****Lieber Mensch,
du bist nicht verkehrt. Du bist nicht von Grund auf schlecht, ein Wolf für deinen Nächsten, wie man es dir weiszumachen versucht. Du bist keine Fehlkonstruktion der Natur, von Anfang an falsch programmiert. Wie könnte die Natur etwas Böses hervorbringen? Wie könnte sich das Leben irren?
Doch du geißelst dich mit der Vorstellung deiner eigenen Schlechtigkeit, weil du nicht verstehst, wie du es hast so weit kommen lassen, deinen eigenen Lebensraum und alles, was dir lieb ist, zu zerstören. Du kannst nicht begreifen, wie du und deinesgleichen in den Krieg ziehen könnt, wo ihr doch eigentlich Frieden wollt und harmonisches Miteinander. Wie es möglich ist, dass immer wieder Unmenschliches geschieht. Daher klagst du dich selbst an und meinst, der Mensch sei es nicht wert, auf diesem Planeten weiter zu existieren.
Auf der Flucht
So versucht die Krönung der Schöpfung, sich aus dem Staub zu machen. Während die Elite gerade dabei ist, sich ihre Überlebensplätze in Luxusbunkern, Tiefkühltruhen oder auf anderen Planeten zu sichern und ein großer Teil der Menschheit vor Hunger und Krieg flieht, vergraben sich die meisten jener, die es noch bequem haben, in Gleichgültigkeit und Ohnmacht. Doch ihr alle seid auf der Flucht.
Mensch, bist du dafür mit einem freien Willen geboren, der es dir erlaubt, richtig und falsch auseinander zu halten? Hast du dich auf zwei Beine gestellt, um jetzt, wo es drauf ankommt, den Schwanz einzuziehen? Hast du alle diese Maschinen erfunden, die dir das Leben erleichtern, um dir jetzt von ihnen alles aus der Hand nehmen zu lassen? Siehst du nicht, was für ungenutzte Fähigkeiten in dir nur darauf warten, von dir aktiviert zu werden?
Trennung von Herz und Verstand
Nein, du bist nicht verkehrt. Du hast dich im Laufe deiner Existenz nur falsch programmieren lassen. Du glaubst, was man dir von Kindesbeinen an erzählt und was von einer Generation zur nächsten bis zu dir weitergegeben worden ist: dass du Ellbogen und Fäuste einsetzten musst, um dich gegen andere durchzusetzen, dass der Stärkste gewinnt, dass du Führung brauchst und Leitern erklimmen musst. Mit der Muttermilch hast du aufgesogen, dass du erst jemand werden musst, bevor man dich akzeptiert, dass du nicht um deiner selbst Willen geliebt wirst, sondern für deine Taten und den Nutzen, den andere aus dir ziehen.
Du hast gelernt, die Dinge auseinander zu nehmen und nur an das zu glauben, was du zählen und anfassen kannst. Um dich besser manipulieren zu können, zu unterdrücken und auszubeuten hat man dich gelehrt, auf Materie und Verstand zu bauen und dein Herz und deine Seele dabei außer acht zu lassen. Denn nur ein Mensch, der die Verbindungen zu seinen Gefühlen kappt, wird sich im Sinne dunkler Mächte lenken lassen.
Doch du bist nicht verkehrt. Du hast nur zugelassen, dass man dich instrumentalisiert. Während um dich herum die Welt zerfällt, während auch in deinem Garten die Vögel nicht mehr singen und während dein Körper immer mehr von Krankheit befallen ist, hältst du dich weiter für aufgeklärt und klammerst dich an eine Vernunft, die den Ast absägt, auf dem du gerade sitzt.
Freie Entscheidung
Dennoch hast du auch jetzt die Wahl. Du kannst ja sagen zu dem, was dein Leben zerstört und das Leben derer, die du liebst, oder du kannst nein sagen: ich mache nicht mehr mit. Du kannst in dir das Trennende, Spaltende stärken oder das Zusammenführende. Nichts ist von vorneherein entschieden, wie in der Geschichte vom schwarzen und vom weißen Wolf, die sich in dir gegenüberstehen.
Der schwarze Wolf handelt egoistisch, rücksichtslos und ausschließlich zu seinem eigenen Vorteil und ist nur darauf aus, seine Beute zu reißen. Der weiße Wolf ist freundlich, entgegenkommend und engagiert sich zum Wohle aller. Welcher von beiden gewinnt, fragst du? Der, den du nährst.
Es interessiert die Wölfe nicht, ob du glaubst, alles sei zu verfahren und zu spät, um sich noch zum Besseren zu wenden. Sie haben Hunger. Tust du nichts, bleibst du weiter deiner Gleichgültigkeit verhaftet oder steckst den Kopf in den Sand, gibst du dem schwarzen Wolf Nahrung. Hebst du den Kopf, stehst auf und gehst auf deinen Nächsten zu, nährst du den weißen Wolf. Es ist deine Entscheidung. Es liegt in deiner Verantwortung, was du groß werden lässt.
In den Augen der anderen
Im Konkurrenzdenken andere niederzumachen, um dich selbst einen kurzen Augenblick lang vor deinem eigenen Niedergang zu erhöhen, oder dich in der Kooperation mit anderen zu entfalten und gemeinsam emporzuschwingen – es liegt bei dir. Du allein entscheidest, mit welchen Augen du dein Gegenüber anschaust. Voller Misstrauen oder in Freundschaft, von Angst oder von Liebe erfüllt.
Nur wenn Liebe in deinem Blick liegt, kannst du den anderen erkennen. Ansonsten erscheint er dir als Fratze, in der sich dein eigener Argwohn spiegelt. Wenn du dem anderen mit geöffnetem Herzen in die Augen schaust und wenn sein Blick deinen erwidert, siehst du dann im anderen den schwarzen Wolf? Wenn du deinem Bruder, deiner Schwester gegenüberstehst, den Blick ineinander versenkt, siehst du dann immer noch die Schlechtigkeit deiner Spezies?
Wundervolles Wesen
Oder erkennst du, was letztlich auch du selbst bist: ein wundervolles Wesen. Gleichzeitig zerbrechlich und stark, zweifelnd und vertrauensvoll, schwach und mächtig. In dir vibriert alles, was jemals existiert hat. Jede einzelne deiner Zellen enthält die Geschichte der gesamten Menschheit und du hast die Gabe, es dir bewusst zu machen.
In dir leben Fähigkeiten, vor denen jeder, der ihnen entgegentritt, erzittern muss. Nur deshalb wurdest du klein gehalten. Doch wenn du jetzt aufstehst und von deiner Macht, auf andere zuzugehen und dich mit ihnen zu verbinden, Gebrauch machst, kann dich niemand aufhalten. Wenn du umarmst, was sich dir in den Weg stellt, verliert es seine trennende Macht. Das Spaltende – Diabolische – kann nichts ausrichten, wenn es einem liebenden Herzen gegenübertritt, in dem sich die Gegensätze miteinander vereinen.
Es ist das Höchste, was ein Mensch vollbringen kann: sich nicht in die Irre führen zu lassen, die Schleier herunterzureißen und dahinter die Einheit des Lebendigen zu erkennen. Hier siehst du, wie du wirklich bist: leuchtend und voller Schönheit. Wenn die Masken und Panzer fallen, wenn du es zulässt, dich berühren zu lassen, kannst du das Wundervolle in dir erkennen: einen Körper, in dem die kleinsten Vorgänge perfekt aufeinander abgestimmt sind und der dir auf subtilste Weise zu Diensten ist. Ein Herz, das bereit ist, für die Liebe Berge zu versetzen und einen Geist, der sich keinem Diktat unterwirft und der dazu in der Lage ist, die Dinge nach seinen Vorstellungen neu zu erschaffen.
Auch wenn du das nicht glaubst: es ändert nichts an der Tatsache, dass andere es anders sehen und von ihrer Freiheit Gebrauch machen, dich mit all deinen Fehlern und Zweifeln zu lieben. Genau so, wie du jetzt bist.