Die Situation
Die Transformation der Gesellschaft ist nicht mehr länger nur eine Utopie oder Wunschvorstellung, sondern beginnt, erlebbare Realität zu werden. Das von der besitzenden Klasse propagierte alternativlose Lebensmodell, welches durch Produktion und Konsum kennzeichnet und stets der obersten Maxime des Wachstums verpflichtet ist, erodiert nicht mehr länger nur an seiner Peripherie, sondern durch die gesamte Gesellschaft hindurch.
Trauen wir uns die Perspektive einzunehmen, dass der Wandel der Gesellschaft sich verstärkt und das bisher für wirklich gehaltene Wiederaufleben des Biedermeier-Zeitalters gar nicht existiert. Denn unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit kreiert diese für uns, die Gesellschaft und unsere Welt sind abhängig von der Perspektive, die wir einnehmen. Tatsächlich existieren sie nur als Wahrnehmung, nicht aber als objektive Realität.
Wer immer alles schwarz malt, wird eine hoffnungslose, verbitterte und von Angst gekennzeichnete Dystopie seinen Alltag nennen. Wer hingegen weiß, wie die Menschheit sich seit Jahrtausenden im Spiel von Aktion und Reaktion im Kampf um Freiheit und ein selbstbestimmtes Leben befindet, und diesen Kampf Schritt für Schritt unumkehrbar weiterführt, gewinnt einen ganz anderen Blick auf die Realität.
Unsere durch den Ökozid und apokalyptische gesellschaftliche Zustände geprägte Zeit fordert uns vor allem zu einem auf: den Kampf endlich zu Ende zu führen und die Utopie endlich Wirklichkeit werden zu lassen! Weder werden die da oben das für uns tun, noch eine kritische Masse irgendwann in der Zukunft, wenn es schon zu spät ist.
Wir müssen unser eigenes Schicksal, und damit verknüpft jenes der kommenden Generationen, endlich selbst in die Hand nehmen.
Den Widerstand der Besitzenden und des politischen Systems, das jene repräsentiert, diesen Widerstand gegen unsere Befreiung aus der Lohnabhängigkeit und gegen politische Selbstbestimmung, handeln wir uns nicht erst damit ein – dieser begleitet uns, wie gesagt, schon seit Jahrtausenden.
Was haben wir also zu verlieren? Wenn wir nichts tun: das Leben auf Erden, inklusive der Menschheit!
Der Lösungsweg
Unsere wirklichen Möglichkeiten zur Transformation sind vielfältig. Zum einen haben wir durch das Internet erstmals die Möglichkeit uneingeschränkten Wissens- und Informationsflusses sowie Vernetzungsmöglichkeiten, zum anderen ist die Macht des Staates, und damit jene der besitzenden Klasse über die besitzlose – im historischen Vergleich noch gering.
Lassen wir uns von der Dauerpropaganda des medialen Mainstreams nicht einlullen, und auch nicht von der kapitalistischen Gesellschaftsordnung einschüchtern! Die Mächtigen sind keine Politiker, Banken und Großkonzerne, sondern wir selbst, denn wir bestimmen unser Leben und unser Schicksal.
Warum sollen wir uns von Verlustängsten bezüglich des Rufs, der beruflichen Karriere oder auch der finanziellen Existenz leiten lassen, wenn klar ist, dass es überhaupt kein Überleben auf Erden mehr geben wird, wenn wir den Wandel nicht verwirklichen?
Und warum sollten wir nicht dem Guten vertrauen können, egal ob man es nun als Gott, kosmische Intelligenz, allesumfassende Liebe oder einfach Mutter Erde konzipiert? Nehmen wir diese Perspektive ein, gibt uns das Mut und macht uns „unantastbar“; glauben wir hingegen hoffnungslos und machtlos der Apokalypse entgegenzustehen, so wird dies unsere Lebenswirklichkeit. Es reicht nicht aus, lediglich Kritik an den herrschenden Zuständen zu üben, aber weiterhin in deren Tretmühlen gefangen zu bleiben. Stattdessen müssen wir wieder lernen, Schritt für Schritt selbstständig zu überleben und zu leben, und zwar in allen Bereichen.
Ein erster Schritt wäre die Verweigerung der Beteiligung an jedweder gesteuerten politischen Beteiligung, wie der Bundestagswahl, oder der Einteilung in Gruppierungen wie ,,für“ oder ,,gegen“ Flüchtlinge zu sein. Das ,,System“ hält scheinbar für alle und jede Bewegung die passende Kategorisierung und Organisation parat; dort trifft man dann auf Gleichgesinnte, kapselt sich vom Rest der Gesellschaft ab und bestärkt sich gegenseitig darin, auf der richtigen und vor allem entscheidenden Seite zu stehen.
Keine linke Sammlungsbewegung, keine linksradikale Organisation, keine Partei, nicht einmal die Friedensbewegung kann das für uns tun, was wir selbst tun müssen – Souveränität gewinnen und das kapitalistische System überwinden.
Und zwar genauso radikal, wie sich das anhört. Verantwortung abschieben funktioniert nicht – wir müssen wieder lernen, eigenverantwortlich zu handeln.
Die Herausforderung
Der nächste, schwierigste Schritt, ist die eigene Befreiung aus überflüssiger Produktion und unnötigem Konsum.
In unserer Gesellschaft entscheidet die Bereitschaft, sich den kapitalistischen Umständen anzupassen, darüber, welche Position wir einnehmen dürfen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir überhaupt keine Position einnehmen können, wenn wir nicht bereit sind diese Umstände zu akzeptieren – zumindest keine, die wir von außen zugewiesen bekommen.
Jemand, der Kindern weder Empathie aberziehen noch sie zur konformen Anpassung und Unterordnung in unserer Leistungsgesellschaft konditionieren will, kann kein staatlicher Lehrer werden. Aber da Kinder und Jugendliche wissen müssen, in welcher Situation sich unser Planet und unsere Gesellschaft befinden, müssen sie selber denken lernen und Selbstbewusstsein entwickeln, um sich der Unterordnung verweigern zu können.
Dafür braucht es echte Lehrer! In unserem Bildungssystem wird jedoch echte Pädagogik gezielt strukturell verunmöglicht. An den Universitäten wird die totale Selbstentfremdung und reine Rezitation von Vorgegebenem dann zur zwangsläufigen Grundlage für ein „erfolgreiches“ Studium. Der Mensch wird auf eine Bewertung nach vorgegebenen Maßstäben reduziert.
Auch auf dem Arbeitsmarkt gibt es so gut wie keine Möglichkeiten zur eigenen Entfaltung, alles ist unantastbar und unbeweglich strukturiert und kategorisiert dem Leistungsprinzip, also der unendlichen Kapitalakkumulation der besitzenden Klasse, untergeordnet.
Für die besitzlose Klasse heißt es: Friss oder Stirb! Dieser gesamtgesellschaftliche Zustand wird so lange bestehen bleiben, wie wir es zulassen. Doch: Solidarität statt Egoismus, Gewissen statt Karriere, Glücklichsein durch Lebensfreude anstelle von Konsum sind Konzepte, die einen Ausweg ermöglichen.
Selbstverständlich können wir ohne Geld – noch – nicht überleben, müssen es also irgendwie erwirtschaften beziehungsweise erarbeiten. Aber wenn wir uns auf den schrittweisen Ausstieg aus der Lohnabhängigkeit fokussieren, anstatt immer nur dem Geld hinterherzurennen, können wir neue Wege für uns und andere verwirklichen. Es liegt in unserer Hand, denn für uns wird das niemand tun.
Das Ende der Megamaschine
Diesem Lebensmodell konträr gegenüber steht das propagandierte „Schafmenschentum“: Mit zahllosen angebotenen Möglichkeiten zur Realitätsverdrängung und Ablenkung sowie durch Korruption und Einschüchterung wird es zur Beteiligung an der Vernichtung des Lebens auf der Erde gezwungen.
Mit unserem Gegenentwurf wird jedoch keine Parallelgesellschaft kreiert, denn was in Einklang und Harmonie mit der Natur und dem Leben ist, ist sicher nicht parallel; die Perspektive auf die globale Megamaschine der Vernichtung als paralleles System zur natürlichen Ordnung ist weitaus logischer.
Diese Maschine ist übrigens auch bei weitem nicht so alt, wie versucht wird zu vermitteln: Etwa 2.000 Jahre in Mitteleuropa sind im Vergleich zur Geschichte des Homo sapiens eine verdammt winzige Zeitspanne.
Aus den Zwängen befreien
In der heutigen Zeit, in der mittlerweile fast alle Lebensbereiche kapitalisiert worden sind und der Doktrin der Profitmaximierung unterliegen, bedeutet das konkret, sich auch aus all diesen Zwängen befreien zu müssen. Die Liste ist lang.
Die Nahrungsversorgung muss wieder regional und direkt organisiert werden. Ein erster Schritt dazu wäre, auf Fleisch zu verzichten, oder zumindest – soweit möglich – nur noch Biofleisch zu kaufen. Der nächste Schritt ist, die eigene Ernährung komplett auf Bio umzustellen sowie nur noch in Supermärkten ohne Verpackungen einkaufen zu gehen, zumindest soweit dies der eigene Geldbeutel zulässt.
Jeder, der möchte , kann sich eine Fläche zum Anbau von eigenen Nahrungsmitteln organisieren, der Gang zum Supermarkt ist dann keine Zwangsläufigkeit mehr. Ganz nebenbei schmecken die Erzeugnisse aus dem eigenen Garten auch viel besser, und sind gesünder – Verzicht ist das nicht. Auch in den Städten ist ein Beitrag dazu prinzipiell möglich, nur bedarf es hier einer größeren Vernetzung, um aus dem als Urban Gardening bekannten Trend mehr als ein nur ein ästhetisches Gimmick zu machen.
Für urbane Gebiete bedarf es der Kooperation mit dem umliegenden Land; die Kontrolle über diese Wirtschaftskreisläufe muss in den Händen der handelnden Akteure bleiben, und darf nicht, wie derzeit, von globalen Großkonzernen diktiert werden. Mit der Zeit können so immer mehr Lebensmittel regional produziert werden, und gemeinsam kann so längerfristig eine unabhängige und vor allem umweltverträgliche Nahrungsversorgung realisiert werden.
Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass diese Art des Wirtschaftens in Mitteleuropa über Jahrtausende großen Teilen der Bevölkerung Unabhängigkeit von außen und Prosperität ermöglichte, riesige Kathedralen aus Stein konnten so zum Beispiel im Hochmittelalter finanziert werden.
Auch die Produktion von Konsumgütern und Gebrauchsgegenständen des Alltags muss wie die Nahrungsmittelproduktion wieder lokal und regional neu strukturiert werden.
Märkte, die es ja bereits oder immer noch gibt, ermöglichen dann einen Austausch dieser Güter in der Bevölkerung.
Weiterhin wird es notwendig, ein eigenes Zahlungsmittel zu entwickeln, das den Menschen aber lediglich als Wert-Orientierung und -Speicher dient und ihrer Kontrolle unterliegt, und dass nicht andersherum der Mensch dem Geld beziehungsweise den Banken dient und von ihnen kontrolliert wird.
Zinssysteme und ungedeckte Währungen wie das Giralgeld sind destruktive Mechanismen, die keiner demokratischen Kontrolle unterliegen. Sie zeigen damit auf, dass das heutige Finanzsystem seine ursprüngliche Funktion längst verloren hat und daher keine Legitimation mehr besitzt.
Nicht-Kooperation
Parallel zu dieser schrittweisen Verwirklichung neuer gesellschaftlicher Strukturen müssen die alten durch Nicht-Kooperation zum Stillstand gebracht werden. Es macht wenig Sinn, nur noch im Biomarkt zu kaufen, die Grünen zu wählen und sich als naturverbunden zu beschreiben, sich dann aber alle drei Jahre ein neues Auto zu kaufen und zweimal pro Jahr in den Urlaub zu fliegen.
Die Nicht-Kooperation mit der kapitalistischen Gesellschaftsordnung beschreibt also zum einen die Verweigerung, sich ständig Neues zu kaufen – Amazon Prime braucht kein Schwein – und zum anderen, soweit wie möglich, die eigene Leistungskapazität keiner fremden Profitgenerierung mehr zur Verfügung zu stellen.
Das muss jeder Einzelne mit eigenen Möglichkeiten und Wegen umsetzen, da die Umstände und Voraussetzungen individuell unterschiedlich sind, und genauso wie der Entzug von Produktion und Konsum, muss auch die Nicht-Kooperation in allen kapitalisierten Lebensbereichen umgesetzt werden.
Wer zum Beispiel lieber mit öffentlichen Verkehrsmitteln statt im Individualverkehr unterwegs ist, sollte sich fragen, wie fair es ist, dass man für Fahrkarten zahlen muss. In der UN-Charta wird die Wahrnehmung des Menschenrechtes auf Mobilität nicht mit vorherigem finanziellen Aderlass als zwangsläufige Voraussetzung verbunden.
Das ist Erschleichen von Leistung. Und da öffentliche Verkehrsmittel, wie der Name schon sagt, im öffentlichen Interesse sind, ist es Aufgabe des Staates diese auszubauen und zu finanzieren, und nicht die der Bus- und Bahnfahrer. Klar ist aber, dass die Umsetzung dieser Umstrukturierung ohne praktische Solidarität nicht möglich sein wird.
Wir müssen uns gegenseitig absichern und aufeinander zugehen, wieder lernen zu teilen statt zu horten und uns gegenseitig alle als Menschen zu akzeptieren, denn keiner von uns ist perfekt und ohne Fehler. Nur miteinander und nicht gegeneinander können wir den Kurs ändern. Wir müssen uns immer darüber im Klaren sein, dass die besitzende Klasse alles in ihrer Macht stehende tun wird, um die Revolution von unten aufzuhalten, sie zu kontrollieren, und sie zu bekämpfen.
Es müssen also immer Rückzugsmöglichkeiten, Absicherungen und die Verunmöglichung jedweder Kontrolle zum Beispiel durch Unterwanderung gegeben sein, was zum Beispiel die Gründung einer neuen politischen Partei oder Organisation ausschließt.
Abhängig von dem Grad, mit welchem wir uns wirklich mit Recht als vollkommen unabhängige und unkontrollierbare Individuen bezeichnen können, macht es Sinn, neue politische Strukturen zu entwickeln. Ohne die eigene Lebenswirklichkeit unter anderem hinsichtlich Produktion und Konsum ändern zu wollen, macht es jedenfalls überhaupt keinen.
Die Masse besteht aus Einzelnen, und immer sind es Einzelne, die den ersten Schritt tun. Jeder allein kann alles verändern. Sind wir bereit, dafür die Macht zu ergreifen und Verantwortung zu übernehmen, um Menschheit und Erde zu retten, oder trauen wir uns nicht?
Wenn nicht jetzt, wann dann – wenn nicht wir, wer dann?