Es geht nicht um Öl
Diese drei Staaten wurden hier beispielhaft ausgewählt, um die unterschiedlichen Stadien und Methoden des Regime Change zu veranschaulichen. Es geht beim Regime Change nur scheinbar um Öl. Zwar sind Venezuela und Libyen Exporteure dieses Rohstoffes, das gilt für Syrien nur eingeschränkt und für Afghanistan oder Nordkorea, weiteren Zielen westlicher Sanktionspolitik, schon gar nicht. Zudem sind in den meisten Ölförder-Staaten westliche Konzerne bereits im Besitz der Förderrechte. Welchen Sinn machen da Straf-Sanktionen gegen solche Staaten?
Die USA sind mittlerweile durch das Fracking von einem Ölimporteur zu einem der größten Exporteure aufgestiegen. Es gibt Öl im Überfluss an den Weltmärkten. Weshalb also Geld in teuren Kriegen verschwenden, um das zu bekommen, worüber die westlichen Konzerne bereits zur Genüge verfügen? Zudem birgt jeder Krieg auch die Gefahr, dass er verloren geht.
Es geht um Marktzugang
Öl ist nicht knapp. Was aber knapp ist, sind Märkte für die Waren der westlichen Konzerne. Die Industrien des Westens verfügen über enorme Produktionskapazitäten, die wesentlich mehr herstellen, als die Märkte aufnehmen können. Aber viele Regierungen, zum Beispiel die chinesische, aber auch die russische, lassen Waren und Investoren und deren Geld nur zu ihren Bedingungen ins Land, zu Bedingungen, die der eigenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung dienen.
Im Aufstieg Chinas liegt ein weiterer Grund für die Enge der Märkte. Dessen Unternehmen treten mittlerweile gegenüber den westlichen Industrien auf allen Märkten der Welt als ebenbürtige Konkurrenten auf. Die Streitigkeiten, Zölle und sonstigen protektionistischen Maßnahmen zwischen den drei Wirtschaftsmächten der Welt, USA, China und EU, haben ihre Ursache darin, dass diese drei um die Märkte der Welt und die Zugänge zu den eigenen, heimischen Märkten miteinander konkurrieren.
Das Thema Marktzugang dominierte auf dem aktuellen „Belt and Road Forum“ in Peking, auch auf den in der zweiten Aprilwoche abgehaltenen Treffen zwischen China und der EU sowie China und verschiedenen europäischen Einzelstaaten, sowohl EU- als auch Nicht-EU-Ländern. Das bezog sich nicht nur auf den gegenseitigen Warenverkehr sondern besonders auch auf chinesische Investitionen in Europa. Diese Investitionen werden, wie die Beispiele Italiens und Griechenlands zeigen, für finanzschwache Staaten immer wichtiger.
Nicht umsonst gehen die protektionistischen Maßnahmen zwischen den drei Wirtschaftszentren gerade von den USA aus. Deren Unternehmen büßen zunehmend gegenüber China und der EU, hier im besonderen Deutschland, an Konkurrenzfähigkeit ein. Andererseits aber verfügen die USA über zwei unschlagbare Trumpfkarten in diesem Spiel: über den an Kaufkraft größten Markt der Welt und über die größten Streitkräfte der Welt. Beides setzen sie in unterschiedlicher Dosierung als Druckmittel ein, um ihre Konkurrenten in Schach zu erhalten, wenn die eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht mehr dazu in der Lage ist.
Vor allem die Sanktionen der USA, aber auch des Westens insgesamt, schädigen nicht nur die Wirtschaft der betroffenen Staaten sondern auch die eigene Industrie.
Welche enormen Möglichkeiten böten sich den westlichen Konzernen, ließen ihre Regierungen sie Handel treiben mit Russland, Iran oder allen anderen Sanktionsopfern und ließen sie dort investieren, wo Unternehmen und die sanktionierten Länder es selbst für richtig halten.
Aber dem stehen politische Erwägungen der westlichen Regierungen entgegen. Dazu gehören strategische Ziele wie im Falle Nordkoreas oder Afghanistans, in erster Linie aber sollen die betroffenen Staaten zu wirtschaftlichem Wohlverhalten gezwungen werden. Der Westen will die Öffnung der Märkte zu seinen Bedingungen, wie er es seit dem Zeitalter des Imperialismus gewohnt ist. Es reicht ihm nicht aus, sich den Interessen der Gaststaaten unterordnen zu müssen. Die Marktöffnung Chinas allein genügt ihm nicht mehr. Westliche Unternehmen wollen mehr Zugang haben zu den öffentlichen Ausschreibungen des Riesenreiches und seines Riesenmarktes. Sie wollen den ganzen Markt, nicht nur die Brosamen.
Hilfstruppen der Marktöffnung
Zu Beginn der 2000er Jahre war die Ausdehnung des Kapitalismus über die Gebiete der ehemaligen sozialistischen Staaten und Jugoslawiens weitgehend abgeschlossen. Russland begann, der hemmungslosen und unkontrollierten Eroberung des eigenen Marktes durch die westlichen Konzerne Schranken zu setzen. Das wurde im Westen nicht gerne gesehen, zumal er seine Produktionskapazitäten im Hinblick auf die weitere Erschließung des russischen Marktes stark ausgebaut hatte. Von da an nahmen die Feindseligkeiten gegenüber Russland zu. Aber Russland und China sind zu groß und zu stark, um sie zur Öffnung zu zwingen.
Jedoch gab es andere, schwächere Staaten ebenfalls mit Marktpotential, besonders im Nahen Osten. Staaten wie Libyen und Syrien waren nicht arm, verfügten sogar über erhebliche staatliche Überschüsse oder eine nur geringe Staatsverschuldung. Das bot nicht nur Raum für Konsum sondern auch für Staatsverschuldung. So umwarben die westlichen Staaten, allen voran Frankreich und Deutschland, zu Beginn der 2000er Jahre insbesondere Libyen, nachdem es vom Vorwurf freigesprochen worden war, den Terrorismus zu fördern, der der Aufnahme wirtschaftlicher Beziehungen im Wege gestanden hatte.
So lange es keine anderen Mittel gab, die Märkte zu öffnen, mussten die wahrgenommen werden, die zur Verfügung standen. Unter den damaligen Bedingungen war ein Krieg mit Syrien oder Libyen undenkbar, weil er keinen Sinn gemacht hätte: zu teuer und nicht Erfolg versprechend. Zudem wäre kein Volk in den westlichen Staaten bereit gewesen, einen Krieg zu unterstützen und seine Kosten und Opfer zu tragen.
Das änderte sich mit dem arabischen Frühling, der die Stabilität vieler Staaten von innen erschütterte. Dieses Szenario spielte den Interessen und Plänen der westlichen Staaten in die Hände. Denn nun konnte man Kräfte in den Ländern selbst — nicht zuletzt auch — militärisch unterstützen, die für die eigenen Ziele nützlich und nutzbar schienen, ohne das Blut der eigenen Soldaten vergießen zu müssen. Folgerichtig unterstützte man die Gegner Assads in Syrien und die Gaddhafis in Libyen.
Von diesen erhoffte man sich größere wirtschaftliche und politische Zugeständnisse, als die alten Herrscher zu gewähren bereit waren. Das war auch der Grund, weshalb man sich gegenüber den Gegnern Mubaraks in Ägypten zurück hielt. Was sollten die schon mehr bieten als das, wozu der Freund des Westens, Mubarak, nicht auch bereit gewesen wäre? Der Westen unterstützte den Regime Change durch die oppositionellen Kräfte in Syrien und Libyen, nicht aber den in Bahrein und anderen prowestlichen Staaten des Vorderen Orients, auch nicht in Ägypten. Den förderte man erst später — von Mursi zu al Sisi.
Hatte der „Wertewesten“ im Irak und Afghanistan noch eigene Truppen und Milliarden von Dollar einsetzen müssen, so fiel der widerspenstige Gaddhafi zu vernachlässigbaren Kosten, und gleiches erhoffte man sich auch in Syrien. Denn auch hier gab es Kräfte im Lande, deren Kampf gegen Assad sich mit den eigenen Interessen verbinden ließen. Und die Medien zuhause an der „Heimatfront“ unterstützen mit manipulierten Nachrichten den Kampf für Menschenrechte und gegen die blutrünstigen Diktatoren, womit nicht al Sisi sondern Assad und Gaddhafi gemeint war.
Nah-Ost nach dem Regime Change
Fast zehn Jahre nach dem Beginn des Arabischen Frühlings hat sich jedoch die Lage im Nahen Osten, aber auch die Weltlage insgesamt wesentlich verändert. Assad scheint mit Hilfe Russlands den Krieg gegen die innere Opposition sowie die ausländischen Kämpfer und Unterstützer zu gewinnen. Die NATO geht an ihrer Süd-Ost-Seite geschwächt aus diesem Krieg hervor. Die Türkei geht zunehmend auf Distanz zum Westen, weil sie sich von der NATO im Syrien-Konflikt allein gelassen fühlte und den Westen als Drahtzieher hinter dem Militärputsch von 2016 sieht. Ein Weiteres tragen die Sanktionen des Westens zur Entfremdung bei. Gleichzeitig hat sich das Verhältnis zwischen Russland und der Türkei deutlich verbessert.
Russland geht als der Gewinner aus den Konflikten im Nahen Osten hervor, die USA und der Westen haben an Einfluss und Ansehen verloren. Der Wiederaufbau Syriens findet im Moment noch ohne den Westen statt, der in seiner realitätsfernen Überheblichkeit immer noch glaubt, dass es ohne ihn nicht geht, und sich deshalb in der Lage wähnt, an seine Beteiligung am Wiederaufbau Bedingungen stellen zu können.
Libyen ist als Staat zerfallen. Die widerstrebenden gesellschaftlichen Kräfte, die Gaddhafi nur durch Anwendung von Zwang und Gewalt in einem staatlichen Verband zusammenhalten konnte, haben offenbart, dass Gaddhafi nicht der brutale Diktator war, als den ihn der Westen immer so gerne dargestellt hatte. Die schwierigen gesellschaftlichen Bedingungen zwangen ihn zu solchen Maßnahmen, wollte er nicht die staatliche Einheit des Landes gefährden.
Die vom Westen eingesetzte Regierung, die nur der Westen selbst anerkennt, ist diesen Bedingungen nicht gewachsen. In ihrer Bedeutungslosigkeit ist sie angewiesen auf die Duldung und Unterstützung von Kräften, die weder über eine demokratische Legitimation noch über rechtsstaatliches Denken verfügen. Nun nimmt General Haftar die staatliche Einigung Libyens mit Gewalt in Angriff, also mit denselben Mitteln, um derentwillen Gaddhafi vom Westen angefeindet und letztlich ermordet worden war.
Haftar scheint die einzige Kraft zu sein, die den Wunsch der Libyer nach gesicherten Verhältnissen und Stabilität gewährleisten kann. In Frankreich und den USA, wo er etwa 20 Jahre lebte und deren Geheimdienst er über diese Zeit verbunden war, hat er anscheinend nun auch Unterstützer aus den Reihen des Wertewestens gefunden. Da scheint es nun nicht mehr zu stören, dass er wie Gaddhafi mit den Mitteln der Gewalt eine Lösung herbeizuführen versucht, die diejenigen im Westen in den vergangenen Jahren nicht erreichen konnten, die sich in der Behauptung gefielen, dass der Konflikt nur politisch zu lösen sei. Auch Gewalt kann manchmal eine Lösung sein. Das wird dort akzeptiert, wo sie im Interesse des Westens angewendet wird.
Deutung des Regime Change
Waren die ersten Versuche nach dem Ende der Sowjetunion noch erfolgreich, so hat sich die Stimmung in der Welt angesichts der Verlogenheit, mit der der Wertewesten den Regime Change als „humanitäre“ Intervention zu rechtfertigen versuchte, erheblich gewandelt. In Afghanistan und Irak war der Westen nur durch die Anwendung von militärischer Gewalt erfolgreich.
Aber trotz der Unterstützung durch Regierungen, die weitgehend auf das Betreiben des Westens zurückgehen, werden die erwünschten Ergebnisse nicht erreicht. Der Irak ist weiter instabil und war sogar von den wenigen Tausend Kämpfern des IS 2015 in seiner Existenz bedroht. Die irakische Armee war nicht bereit, für eine Regierung zu kämpfen, die sie weniger als Ausdruck des irakischen Volkswillen sah sondern vielmehr als der Interessen der westlichen Staaten.
In Afghanistan gelang es den westlichen Truppen nicht trotz der Unterstützung durch eine prowestliche Regierung, die Taliban zu besiegen. Die Taliban sind heute stärker denn je, sodass die USA an der afghanischen Regierung vorbei mit den Aufständischen über einen ihr Gesicht wahrenden Rückzug aus dem Krieg verhandeln müssen. Und es sieht nicht danach aus, dass die USA den Gang der Verhandlungen bestimmen.
Gelingt es den USA und dem Westen schon nicht, einen Regime Change in einer Gesellschaft durchzusetzen, wo sie auf die Unterstützung einer im wesentlichen vom Wertewesten bestellten Regierung setzen kann, so sind sie noch weniger erfolgreich in Ländern, wo die Regierung im Verbund mit der Mehrheit der Gesellschaft sich gegen diesen Umsturz zur Wehr setzt. Beispielhaft dafür stehen Syrien und Venezuela.
Syrien hat den Umsturzversuch des Westens bisher dank russischer und iranischer Unterstützung erfolgreich abwehren können, dafür aber einen hohen Tribut gezahlt. Das Land, besonders die größeren Städte sind stark zerstört, siehe Homs und Aleppo. Es gibt hunderttausende Tote und Verletzte, Millionen Flüchtlinge, wobei gerade die Flucht qualifizierter Kräfte, die nun auch noch an der Rückkehr gehindert werden, der Wirtschaft erheblichen Schaden zugefügt hat und den Wiederaufbau des Landes erschwert.
In Venezuela ist der Eingriff des Wertewestens noch nicht so weit vorangeschritten. Noch beschränken sich besonders die USA darauf, die Wirtschaft durch Sanktionen und Sabotageakte zu stören. Wenn man glaubt, in Guaidó einen Mann gefunden zu haben, der die Opposition einen und als kompakte Kraft gegen Maduro führen kann, so ist fraglich, ob dessen Anhänger bereit sind, das eigene Leben auf Spiel zu setzen, wie es bei den Gegnern Assads der Fall war.
Wenn auch die Opposition in Caracas Maduro die Pest an den Hals wünscht, so scheinen seine meist wohlhabenden Gegner ein angenehmes Leben dem Kampf auf Leben und Tod den Vorzug zu geben, zumal auch ihnen nicht klar ist, wessen Interessen letztlich der vollmundige Guaidó vertritt. Trotz aller Feindschaft gegenüber Maduro scheinen die meisten Venezolaner nicht gewillt, für einen Bürgerkrieg den Blutzoll zu zahlen, bei dem nicht klar ist, wessen Interessen er letztlich dient.
Guaidós vollmundige Erklärungen haben anfangs die Massen begeistert und auch die Politiker und Medien im Westen, alle Feinde Maduros und des Systems, das sie als sozialistisch ansehen. Aber der Messias der US-Interessen scheint nicht erfüllen zu können, was er seinen Landsleuten versprach. Die Hilfsmittel der USA kamen nicht ins Land, die angekündigten hunderttausende Unterstützer haben den Transport über die Grenze nicht durchsetzen können, die Armee hat sich nicht von Maduro losgesagt, und das Licht kam nach den Anschlägen auf die Stromversorgung nicht durch ihn, Guaidó, zurück sondern durch das Regime, dem er Inkompetenz vorwarf.
Auch der von ihm angekündigte Marsch auf Caracas ist bis heute ausgeblieben, obwohl er schon mehrmals angekündigt wurde und demnach längst die Hauptstadt hätte erreicht haben sollen. Guaidó entpuppt sich zunehmend als Maulheld wie sein Unterstützer Trump. Der Regime Change durch Guaidó scheint vorerst auszubleiben, wenn er denn überhaupt stattfinden wird. Doch darf das nicht vorschnell ausgeschlossen werden angesichts der massiven Gewalt gegen die venezolanische Wirtschaft, die Washington immer aggressiver einsetzt.
Fazit
Die Regime Change-Versuche Washingtons und des Westens allgemein geraten immer häufiger und immer früher ins Stocken. Trotz geglückter Versuche wie in Libyen, Afghanistan und Irak droht dort die Rückkehr in alte Verhältnisse. Das ist noch die bessere Alternative. Schlimmer sind für den Westen die Ergebnisse ihrer Regime Change-Versuche in Syrien und Libyen, wo Amerikaner und der Westen an Einfluss verlieren, Russen und Chinesen aber gewinnen. Immer häufiger müssen sie wie in Venezuela unter dem wütenden Schnauben des blindlings und hysterisch um sich schlagenden Washingtons abgesagt oder aufgeschoben werden, bis günstigere Bedingungen geschaffen worden sind.
Regime Change scheint unter den weltweit veränderten Bedingungen schwieriger geworden zu sein. Russland ist militärisch, aber auch wirtschaftlich erstarkt. Chinas Finanz- und Wirtschaftskraft drängt in allen Teilen der Welt den Einfluss des Wertewestens zurück und macht dadurch die Gastländer vom Westen unabhängiger. Des Weiteren misstraut die Öffentlichkeit in den Ländern des Wertewestens dem Menschenrechtsgefasel der eigenen Regierungen immer mehr. Russland und China sind beliebter als die USA, die immer häufiger als Störenfried für das Zusammenleben der Völker empfunden werden.
Und genau daher rührt die Schwäche des Wertewestens. Wenn er auch militärisch immer noch allen Kontrahenten und Konkurrenten überlegen ist, auch in den meisten wirtschaftlichen Bereichen, so verliert er zunehmend die Unterstützung der eigenen Bevölkerung. Kriege wie seinerzeit in Vietnam und Korea sind nicht mehr durchsetzbar und führbar.
Selbst die USA müssen darauf achten, dass die eigenen Opferzahlen nicht zu hoch werden, ganz zu schweigen von den Deutschen und anderen Europäern. Die Völker des Westens sind nicht mehr bereit, die eigenen Kinder zu opfern für wirtschaftliche Interessen oder die sogenannten westlichen Werte.
Um Regime Change durchzuführen ist der Wertewesten auf Kräfte in den Gesellschaften angewiesen, die bereit sind, sich für die Interessen des Westens zu opfern. Auch deren Zahl wird geringer, weil sich die USA im Irak, Afghanistan und zuletzt auch in Syrien als unzuverlässiger Kantonist erwiesen haben, die mitten im Fluss die Pferde wechseln — wie seinerzeit im ersten Irak-Krieg — und Verbündete der Rache des Gegners überlassen.
Andererseits werden solche militärischen Aktionen für die USA und den Westen selbst immer unkalkulierbarer, weil die unterstützten Kräfte wie die Mudjaheddin in Afghanistan oder die Rebellen in Syrien auch die USA für die eigenen Interessen benutzen. Die Waffen, die den Mudjaheddin einst gegeben wurden, um die Sowjetunion in Afghanistan zu bekämpfen, richteten sich später gegen die westlichen Soldaten im Krieg gegen den Terror, den der Westen dem Land erklärt hatte.
Ähnlich war die Entwicklung in Syrien, als Rebellengruppen, die vom Westen mit Waffen für den Kampf gegen Assad ausgerüstet worden waren, sich zum IS zusammenschlossen und — enttäuscht über die mangelhafte Unterstützung des Westens — nun nicht mehr gegen Assad kämpften, sondern gegen das schwächere Bagdad marschierten. Nur unter Aufbietung der letzten Kräfte der irakischen Armee, der US-Streitkräfte und vor allem iranischer Hilfstruppen konnte der IS gestoppt werden.
Der Westen muss sich bei seinen militärischen Aktionen auf solche unsicheren Kräfte stützen, weil er sich nicht mehr auf die Zustimmung der eigenen Völker stützen kann. Diese sind nicht mehr bereit, militärische Abenteuer zu finanzieren und dafür Opfer zu bringen, weder finanzielle noch Menschenleben.
Die Völker des Westens misstrauen den eigenen Regierungen und dem Gerede von der Überlegenheit der eigenen Werte, die ihre Vertreter ständig im Munde führen. Denn sie sehen diese Werte in ihrem eigenen Alltag nicht verwirklicht. Sie sind nicht bereit, für ihre Regierungen Opfer zu bringen, in Kriegen, die diese angeblich für die „westlichen Werte“ führen.
**Veranstaltungshinweis:
Syrien, Venezuela, Libyen — Grenzen des Regime Change
Veranstalter: Jenny-Marx-Gesellschaft Trier
Referent: Rüdiger Rauls
Termin: 8.5.2019, um 19:30 Uhr
Gasthaus Ternes, Domänenstr. 54, Trier