Bernadette H. ist 49 Jahre alt und arbeitet an einer Grundschule in Hamburg. Im Juli 2021 entschied sie sich trotz Bedenken hinsichtlich der schnellen Zulassung und aufgrund des Drucks im Job zur ersten Covid-Schutzimpfung. Sie durfte erstmal durchschnaufen, da die Impfung zunächst keine Beschwerden verursachte. Zwei Monate später erfolgte schließlich die zweite Impfung. Erneut mit dem Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer. Doch diesmal sollte der Impftermin zu einem Tag werden, den Frau H. bis heute bereut. „Bereits dreißig Minuten nach der zweiten Impfung trat ein starker Schwindel auf. Abends bekam ich dann Bauch- und Beinschmerzen. Die Schmerzen wurden immer stärker.“ Da sich die Beschwerden in den darauffolgenden Wochen verstärkten, schickte sie ihr Arzt schließlich in die Notaufnahme. „Es wurde ein Verschluss der Bauchaorta und Beckenarterie mit recht frischen, ein paar Wochen alten Thromben festgestellt“, so Bernadette H.
Bis heute ist sie arbeitsunfähig. Zudem seien die Beschwerden unverändert und es stünde dazu sogar noch immer eine Operation im Raum. Neben der körperlichen Belastung kämpft Frau H. besonders mit der psychischen Bürde, nicht gehört und verstanden zu werden. Zwar wurde im Krankenhaus und auch beim Arzt ein Zusammenhang mit der Impfung nicht bestritten, doch beweisbar sei ein solcher nicht. „Ich fühle mich total alleingelassen. In sozialen Netzwerken wird man sogar als Lügner und Leugner betitelt.“
Auch Marlene K. fühlt sich mit ihrem Schicksal ähnlich im Stich gelassen. Die 58-jährige Altenpflegerin aus Schleswig-Holstein entschied sich zur Impfung, da der Druck von Kollegen, Familie und Freunden zu groß wurde. Nach ihrem zweiten Impftermin mit Comirnaty erlitt sie eine Gesichtslähmung. „Die Gesichtsparese war derart schlimm, dass ich über Wochen nicht richtig essen, trinken und sprechen konnte. Nach nun fast sechs Monaten ist mein Auge immer noch nicht richtig geschlossen und mein Lidschlag verzögert“, erzählt Frau K. Sie leidet an der psychischen Belastung, ihren Alltag nicht mehr so bestreiten zu können wie zuvor. Auch fühlt sie sich alleingelassen und unverstanden, da kein Arzt die Nebenwirkung bestätigt, sondern sogar bestreitet.
Einen vergleichbaren Leidensweg hat die 50-jährige Rechtsanwältin Anna R. zu bewältigen. Alles begann kurz nach der Impfung mit Comirnaty. „Mein ganzer Körper fing an zu kribbeln, meine Zunge und meine Augen brannten, mein Gesicht wurde heiß, und dann wurde mir übel.“
Am Tag darauf kamen noch weitere Symptome hinzu. „Am ganzen Körper verspürte ich ein Stechen und Prickeln, meine Arme und Beine schmerzten. Im weiteren Verlauf wurden Beine, Arme, Finger- und Fußspitzen dann taub. Im Krankenhaus vermutete man schließlich eine Rückenmarksentzündung.“ Seitdem sei sie gefühlt nur noch im Überlebensmodus. „Meine Kraft ist kaum noch vorhanden. Ich muss den überwiegenden Teil des Tages liegen und kann alltägliche Dinge so gut wie gar nicht mehr machen. Manchmal versuche ich einen kleinen Spaziergang, doch bereits nach drei Runden um das Haus rast mein Herz so sehr, dass ich mich wieder hinlegen muss“, erzählt Frau R.
Weil sie ihren Alltag nicht mehr selbst bewältigen kann, ist sie vorübergehend bei ihrer 80-jährigen Mutter untergebracht, die für beide den Haushalt erledigen muss. „Sie weint sehr viel, weil sie sieht, wie schlecht es mir geht und sich Sorgen macht, dass es so bleibt“, berichtet Anna R. Auf sonstige Hilfestellung, Verständnis und Unterstützung wartet Frau R. bisher vergebens. „Meine Hausärztin ist zwar nett, aber völlig überfordert. Sie schreibt mich krank, weiß aber ansonsten nichts Weiteres zu tun. Man wird von den Ärzten total alleingelassen. Niemand hilft einem.“ Deshalb habe sie sich nun in einer der vielen Selbsthilfegruppen angemeldet, um sich zu informieren und auszutauschen. Und um sich verstanden zu fühlen.
Über eine Million gemeldeter Verdachtsfälle von Nebenwirkungen
Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) gibt ausdrücklich an, dass es sich bei den gemeldeten aufgelisteten Fällen von Impfnebenwirkungen lediglich um vermutete Zusammenhänge handelt. Auch das Paul-Ehrlich-Institut in Deutschland weist darauf hin, „dass allein die Zahl von Verdachtsfallmeldungen für die Bewertung der Impfstoffsicherheit keine Aussagekraft hat“.
Eine Datenbank jedoch, die bestätigte Fälle von Impfnebenwirkungen listet, existiert laut Paul-Ehrlich-Institut de facto nicht. Das bedeutet, dass es gar keine anderen Zahlen gibt, die zumindest einen ungefähren Rückschluss auf die Zahl der Impfnebenwirkungen zuließen. Fakt ist, dass bei der EMA bisher über eine Million Verdachtsfälle auf Nebenwirkungen gemeldet wurden. Und das sind lediglich die offiziell gemeldeten Fälle. Sie betreffen drei der in Deutschland zugelassenen Impfstoffe der Firmen Moderna, Biontech/Pfizer und Janssen. Novamax mit Zulassung im Dezember 2021 ist vermutlich noch nicht lange genug im Einsatz, um davon Zahlen aufzuführen.
Insgesamt wurden in Bezug auf den Impfstoff CX-024414 von Pharma-Hersteller Moderna über 200.000 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen gemeldet.
Mehr als 14.000 betrafen Herzprobleme wie zum Beispiel akuter Herzmuskelinfarkt oder Herzrhythmusstörungen. Davon verliefen über 100 tödlich. Des Weiteren wurden über 35.000 Magen-Darm-Beschwerden wie etwa Darmblutungen gemeldet, von denen 399 tödlich verliefen und mit Stand Januar 2022 über 10.000 Fälle als nicht genesen galten. Über 80.000 Meldungen erfolgten aufgrund von Störungen und Erkrankungen des Nervensystems, die von Kopfschmerzen bis hin zu Gesichtslähmung oder Hirnblutung reichten. Davon listet man über 1.000 Todesfälle und über 25.000 Fälle als nicht genesen.
Über 700.000 vermutete Komplikationen nach einer Impfung mit Tozinameran von Biontech/Pfizer gingen bis Januar 2022 bei der EMA ein. Von den 40.000 Patienten mit gemeldeten Herzproblemen endeten 2.459 tödlich und 15.000 gelten als weiterhin krank. Mehr als 20.000 gemeldete Augenerkrankungen wie verschwommenes Sehen, Erblindung oder abnormales Empfinden im Auge wurden laut EMA-Datenbank ebenso angegeben. Weiter wurden über 60.000 Erkrankungen des Fortpflanzungssystems sowie 120.000 gastrointestinale Beschwerden gemeldet, von denen zusammengerechnet über 60.000 als nicht genesen gelten. Von den mehr als 270.000 Störungen und Erkrankungen des Nervensystems verliefen 1.807 tödlich. Über 77.000 Geimpfte gelten als weiterhin krank.
Mögliche Nebenwirkungen nach einer Impfung mit Janssen wurden über 46.000-mal gemeldet. Komplikationen bezüglich der Herzfunktionen verliefen nach Angaben der EMA in Summe 196-mal tödlich. Weiter werden mehr als 1.000 Augenerkrankungen sowie 2.500 Erkrankungen des Fortpflanzungssystems in der Liste angegeben. Von den 9.000 gemeldeten Magen-Darm-Beschwerden endeten den Angaben nach 88 tödlich und über 2.300 Fälle gelten als nicht genesen.
Zudem wurden mehr als 20.000 Störungen des Nervensystems gemeldet, von denen 242 Fälle zum Tode führten.
Individuelle Impfentscheidung
Neben Politikern wie Karl Lauterbach (SPD) oder Irene Mihalic (Grüne) pocht auch die Bundesärztekammer vehement auf eine Impfpflicht und vertritt die Ansicht, dass Menschen, die dieser nicht nachkommen, mit „spürbaren Restriktionen bei der Teilnahme am öffentlichen und gewerblichen Leben zu rechnen haben sollten“. Und dies obwohl viele Ärzte und Experten die völlig gegenteilige Meinung vertreten und sagen, dass eine Impfpflicht weder ethisch noch medizinisch eine akzeptable und zielführende Problemlösung sei.
„Dieses Instrument erscheint mir angesichts der Härte des Eingriffs und der extrem unterschiedlichen Risikoverteilung nicht angemessen und nicht effektiv zu sein“, meinte beispielsweise Petra Bahr, Mitglied des deutschen Ethikrates. Es gelte grundsätzlich abzuwägen, wie hoch im speziellen Fall das Erkrankungsrisiko ist und ob ein nennenswertes Risiko eines Impfschadens besteht. „Ein junger gesunder Mann hat bei einer Corona-Infektion ein relativ geringes Krankheitsrisiko. Gleichzeitig besteht die nicht ganz zu vernachlässigende Möglichkeit einer unerwünschten Impffolge. Auf dieser Basis soll er selbst entscheiden, ob er sich impfen lassen will oder eher auf sein Immunsystem vertrauen möchte“, sagt zum Beispiel Internist und Facharzt Erich Freisleben in einem Interview mit dem Politikmagazin Cicero.
Auch der Verein „Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung“ setzt sich dafür ein, dass sich Menschen frei und selbstbestimmt für oder gegen eine Impfung entscheiden dürfen. „Jeder, der sich impfen lässt, fällt seine Entscheidung zwischen gesellschaftlicher Verantwortung und individuellem Schutzwunsch. Mein Verständnis ist, dass das schwächste Glied in der Kette dieser Entscheidungen das Individuum ist und nicht die Gesellschaft. Und da jeder Eingriff potentiell auch schädigen kann, setze ich mich dafür ein, dass jeder Einzelne entscheiden darf“, so Vorstandsmitglied Jost Deerberg, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin.
Zudem „könne eine Impfpflicht das Ziel einer Ausbreitung von Covid-19 nicht erreichen, weil Geimpfte das Virus in fast genauso hohem Maße verbreiten wie Ungeimpfte und weil die Impfung keinen langfristigen Schutz vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 gewährt“, so die Ärzte und Ärztinnen des Vereins. Während Politiker also weiterhin über die Köpfe der Bürger hinweg über eine verpflichtende Impfung debattieren, wird übersehen, dass in der Zwischenzeit Selbsthilfegruppen im Internet regelrecht überquellen. Und dort teilen sich verzweifelte Menschen, die man als Kollateralschaden im Dunkeln tappen lässt, ein und dasselbe Leid: Seit der Impfung sind sie nicht mehr gesund, und damit nicht genug, werden sie mit dieser Tatsache auch noch im Stich gelassen.