Bei Hillary Clinton lagen die Dinge ganz anders. Der harte Kern ihrer Unterstützer war weniger eingeschworen und setzte sich weniger energisch für sie ein. Viele ihrer Wähler und möglichen Wähler unterstützten sie nur, weil sie Trump-Gegner waren. Es war wenig Enthusiasmus im Spiel und das war augenfällig. Selbst wenn sie Clinton wählten, setzten sie deutlich weniger Energie dafür ein, andere zu mobilisieren.
Sie übten weniger Druck auf potentielle Wähler aus. Sie waren siegesgewiss und konnten es sich deshalb leisten, sich weniger ins Zeug zu legen. Mit Blick auf die politische Situation im Juli 2017, fällt auf, dass sich die Sache mit dem Enthusiasmus auf beiden Seiten grundlegend verschoben hat. Der harte Kern der Trump-Anhänger ähnelt nun dem der Clinton-Unterstützer im vergangenen Jahr. Sie unterstützen Trump, weil sie gegen die Demokraten sind. Nancy Pelosi (Anm. d. Ü. die demokratische Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus) symbolisiert für sie die Macht des Bösen.
Nun ist der harte Unterstützerkern von Trump “enttäuscht”. Er hat nicht geliefert, was er versprochen hatte. Er ist just von jenen Goldman Sachs Leuten umgeben, die er einst verurteilt hatte. Seine Zustimmungswerte, die schon zu Beginn seiner Amtszeit niedrig waren, fallen immer weiter, selbst unter den Angehörigen des harten Kerns seiner Unterstützer. Sie unterstützen Trump immer noch, weil sich die Gegenseite noch deutlich schlimmer ausnimmt. Aber sie lassen sich etwas hängen. Ihr Missionseifer hat nachgelassen. Sie engagieren sich weniger. Sie machen weniger Druck bei ihren Freunden und in der Familie. Sie bemühen sich weniger um eine höhere Wahlbeteiligung.
Bei den Demokraten dagegen verhält es sich genau umgekehrt. Sie wittern eine Chance. Niemals zuvor waren sie so geeint in ihrer Verweigerung, republikanische Vorschläge mitzutragen. Während die Republikaner im Senat um eine annähernd einhellige Unterstützung für ihre Vorschläge ringen, lehnen sich die Demokraten zurück und lassen sie ihren Kampf untereinander austragen. Sie organisieren sich auf lokaler Ebene und in einzelnen Staaten.
Während es auf dem Papier so aussah, als könnten die Republikaner die kommenden Wahlen gar nicht verlieren, veröffentlichen in den letzten zwei Monaten Blogger Analysen, die zeigen, dass es den Demokraten gelingen könnte, den Senat, ja sogar das Repräsentantenhaus zurückzugewinnen. Es erscheint möglich, nicht sicher – aber auch nur die schiere Möglichkeit schien vor nicht allzu langer Zeit bloß ein Hirngespinst.
Zugegeben, die Demokraten sind uneins, was ein wichtiges Thema angeht, nämlich ihre Wahlstrategie. Die Frage ist ganz klar. Sollten sie auf Kandidaten setzen, die der Mitte zugehören, mit der Begründung, dass diese dann die Wähler der Mitte anziehen könnten, die den Republikanern offenbar weglaufen? Oder sollten die Demokraten nach links rücken und jemanden wie Bernie Sanders oder Elizabeth Warren (Anm. d. Ü.: eine Parteilinke und scharfe Trump-Kritikerin) aufstellen, mit der Begründung, dass sie damit eine vergrößerte linke Basis stärken würden. Kurzum, sollten sie auf darauf setzen, den Enthusiasmus zu nutzen oder nicht?
Die Demokraten streiten darüber. Doch das Lager derjenigen, die ein linkes Wahlprogramm vorziehen, ist deutlich stärker geworden. Im Jahr 2016 rückten über das gesamte Spektrum hinweg alle nach rechts. Werden im Jahr 2018 alle nach links rücken? Das lässt sich bisher nicht vorhersagen. Aber es hängt davon ab, wie viel Enthusiasmus mobilisiert werden kann.
Mal angenommen, die Demokraten rücken im Jahr 2018 nach links und erlangen dann tatsächlich die gesetzgeberische Gewalt auf nationaler Ebene zurück und gewinnen einige Gouverneurswahlen? Wäre das dann die „Revolution“? Weit gefehlt. Aber es würde immerhin bedeuten, dass einige bessere kurzfristige Entscheidungen gefällt würden, die – wie ich es gerne ausdrücke – das Leid für die ärmsten Mitglieder der Bevölkerung lindern könnten. Auf kurze Sicht wäre das also ein Pluspunkt.
Der mittelfristig notwendige Kampf um eine Welt, die wir gerne aufbauen möchten, um das erschlaffende kapitalistische System zu ersetzen, in welchem wir leben, muss noch ausfochten werden. Doch die Erfahrung, im Jahr 2018 einen kurzfristig angesetzten linken Wahlkampf der Demokraten auf die Beine zu stellen, wird die Fähigkeiten derjenigen erweitern, die bereit sind für den größeren mittelfristigen Kampf.
Die kommenden sechs Monate werden wohl ziemlich spannend zu beobachten sein, wenn wir uns auf unser Ziel konzentrieren – die Linke zu stärken und an den großen Kampf zu denken, das uns nach 2018 bevorsteht.
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