Die Anhörung von Mark Zuckerberg ist gelaufen. Das wichtigste Ergebnis ist, dass er seine Fähigkeit unter Beweis gestellt hat, klare Aussagen und die Übernahme von Verpflichtungen zu vermeiden.
Netzpolitik.org resümiert:
„Der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg tarnte und täuschte sich durch seine Anhörung vor dem US-Kongress“ (1).
Er musste sich auch keine großen Sorgen vor der Anhörung machen, denn seit 2007 spendeten Personen aus dem Umfeld von Facebook mehr als 600.000 Dollar an Mitglieder der Anhörungskommission (2).
Alle bleiben auf Facebook
Es gibt weitere Gründe, warum Zuckerberg sich keine Sorgen machen muss. In Deutschland beispielsweise ist trotz der vollmundigen Aussagen von Frau Barley nichts geschehen, was Facebook wirklich schaden könnte.
Haben etwa die großen Parteien Facebook verlassen oder DGB-Gewerkschaften und Kirchen? Sind die ARD-Anstalten und das ZDF nicht mehr auf Facebook vertreten? Da hat sich nichts geändert.
Was ist mit WhatsApp oder Instagram?
Bisher ist die Empörung allein auf Facebook beschränkt geblieben. Sammeln die anderen, zu Facebook gehörenden Unternehmen wie beispielsweise Instagram oder WhatsApp etwa keine Daten der Nutzer, die für Werbung und andere Formen der Beeinflussung eingesetzt werden? Muss man Facebook verlassen, kann aber ohne Bedenken weiterhin WhatsApp nutzen?
Zuckerberg kann beruhigt schlafen
Selbst wenn sich die Empörung gegen alle Dienste von Facebook richten würde, wäre das viel zu kurz gegriffen, und zwar in zweierlei Hinsicht:
- Twitter ist beispielsweise seit einiger Zeit in der Lage, Werbung abhängig von der Kreditwürdigkeit seiner Nutzer zu schalten. Die dafür nötigen Daten erhält es von Oracle. Oracle wurde in der ganzen Diskussion noch nicht erwähnt (3); Google erklärte unlängst, dass es ungefähr 70 Prozent der Kredit- und Scheckkarten-Transaktionen in den USA erfassen kann. Möglich wird das durch Geschäftspartner. Kennt die jemand? Der Facebook-Skandal ist noch nicht einmal die Spitze des Eisbergs.
- Wesentlich ist aus meiner Sicht auch, dass das weltweite Agieren von Facebook bisher nicht in den Blick genommen wurde. Sollten die Geschäfte wider Erwarten in Europa und den USA zusammenbrechen, dann bleiben ja immer noch Mittel- und Südamerika, Indien, Afrika und große Teile Asiens. Hat schon jemand China dafür gelobt, dass dort Facebook gesperrt ist und man lieber chinesischen Firmen die Verarbeitung von chinesischen Daten erlaubt? Besonders perfide ist das „Free Internet“ genannte Vorhaben, das den Menschen in der Dritten Welt freien Zugang zum Internet bringen soll (4). Selbstverständlich wird auch da mit den Daten gezahlt, zudem ist nur ein kleiner Ausschnitt des Internets erreichbar; die Zensur ist schon eingebaut. Allerdings ist die Lebenssituation dort zum Teil so prekär, dass man sich zwischen dem Kauf von Nahrung und der Nutzung des Internets entscheiden muss (5). In so einer Situation ist das kostenlose „Internet“ von Facebook attraktiv.
Was ist zu tun?
Ist also alles hoffnungslos und ändert sich sowieso nichts, egal ob man Facebook verlässt oder dort bleibt? Nein, denn es ändert sich etwas, wenn man beispielsweise zu einem (werbe-)freien, dezentralen sozialen Netzwerk (6) wie Diaspora (7, 8) wechselt: Man behält die Souveränität über seine Daten. Wie immer nach Facebook-Skandalen ist in den letzten Tagen ist Anzahl die der neuen Nutzer auf Diaspora erfreulich angestiegen.
Hoffnung kann man auch schöpfen, wenn man in die Vergangenheit schaut: Kennt noch jemand studiVZ, die hatten mal mehr als 6 Millionen Nutzer, schülerVZ oder Myspace, das mal mehr als 250 Millionen Nutzer hatte?
Der größte Feind von Facebook und allen anderen Datenkraken ist das Entstehen neuer Angebote, die attraktiver als die vorhandenen sind. Dann kann ein großer Run von Facebook weg zum neuen Angebot entstehen. Warum könnte das nicht diesmal ein Angebot sein, das die Privatsphäre und Selbstbestimmung seiner Nutzer respektiert?
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://netzpolitik.org/2018/wie-jetzt-mark-zuckerberg-spielt-vor-dem-us-senat-den-ahnungslosen/
(2) https://www.cnet.com/news/facebook-employees-donated-big-bucks-to-congress-members-questioning-mark-zuckerberg/
(3) Angaben nach: Wolfie Christl: How Companies use personal data against people
(4) https://www.theguardian.com/world/2016/aug/01/facebook-free-basics-internet-africa-mark-zuckerberg
(5) https://freedom-to-tinker.com/2018/03/28/when-the-choice-is-to-delete-facebook-or-buy-a-loaf-of-bread/
(6) https://digitalcourage.de/blog/2018/kommt-mit-uns-ins-fediverse
(7) https://de.wikipedia.org/wiki/Diaspora_(Software)
(8) https://diasporafoundation.org/