrief an das Institut mit der Bitte, das Alarmsignal sofort zu überprüfen und die Coronaimpfungen bis dahin auszusetzen. Die Reaktion war hart: Die Kasse warf Schöfbeck schnurstracks raus. Zu einer Konferenz mit ihm und dem PEI kam es nicht mehr. Eine recht eindeutige Botschaft an alle anderen im Apparat: Wer nicht mitmacht, fliegt. Und das bedeutet wohl, unliebsame Folgen unter den Teppich zu kehren.
Heute verhält sich der Kassenvorstand sehr konform. Er reagierte nun sehr eigentümlich auf Lausens weiteren Datenhunger. Denn der Analyst begehrte bei allen gesetzlichen Kassen neue Daten, auch bei der BKK ProVita. Denn nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) steht jedem ein Zugang zu amtlichen Informationen zu. Der Vorstand sieht das anders. Er schlug dem GKV-Spitzenverband der Krankenkassen vor, weitere Veröffentlichungen solcher Daten, egal von welcher Kasse, zu verhindern.
Das geht aus einer nun veröffentlichten internen E-Mail-Kommunikation zwischen dem BKK-ProVita-Vorstand und dem GKV-Verband hervor. Auch diese Daten hatte Lausen erfragt. Hintergrund ist eine öffentliche Verwaltungsratssitzung der BKK ProVita, in der es auch um ihn persönlich und eine Kommunikation mit dem GKV-Verband ging. Der Datenanalyst wollte wissen, was die beiden über seine Anfragen so besprochen hatte.
Vergehen: „Querdenkertum“
Die Antwort kam sehr verspätet im Januar vom GKV-Verband. Demnach räumte der neue BKK-ProVita-Vorstand in einem Schreiben von Mitte September 2022 zunächst unumwunden ein, er habe Schöfbeck tatsächlich nur wegen seines Briefes an das PEI entlassen. Die Stoßrichtung im Text wird schnell klar:
„Ende Februar 2022 hat der ehemalige Vorstand der BKK ProVita in einem unabgestimmten Alleingang eine Auswertung mit ICD-Abrechnungscodes zu Impfnebenwirkungen in der Zeitung ,WELT‘ veröffentlicht. Ziel war, in die damalige Diskussion um die Einführung einer allgemeinen Coronaimpfpflicht einzugreifen und eine solche zu Fall zu bringen. Wie Sie wissen, wurde der ehemalige Vorstand in der Folge — auch wegen dieser Aktion - seines Amtes enthoben.“
Statt dann zu sachlicher Kritik zu wechseln, klagt der neue Vorstandschef der kleinen Kasse, Walter Redl, erst einmal über „Querdenker“ und „Impfgegner“. Lausen gehöre schließlich zu denen, und wegen der Zusammenarbeit mit ihm wohl irgendwie auch Schöfbeck. In diesem Tenor schrieb Redl weiter:
„Die gesellschaftliche und politische Sprengkraft dieses Themas hat die BKK ProVita im Nachgang leidvoll erfahren müssen und sieht sich auch heute noch zahlreichen Anfeindungen aus den Reihen der ‚Querdenker‘ und Impfgegner ausgesetzt. Der ehemalige Vorstand der BKK ProVita arbeitete bei der Umsetzung seines Vorhabens mit dem der Querdenkerszene nahestehenden Datenanalysten Tom Lausen zusammen.“
Daten stören Impfkampagne
Und dieser Lausen habe sich erdreistet, nicht nur Redls Kasse, sondern alle anzuschreiben und neue Daten anzufordern. Das will der neue Vorstandschef nicht durchgehen lassen. Informationsfreiheit für vermeintliche „Querdenker“? Kommt nicht in die Tüte. So stellt Redl klar:
„Die BKK ProVita beabsichtigt, ihm diese Daten aus verschiedenen rechtlichen Gründen nicht zur Verfügung zu stellen.“
Ohne die besagten „verschiedenen rechtlichen Gründe“ näher zu erläutern, fährt der neue Kassenchef fort:
„Wenn dem so ist und diese Anfragen so oder ähnlich GKV-weit erfolgen und jedenfalls teilweise auch beantwortet werden, ist es aufgrund der gesellschaftlichen und insbesondere politischen Dimension dieses Themas aus unserer Sicht absolut erforderlich zu erwägen, ob nicht ein abgestimmtes Vorgehen in der GKV erfolgen sollte. Dies auch vor dem Hintergrund, dass sich die GKV aktuell gegenüber dem BMG bereit erklärt hat, die Versicherten über die zweite Coronaauffrischungsimpfung zu informieren.“
Man staunt: Stören also Daten über behandelte Nebenwirkungen und die Aufklärung der Bevölkerung darüber Redls Ansicht nach die Boosterkampagne? So nach dem Motto: Impfen nach Anweisung, Augen zu und durch — mehr Wissen würde nur verunsichern.
Informationsfreiheit für jedermann?
Dass der GKV-Verband, anders als die BKK ProVita, die Interna, wenn auch verspätet, überhaupt geliefert hat, ist wohl auch ein bisschen Glückssache. Zugutekam Lausen dabei mutmaßlich seine Popularität in manchen Kreisen. Immerhin haben auch schon größere Medien über ihn berichtet, wenn auch meist polemisch statt sachlich. Zudem sind Anfrage und Reaktionen auf dem Portal „Frag den Staat“ öffentlich einsehbar. Das wäre bei einer privaten E-Mail anders.
Der gleichnamige Verein, der die Website „Frag den Staat“ betreibt, gibt sich als Verfechter der Informationsfreiheit. Wie auf der Seite des Bildungsministeriums zu lesen ist, stellt das dazu gehörige Gesetz zunächst klar:
„Nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) hat jeder gegenüber den Behörden des Bundes einen voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Anspruch richtet sich auf die Erteilung von Auskünften, Akteneinsicht oder auf sonstigen Zugang zu amtlichen Informationen.“
Verwehren dürfen Behördendieses Recht demnach nur aus wenigen Gründen: zum Schutz besonderer öffentlicher Belange, amtlicher Entscheidungsprozesse (also etwa Gerichtsverfahren), von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, geistigen Eigentums oder personenbezogener Daten Dritter. Objektiv betrachtet zählen Impfnebenwirkungen, die viele Menschen treffen können, wohl eher nicht dazu.
Doch der Verein „Frag den Staat“ sieht das in Sachen Impfschäden etwas anders. Schon die Anfrage des AfD-Politikers Martin Sichert nach den KBV-Daten markierte er mit einer eigenen Kurz-„Expertise“, betitelt als „Faktencheck“. Darin heißt es:
„Nach der Einschätzung von Fachleuten belegen die hier angefragten Daten keinen Anstieg der Todesfälle im Zusammenhang mit der Impfkampagne. (...) Frag den Staat distanziert sich von irreführenden Aufbereitungen der Daten.“
Das wirft Fragen auf:
Warum interessieren sich die Betreiber so sehr für die Art der Aufbereitung erhaltener Daten? Haben sie das selbst überprüft oder überprüfen lassen? Wen meinen sie mit „Fachleute“? Oder: Hatten die Betreiber einfach Angst vor medialer Kontaktschuld?
Vielleicht. Es scheint aber mehr dahinter zu stecken: Die selbsterklärten Verfechter staatlicher Auskunftspflichten verfolgen mutmaßlich eine eigene politische Agenda. Und die stimmt wohl in Sachen Corona und Impfungen mit der Staatsräson überein.
„Frag den Staat“ mit politischer Mission
So „depublizierte“ der Verein kürzlich eine Anfrage der Autorin, weil sie angeblich nicht „spezifische Dokumente“ betreffe. Gefragt wurde das PEI nach teils seit über einem Jahr verheimlichten Verdachtsfallmeldungen: Todesfälle insgesamt, Todesfälle und schwere Nebenwirkungen bei Minderjährigen, sowie Myokarditisfälle nach Altersgruppen. Die Rechtsanwältin Brigitte Röhrig erklärte auf Nachfrage der Autorin dazu:
„Im Übrigen ist das Portal im Unrecht: Paragraf 1 IFG bezieht sich auf ‚Zugang zu amtlichen Informationen‘. Die Behörde kann Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Es ist nicht erforderlich, Unterlagen anzufordern.“
Man könnte zudem auch argumentieren, dass das PEI gesetzlich verpflichtet ist, die Verdachtsfallmeldungen zu entgegenzunehmen, zu dokumentieren und auszuwerten. Wo etwas dokumentiert wird, entstehen „spezifische Dokumente“. Die darf das PEI nicht einfach mal nach Lust und Laune entsorgen. Kurzum: Die Dokumente müssen per Gesetz vorhanden sein, sie betreffen einen Großteil der Bevölkerung und sind somit sogar von erheblicher öffentlicher Bedeutung.
Aber Corona scheint den Erfindungsreichtum bei Politik, Behörden und den eisernen Anhängern ihres Kurses in Sachen Ausreden für Gesetzesbrüche massiv zu beflügeln. Zum Beispiel auch das PEI: Seit fast einem Jahr verweigert dieses hartnäckig die Auskunft über die verheimlichten Meldedaten an die Presse.
Anfragen der Autorin watschte es unter anderem mit einem Verweis an die EMA ab. Dass diese die begehrten Daten für einzelne Länder weder publiziert noch herausgibt: egal.
Auch eine vorangegangene IFG-Anfrage bügelte es ab. Man sei nicht verpflichtet, Daten extra aufzubereiten. Und diese seien ohnehin nicht relevant, weil kein Beweis, und so weiter. Mit anderen Worten: Das PEI sammelt zwar Verdachtsmeldungen, überprüft aber nichts. Um dann das selbst herbeigeführte Resultat, den fehlenden Beweis eben, als Argument für das Verheimlichen anzuführen.
Alles unter den Teppich kehren
Halten wir also fest: Das PEI verstößt gegen Gesetze, indem es der Presse keine Auskunft erteilt, Sicherheitsdaten verheimlicht, sich also gar nicht in die Karten schauen lässt, und zu alledem auch keine Daten von den Krankenkassen einfordert, um die Sicherheit der neuartigen Vakzine zu überprüfen.
Das dem PEI weisungsbefugte Bundesministerium für Gesundheit (BMG), also die Regierung, schaut dabei zu und unterstützt das Vorgehen offensichtlich. Sie greift auch nicht ein, wenn die Krankenkassen keine Daten liefern, wie es ihre Pflicht wäre. Eigentlich sieht das Gesetz alleine dafür ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro vor. Das scheint aber weder die Regierung noch die Justiz zu interessieren.
Stattdessen verfolgen Staatsanwälte und Richter lieber Ärztinnen und Ärzte, die Kinder oder Erwachsene per Attest vom Maskentragen befreit haben. Oder sie lassen Menschen monatelang trotz nicht belegter Vorwürfe im Knast schmoren und so weiter. Aber wenn Institute vertuschen, Krankenkassen mauern und Ärzte nicht wie vorgeschrieben Impfkomplikationen melden, passiert genau: nichts.
Apropos Impfschadensmeldungen durch Ärzte: In einer Sitzung des Sächsischen Sozialausschusses am 16. Januar 2022 zu einem AfD-Antrag unter dem Titel „Gesundheitliche Schäden durch Covid-Impfungen vollumfänglich erfassen und Betroffene unterstützen“ war der Arzt Andreas Klement vom Institut für Allgemeinmedizin als Sachverständiger zu Gast. Er verteidigte nicht nur die Impfung, sondern räumte freimütig eigene Gesetzesbrüche ein. So habe er nämlich gar keine Lust darauf, seinen gesetzlichen Meldepflichten nachzukommen. Wörtlich sagte er:
„Bürokratie in der Hausarztpraxis — jeder Zettel ist einer zu viel. Wenn ich mich frage: Möchte ich wesentlich mehr Zettel ausfüllen, werde ich sicher sagen: Nein. Da können Sie mir auch ein angemessenes Honorar anbieten, für drei Seiten vielleicht 20 Euro, und ich würde trotzdem den starken Impuls haben, diese Zeit lieber direkt meinen Patienten zu widmen, als Meldungen abzusetzen.“
Theoretisch müsste es nun einen Aufschrei geben, eventuell sogar die Staatsanwaltschaft tätig werden. Praktisch blieb das bisher wie erwartet aus: Die Politiker schwiegen dazu, die Medien auch.
Wer weiß schon, wie viele Ärzte genauso handeln wie Andreas Klement. Denn welcher Mediziner gibt schon gerne zu, mit selbst gesetzten Spritzen vielleicht den einen oder anderen schwer geschädigt, eventuell sogar getötet zu haben? Die immer gleiche Behauptung selbst ernannter „Faktenchecker“, wonach das PEI angeblich ganz akribisch die Sicherheit der Impfstoffe prüft, wird zur Farce. Denn offenbar prüft das keiner.
Es scheint vielmehr, als unternimmt das „gute Lager“, die angeblich so „solidarische“ Mehrheit, alles, um unliebsame Folgen der Pharmapräparate unter den Teppich zu kehren. Um es zu betonen: Dabei geht es nicht um solche Banalitäten wie die Farbe von Parkbänken. Es geht um Menschenleben und Schicksale — und möglicherweise um institutionellen Betrug.