„Antisemitismus, der sich als Israelkritik tarnt“?
In der Neue Zürcher Zeitung, NZZ am Sonntag vom 13. Februar 2022 nannte Melody Sucharewicz den Bericht von Amnesty International über Israel „Antisemitismus, der sich als Israelkritik tarnt“. Melody Sucharewicz ist deutsch-israelische Beraterin für politische Kommunikation und Strategie, zuletzt war sie außenpolitische Beraterin von Israels Kriegsminister Benny Gantz. Sucharewicz ist der Meinung, die einzige Demokratie im Nahen Osten werde durch Amnesty verunglimpft, Amnesty helfe den Extremisten. Applaus verdiene Deutschland, „das ein klare Haltung zeige und sich vom antisemitischen Machwerk von Amnesty International distanziert habe. Im eigenen Interesse sollten weitere europäische Regierungen diesem Beispiel folgen“ (1).
Der Amnesty-Bericht zu Israel dokumentiert auf 182 Seiten das Ausmaß der Apartheid gegen die Palästinenser in Israel und in der Westbank (2).
Lesen Sie diesen Bericht selbst und bilden Sie sich ein eigenes Urteil, ob dieser Report wirklich antisemitisch ist, „der sich als Israelkritik tarnt“, wie Melody Sucharewicz in der NZZ am Sonntag schreibt.
This is Palestine … is this Palestine? — Das ist Palästina … ist das Palästina?
Henriette Hanke Güttinger wurde 2018 im Rahmen von Peace Watch Switzerland und HEKS-EPER, als Menschenrechtsbeobachterin nach Palästina entsandt. Die Abkürzung HEKS steht für Hilfswerk der evangelischen Kirche und EPER für L‘Entraide Protestante Suisse. Sie war in dieser Zeit mit einem Team in Tulkarem im Norden der Westbank stationiert und hat notiert, was sie während dieser Zeit dort gesehen, erlebt und gehört hat. Diese Notizen verwendete sie für das Buch „This is Palestine … is this Palestine? Das ist Palästina … ist das Palästina?“ ein Bericht aus dem besetzten palästinensischen Gebiet, mit einem Vorwort von Ilan Pappe.
Wer sich ein Bild machen will über die Zustände in Palästina unter der israelischen Besatzung, sollte auch diesen Bericht von Henriette Hanke Güttinger lesen.
Israelische Soldaten, die nicht mehr schweigen wollen
Auch die Augenzeugenberichte der israelischen Soldaten, festgehalten im Buch „Breaking the Silence“, das Schweigen brechen, dokumentieren, was in Palästina vorgeht. Es sind Zeugnisse von israelischen Soldaten über ihre Erlebnisse während ihres Dienstes in den besetzten Gebieten. (3)
Breaking the Silence, Israelische Soldaten berichten von ihrem Einsatz in den besetzten Gebieten, Ullstein Buchverlage, Econ Verlag, Berlin 2012
Im Juni 2015 organisierte „Breaking the Silence“ in der Helferei in Zürich eine Ausstellung und Vorträge. Sie ließ die Mitglieder der Besatzung sprechen, israelische Soldaten, zeigte Bilder und Videos (4).
Der Bericht von Amnesty International über Israel, die Beobachtungen von Henriette Hanke Güttinger und die Schilderungen von israelischen Soldaten können nicht einfach als „Antisemitismus, der sich als Israelkritik tarnt“ abgetan werden, wie Melody Sucharewicz in der NZZ am Sonntag meinte.
Wie können West und Ost, Nord und Süd Israel unterstützen, damit ein Land entsteht, in dem Palästinenser und Israelis gleichberechtigt zusammenleben können? Durch das Verschweigen der Menschenrechtsverletzungen Israels? Durch weitere Waffenlieferungen, die Bewaffnung der Apartheid Israels (5)?
Weiter stillschweigend die Landnahme und den Bau von neuen Siedlungen in der Westbank akzeptieren, die Beschlagnahmung von Land und Häusern von Palästinensern? — Sicher nicht! (6)
Quellen und Anmerkungen:
(1) „Das ist Antisemitismus, der sich als Israelkritik tarnt“ von Melody Sucharewicz, NZZ am Sonntag, 13. Februar 2022
(2) www.amnesty.at/news-events/amnesty-bericht-zu-israel-zeigt-ausmass-der-apartheid-gegen-palaestinenser-innen/
(3) www.breakingthesilence.org.il
(4) www.tagesanzeiger.ch/kultur/israelische-soldaten-die-nicht-mehr-schweigen-wollen/story/20461596
(5) https://caat.org.uk/wp-content/uploads/2020/07/arming-apartheid.pdf
(6) Nicht mehr bereit, Besatzung und Diskriminierung in Kauf zu nehmen. Stoppt Kriegsmaterialexporte nach Israel und überall hin. Heinrich Frei, nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27489