Der Held der Geschichte ist das Erdmännchen Friedrich, das mit seiner Sippe in einem Zoo lebt und eines Tages feststellt, dass es noch eine Welt außerhalb des Geheges gibt. Von Neugier getrieben, versucht Friedrich, aus seinem Gehege auszubrechen, was ihm zunächst nicht gelingt. Dann aber lernt er die Krähe Carola kennen, die ihm die Flucht ermöglicht.
Obwohl Friedrich von der neuen Welt fasziniert ist, stellt er schon bald fest, dass die Freiheit auch ihren Preis hat: Er muss sich auf Nahrungssuche machen, einen Unterschlupf finden und sich gegen natürliche Feinde verteidigen. Für jemanden, der die Annehmlichkeiten und die Bequemlichkeit des Zoolebens gewohnt ist, keine einfachen Aufgaben. Doch zu seinem Glück steht Carola ihm auch hierbei zur Seite und hilft über viele Hindernisse hinweg.
Als er dann auch noch das Waschbär-Mädchen Toni kennenlernt, sich mit ihm anfreundet und gemeinsame Abenteuer erlebt und besteht, schwebt Friedrich im siebten Himmel und ist sich sicher: Es geht doch nichts über ein Leben in Freiheit!
Dann aber geht der Sommer zu Ende, die Tage werden kürzer und die Nahrungssuche beschwerlicher. Zudem wartet Toni mit einer Hiobsbotschaft auf: Sie muss mit ihrer Familie weiterziehen. Für Friedrich bricht eine düstere Zeit der Einsamkeit an. Doch er gibt nicht auf, sucht nach einem Ausweg und kommt schließlich auf eine zündende Idee, die seinen Lebensmut wieder weckt und auch eine großartige Zukunftsperspektive eröffnet.
Da mich interessierte, was Ernst Wolff dazu bewogen hat, dieses Buch zu schreiben, habe ich ihn dazu befragt. „Mich haben die Auswirkungen der Pandemie-Maßnahmen ja genauso betroffen wie alle anderen“, sagt er, „aber da ich auch Vater und Opa bin, haben mir die Freiheitseinschränkungen für meine Kinder und Enkel mehr zugesetzt als die, die mich selbst betrafen. Als meine Enkelin mich dann auch noch nach den Hintergründen fragte, war ich überfordert: Wie erklärt man eine solche Situation einem Kind, ohne es zu verunsichern oder zu überfordern?“
Den Schlüssel zur Lösung dieses Problems lieferte eines seiner literarischen Vorbilder, so Wolff.
„George Orwell wurde ja ständig zitiert, und dessen ‚Animal Farm‘ hat in meiner Jugend zu meinen Lieblingsbüchern gezählt. Darin hat Orwell der Russischen Revolution und ihren schrecklichen Folgen die Form einer Tiergeschichte gegeben, die auch Kinder verstehen können. Deshalb dachte ich mir: Warum nicht den Versuch unternehmen, die aktuellen Probleme als Fabel zu erzählen?“
Entstanden ist daraus „Friedrichs Traum von der Freiheit“ in zwei Etappen: zunächst als Gute-Nacht-Geschichte für Enkelin Elise und dann in schriftlicher Form.
„Ich muss meiner Enkelin auch sehr für ihre Hilfe danken. Sie hat nicht nur stundenlang zugehört, sondern mir hin und wieder durch ein unmissverständliches ‚Opa, das gefällt mir so nicht‘ zu verstehen gegeben, an welchen Stellen ich noch einmal nachbessern musste.“
Aber auch für Wolff selbst war das Verfassen des Buches mehr als lehrreich.
„Mir ist beim Schreiben erst richtig bewusst geworden, dass der eigentliche Feind der Freiheit nicht die Einschränkungen sind, sondern deren Akzeptanz durch diejenigen, die aus Trägheit und Bequemlichkeit bereit sind, sich in der Unfreiheit einzurichten und mit ihr zu arrangieren.“
Auf jeden Fall war das Schreiben des Kinderbuchs auch für ihn so etwas wie eine Seelenmassage in einer Zeit immer härterer Einschränkungen, berichtet Wolff.
„Wenn man, wie ich, Tag für Tag die Ereignisse um sich herum analysiert und kommentiert, dann kann einen auch schon mal der Optimismus verlassen. In solchen Zeiten in eine Fantasiewelt einzutauchen und selbst erdachte Figuren auf die Reise zu schicken, ist da eine großartige Therapie.“
Ein Buch für Jung und Alt
Wolffs Ausflug in die Welt der Kinderbücher hat sich auf jeden Fall gelohnt. Herausgekommen ist ein wunderschön illustriertes 68-seitiges Buch für Kinder ab sieben Jahren, das sicher auch Erwachsene gerne lesen. Der Autor beschreibt die emotionale Achterbahnfahrt des Erdmännchens Friedrich liebevoll und mit viel Einfühlungsvermögen, kommt aber nie mit erhobenem Zeigefinger daher. Seine Botschaft ist bereits in einem Zitat des griechischen Staatsmannes Perikles enthalten, das Wolff seinem Text vorangestellt hat:
„Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit,
das Geheimnis der Freiheit ist der Mut.“
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