Erdrückende Indizien belegen einen Zusammenhang zwischen dem Finanzsektor und den negativen Entwicklungen in den letzten vier Dekaden. Daher muss spätestens jetzt die Frage erlaubt sein, ob die Welt diesen Finanzsektor überhaupt braucht.
Diese Frage ist Gegenstand meines aktuellen Buches zu diesem Thema (1). Im Folgenden konzentriere ich mich auf empirische Darlegungen von zentralen Thesen der Kapitel 5 und 6 des Buches mit einer Fülle von meines Erachtens neuen Erkenntnissen. Die analytischen und historischen Kapitel 1 bis 4 sowie das Kapitel 7 zur „Postkapitalistischen Gesellschaftsordnung“ werden hier nicht wiedergegeben.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Jedes Wirtschaftssystem ist auf eine effiziente Geld- und Kreditversorgung angewiesen. Gemeint ist hier aber jener Finanzsektor, der sich seit Mitte der 1980er Jahre im globalen Kapitalismus als Anlagesphäre für überschüssige Gewinne der Unternehmer, für Immobilien- und Rohstoffrenten der Konzerne und Ölstaaten herausgebildet und sich von der Realwirtschaft abgekoppelt hat. Um die hier gestellte Frage zu beantworten, werden zunächst die Veränderungen in den drei zentralen Bereichen der hoch entwickelten kapitalistischen Staaten wie Einkommensverteilung, Beschäftigungsentwicklung und Staatsverschuldung in den letzten vier Dekaden nachgezeichnet.
Ungleiche Einkommensverteilung
Der Aufbau des Sozialstaates in den kapitalistischen Industrieländern seit 1945 hat nicht nur das ramponierte Image des Kapitalismus beseitigt, das durch die erste Weltwirtschaftskrise und die zwei Weltkriege hervorgerufen worden war. Er hat auch seine Überlegenheit gegenüber dem Staatssozialismus sowjetischer Prägung hinsichtlich der sozialen Gerechtigkeit unter Beweis gestellt. Neben einer effizienten Versorgung mit Konsumgütern wurde auch die sukzessive Angleichung von Einkommen zu global anerkannten positiven Merkmalen des Kapitalismus.
Es wäre sicherlich nicht übertrieben anzunehmen, dass diese beiden Faktoren, bessere Güterversorgung und mehr soziale Gerechtigkeit, für die Erosion der politischen Legitimation des Staatssozialismus in der Sowjetunion und Osteuropa ausschlaggebend waren. Mit dem Siegeszug des Neoliberalismus in den 1980er Jahren hat sich jedoch – das kann heute nach vier Jahrzehnten Erfahrung klar festgestellt werden – dieser Trend in sein Gegenteil verkehrt.
Das Wirtschaftswachstum sank in den wichtigsten kapitalistischen Staaten von 3 bis 11 Prozent des BIPs in den Jahren 1950 bis 1975 und auf 0,5 bis 2 Prozent von 1975 bis 2015 dramatisch ab. Sinkende Wachstumsraten spiegelten gewissermaßen die grenzüberschreitende Tatsache wider, dass nach mehreren Dekaden hoher Wachstumsraten allmählich die Grenzen des Wachstums erreicht worden sind.
Dennoch wurde der Sozialstaat als Wettbewerbshindernis und sogar Ursache der Wachstumskrise hingestellt. Mit dem populistischen Argument „Wir leben über unsere Verhältnisse“ wurde der Sozialstaat massiv abgebaut.
So stagnierte die Staatsquote seit 1980 um die Spannweite zwischen 35 und 45 Prozent oder sie sank sogar – mit der einzigen Ausnahme von Frankreich – in allen übrigen großen kapitalistischen Staaten unter diese Quote. Die neoliberale Demagogie, der Sozialstaat bevormunde Menschen, er stelle ein großes Wettbewerbshindernis dar, blockiere die individuelle Persönlichkeitsentwicklung und die individuelle Freiheit, trug mit dazu bei, die Hemmschwelle von Leistungskürzungen massiv herunterzusetzen.
So haben die Regierungen, mit der Rückendeckung der Unternehmer in den USA, in Großbritannien, USA und Deutschland die hart erkämpften sozialen Leistungen, wie zum Beispiel die Renten, gekürzt, Arbeitgeberanteile an der Rentenversicherung sowie zahlreichen Vergütungen wie die Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe gekürzt oder ganz gestrichen.
Keine Frage, der Abbau des Sozialstaates kommt einer Senkung des Einkommens und der Kaufkraft großer Bevölkerungsteile gleich. Die Hauptverantwortung für die zunehmende Einkommensungleichheit in den letzten vier Dekaden tragen jedoch die sinkenden Lohnquoten und deshalb steigende Gewinnquoten in allen großen kapitalistischen Staaten.
Bewegte sich die Lohnquote in den genannten Staaten im Zeitraum 1950 bis 1975 zwischen 58 und 78 Prozent und betrug umgekehrt die Gewinnquote zwischen 42 und 22 Prozent, so sank die Lohnquote ab 1975 drastisch und pendelte sich im Zeitraum 2000 bis 2015 auf das Niveau zwischen 53 und 60 Prozent ein. Umgekehrt erhöhte sich die Gewinnquote im gleichen Zeitraum auf das Niveau zwischen 40 und 47Prozent. Diese systematische Umverteilung von unten nach oben erreichte unvorstellbare Ausmaße. Um sie in unserer Phantasie vorstellbar werden zu lassen, sei hier beispielhaft genannt, dass allein im Zeitraum 1991 bis 2012 die Summe, die in Deutschland den abhängig Beschäftigten aus der Tasche gezogen und den Unternehmen zugeschustert wurde, circa 15 Tausend Milliarden Euro ausmachte.
Wollte man diesen Betrag auf die OECD-Staaten im Zeitraum 1980 bis 2012 übertragen, so würde sich ein Betrag von 30,3 Tausend Milliarden US-Dollar ergeben. Kein Wunder also, dass die Einkommensschwachen in den reichen Staaten – und in der gesamten Welt – in den letzten Dekaden ärmer und die Reichen reicher geworden sind. Kein Wunder auch – wie eine Studie von Oxfam ergab –, dass in 2016 die 8 reichsten Personen der Welt – allesamt Männer – zusammen 426 Milliarden US-Dollar besaßen, während die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung gemeinsam über 409 Milliarden US-Dollar verfügte (2).
Wie Thomas Pikettys Langzeitstudie zeigt, hat es in der Geschichte des Kapitalismus zweimal auffallend wachsende Einkommensungleichheiten gegeben: Anfang des 20. Jahrhunderts und in der gegenwärtigen Epoche, die in den 1980er Jahren ihren Anfang genommen hat (3). Damals mündete die wachsende Einkommensungleichheit in die Weltwirtschaftskrise 1929. Und jetzt wiederholt sich die Geschichte seit der globalen Finanzkrise von 2008.
Der Kapitalismus der Nachkriegsära hat offensichtlich seinen sozialen Glanz verspielt. Das ordoliberale Credo „Wohlstand für Alle“ hat sich in den letzten Dekaden klammheimlich, aber konsequent in die neoliberale Strategie „noch mehr Reichtum für die Reichen und noch mehr Armut für die Armen“ verwandelt, der korporatistische Sozialstaat ist in den Unternehmerstaat übergeleitet worden.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren: Die Kapitalisten haben offenbar selbst ihr Vertrauen in eine kapitalistische Zukunft verloren, sie beginnen nun den Kuchen zu plündern und haben kein Problem damit, dass auch die Menschen anfangen, ihr Vertrauen in das politische System und die Parteien zu verlieren.
Steigende Massenarbeitslosigkeit
Die keynesianische Wirtschaftspolitik geriet in den 1980er Jahren massiv in die Kritik der Wortführer der neoliberalen Schule, weil die Strategie der Staatsausgaben beschäftigungs- und wachstumspolitisch nicht mehr funktionierte. Damit begann die neoliberale Ära.
Der Siegeszug des Neoliberalismus beruhte auf dem Versprechen, wieder mehr Wachstum zu generieren und die Massenarbeitslosigkeit zu beenden. Nach über vier Dekaden muss festgestellt werden, dass keine der beiden Verheißungen eingetreten ist. Seit 1970 sanken die Wachstumsraten in den wichtigsten Industrieländern USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Japan kontinuierlich, seit 1990 hat die Wirtschaft mit Wachstumsraten von 1 bis 2 Prozent fallende beziehungsweise stagnierende Tendenz. Und die Massenarbeitslosigkeit stieg im selben Zeitraum in diesen Ländern von 1 bis 8 Prozent in 1975 auf 4 bis 10 Prozent in 2015 sogar dramatisch an.
Das Ergebnis dieser Fehlentwicklung sind die global sinkenden Lohnquoten und die wachsende Einkommensungleichheit sowie damit einhergehend auch eine besorgniserregende soziale Unsicherheit. Dafür entstanden gleichzeitig überschüssige Gewinne auf Seiten der Unternehmer, die aufgrund sinkender Massenkaufkraft nicht in die Realwirtschaft investiert werden konnten, sondern in den Finanzsektor geflossen sind und ihn dramatisch aufblähten.
Nach über vier Dekaden muss gefragt werden, an welche Grenzen die zuvor erfolgreiche keynesianische Wirtschaftspolitik stieß, warum die Unternehmer fortan weniger in der Realwirtschaft, umso mehr aber in den unproduktiven Finanzsektor investierten und ob schließlich zu dem neoliberalen Rückschritt Alternativen denkbar sind.
Mag sein, dass junge Wirtschaftsjournalisten in den sogenannten Qualitätsmedien es nicht besser wissen. Neoliberale Tonangeber prangerten während der keynesianischen Krise in den 1980er Jahren neben sinkenden Wachstumsraten ganz massiv auch die steigende Arbeitslosigkeit in Deutschland und den anderen OECD Staaten an. Sie untermauerten ihre Forderung nach sinkenden Löhnen und Lohnnebenkosten mit dem Versprechen, die Wettbewerbsbedingungen zu verbessern und durch mehr Wachstum und Beschäftigung die Massenarbeitslosigkeit zu stoppen (4).
Das Ergebnis ist nach vier Dekaden Praxis der neoliberalen Wirtschaftspolitik genau das Gegenteil von den paradiesischen Verhältnissen, die man in Aussicht stellte. Lag nämlich die Arbeitslosigkeit in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Japan bei durchschnittlich 2 Prozent in den 60er Jahren und ist erst in den 70er Jahren geringfügig auf 4 Prozent gestiegen, so wuchs sie in den darauffolgenden vier Dekaden auf das Niveau von 4 bis 11 Prozent dramatisch an (5).
Noch dramatischer entwickelte sich die Massenarbeitslosigkeit in der EU und vor allem in den südeuropäischen EU-Staaten. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote für die EU ist seit Anfang der 2000er Jahre bis 2013 von 9,2 auf 10,8 Prozent gestiegen. Im Januar 2017 betrug sie immer noch knapp unter 10 Prozent.
Besonders hoch ist diese Rate Anfang 2017 in den südeuropäischen Staaten mit 23 Prozent in Griechenland, 18,2 Prozent in Spanien, 11,9 Prozent in Italien, 10,2 Prozent in Portugal und 10 Prozent in Frankreich. Skandalös und politisch gefährlich ist die Jugendarbeitslosigkeit in der gesamten EU, die deutlich über dem durchschnittlichen Wert liegt. In Griechenland ist fast jeder zweite, in Spanien und Italien mehr als jeder dritte Jugendliche arbeitslos.
Um jedoch ihr nicht realisiertes Versprechen, mehr Wachstum und mehr Arbeitsplätze zu schaffen, zu kaschieren, rechnen Regierungen sich die Realität schön. So werden sie nicht müde, von ständig steigender Beschäftigung zu reden. Die „Beschäftigtenzahl war noch nie so hoch“ in Deutschland, behauptet bei vielen Anlässen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Tatsächlich ist die Zahl der Stellen in Deutschland seit 1990 um 11 Prozent gestiegen. Die Zahl der insgesamt in Deutschland geleisteten Arbeitsstunden ist aber gefallen.
Daraus schlussfolgern Bosbach und Korff in ihrer aufschlussreichen und kürzlich erschienenen Studie, dass das „Jobwunder“ darauf beruhte, „dass die Arbeitszeit auf mehr Köpfe verteilt wurde“, allerdings nicht durch Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, wie es sozialpolitisch eigentlich geboten wäre. Vielmehr wurden die 28,9 Millionen Vollzeitstellen in 1991 auf 23,9 Millionen in 2015 reduziert und die 5,5 Millionen Teilzeitstellen im gleichen Zeitraum auf 14,8 Millionen gesteigert (6). Trotz dieser Scheinvermehrung von Arbeitsplätzen waren in 2015 nach offiziellen Verlautbarungen im Schnitt 2,7 Millionen Menschen arbeitslos, 59 Prozent von ihnen lebten unter der Armutsgrenze. Selbst diese Zahl wurde durch mehrere Definitionstricks nach unten reduziert, stellen Bosbach und Korff fest.
Nach einer Pressemitteilung des statistischen Bundesamtes betrug das „ungenutzte Arbeitskräftepotenzial“ in Deutschland 6,7 Millionen. Dieses „setzt sich aus 2,3 Mio. Erwerbslosen, 1,1 Mio. Personen in stiller Reserve und insgesamt 3,3 Mio. Unterbeschäftigten zusammen“ (7). Betrachten wir wie das Statistisches Bundesamt die Unterbeschäftigten als Arbeitslose, dann beträgt die aktuelle Arbeitslosenrate bei einer Erwerbstätigenzahl von 43,032 Millionen und 6,7 Millionen Arbeitslosen, wie Ende 2016 lautstark verbreitet wurde, nicht 5,9 sondern 15,5 Prozent. Doch soll diese Politik des Kaschierens und Vortäuschens offensichtlich fortgesetzt werden. In ihrem Wahlprogramm für 2017 kündigten CDU/CSU sogar an, in der nächsten Regierungsperiode „Vollbeschäftigung“ erreichen zu wollen.
Solange jedoch die Einkommensungleichheit wächst, die interne Massenkaufkraft sinkt, solange bleiben auch neue Versprechen für mehr Arbeitsplätze oder gar Vollbeschäftigung nichts mehr als eine Schimäre, nichts mehr als ein Wahlkampfslogan. Die Antwort von Millionen durch die Statistik wegmanipulierter Arbeitslosen ist ihre Abwendung vom politischen System, dem sie kein Vertrauen mehr schenken, und Ihre Zuwendung zu rechtspopulistischen Parteien und Strömungen.
Diese Menschen scheinen ökonomisch nicht mehr nützlich, verschlissen und abgeschrieben zu sein. Sie sind jedenfalls buchstäblich sich selbst überlassen. Wer sollte sich auch um sie kümmern, wenn in den letzten Dekaden gleichzeitig – und dank anhaltender Massenarbeitslosigkeit – auch die Gewerkschaften Jahr für Jahr ihre Kampfkraft eingebüßt haben. Tatsächlich sank der gewerkschaftliche Organisationsgrad seit 1960 in allen großen kapitalistischen Staaten von 20 bis 40 Prozent auf 8 bis 26 Prozent in 2015.
Wachsende Staatsverschuldung
Die neoliberale Schule kritisierte heftig die keynesianische Wirtschaftspolitik, weil sie mit ihren Kredit finanzierten Staatsausgaben steigende Staatsverschuldung verursacht und die Wirtschaft belastet habe. So wurde der Schuldenabbau neben den zwei Säulen Wachstum und Beschäftigung die dritte Säule der neoliberalen Strategie und zu einem wichtigen Postulat der neoliberalen Regierungen.
Demgegenüber zeigt aber die Realität ein völlig anderes Bild. Bewegte sich die Schuldenquote in den wichtigsten Industriestaaten USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Japan in den 1980er Jahren zwischen 18 und 60 Prozent, so begann sie ab 1980, also mit dem Siegeszug des Neoliberalismus in denselben Staaten, erst richtig zu steigen. Sie betrug 2015 in Europa und den USA zwischen 70 und 100 Prozent, in Japan sogar über 240 Prozent.
Nach vier Dekaden neoliberaler Wirtschaftspolitik muss gefragt werden, warum der keynesianische Staat mit seinen enormen Ausgaben für den Aufbau des Wohlfahrtstaates und sonstigen Aufbauleistungen in beträchtlichem Ausmaß, wie den Ausbau von Strassen, Eisenbahntrassen, Wasserstraßen und Häfen, Flughäfen et cetera, mit einer signifikant niedrigeren Schuldenquote auskam als der neoliberale Staat, der den Schuldenabbau auf seine Fahne schrieb und einen drastischen Sozialabbau und die „Verschlankung“ des Staates betrieben hat.
In welchem Verhältnis steht der globale Finanzsektor zum „verschuldeten Staat“ in allen hoch entwickelten Industriestaaten? Welches sind die Ursachen der wachsenden Staatsverschuldung? Und welches sind die politischen Auswirkungen des „verschuldeten Staates“ auf die Souveränität der Regierungen und auf die Demokratie?
Keine Frage, die Verschuldung ist ein grundsätzlich sinnvoller Mechanismus, um gesellschaftliche Ressourcen effizient einzusetzen und den Wohlstand der Beteiligten zu vermehren. Die Verschuldung kann allerdings auch, wie dies in der Geschichte oft vorgekommen ist, zu Knechtschaft und zu Sklaverei führen, wenn die Geldverleiher zu mächtig werden und eine Monopolposition erlangen (8).
Die kreditfinanzierte Staatsausgabenpolitik im keynesianischen Zeitalter hatte über weite Strecken tatsächlich zur Wohlstandsvermehrung beigetragen, sie war sogar der Haupthebel zur Mobilisierung von brachliegenden Ressourcen. Die Kreditnehmer haben mit Hilfe der öffentlichen Kredite hinreichend Wachstum generiert, die Schulden zurückbezahlt und auch zu steigendem Steueraufkommen beigetragen. Dieser produktive Geld-, Beschäftigungs- und Wachstumskreislauf geriet jedoch ins Stocken, als in den 1980er Jahren das Wachstum in den hoch entwickelten Industriestaaten an Grenzen stieß, die diesen Kreislauf stoppten.
Weitere öffentliche Kredite konnten nicht zu mehr Wachstum und Beschäftigung führen und auch nicht ein zusätzliches Steueraufkommen kreieren. Die Staatsverschuldung aller kapitalistischen Staaten stieg folgerichtig am Ende der 1980er Jahre geringfügig um wenige Prozentpunkte an. Warum haben aber ausgerechnet jene Kräfte, die die Keule der steigenden Staatsverschuldung am stärksten gegen die keynesianische Politik schwenkten, diese Entwicklung nicht gebremst, vielmehr die steigende Staatsverschuldung, wie oben erwähnt, sogar bis zum Exzess vorangetrieben? Und das trotz systematischer Ausgabenkürzungen im sozialen Bereich.
Ein Blick auf die Besteuerungspolitik der neoliberalen Regierungen verweist auf eine der Ursachen – vielleicht sogar die Hauptursache – der steigenden Staatsverschuldung in den letzten Dekaden. Pikettys Studie belegt beispielsweise, dass die Spitzensteuersätze der reichsten Einkommensgruppen – des obersten Zehntels in der Skala der Einkommensgruppen – seit 1980 in den USA, Deutschland, Großbritannien und Frankreich von der Niveauspanne zwischen 55 bis 98 Prozent auf 35 bis 52 Prozent in 2015.gesenkt worden sind (9).
Eine ähnliche Besteuerungspolitik praktizierten die Regierungen dieser Staaten laut derselben Quelle offenbar Anfang des 20. Jahrhunderts. In den ersten zwei Dekaden jenes Jahrhunderts zahlten die höchsten Einkommensbezieher fast überhaupt keine Steuern. Die strukturellen Ähnlichkeiten zwischen den beiden Epochen, vor der ersten Weltwirtschafts- und Finanzkrise 1929 und vor der Finanzkrise in 2008, sind insofern verblüffend.
Haben aber die Unternehmer wenigstes dafür in die Realwirtschaft investiert und Arbeitsplätze geschaffen, wie Regierungen Steuersenkungen für sie gerechtfertigt hatten? Mitnichten. Statt steigender Investitionsraten, was zu erwarten gewesen wäre, sanken diese in den USA, der EU und Japan zwischen 1980 und 2010 von 23 auf 17,5 Prozent (10).
Hätten aber die Regierungen die ökonomische Rationalität zur Grundlage ihrer Wirtschaftspolitik in den letzten Jahrzehnten gemacht, so wären Steuerschenkungen an die Reichen ganz sicher keine Lösung gewesen, um die Staatsverschuldung abzubauen. Aber Regierungen, die die neoliberale Unvernunft zu ihrem Dogma erklärten, hat dieser ökonomische Unsinn der Steuerschenkungen offensichtlich nicht gestört. Mehr noch: Sie bauschten diese selbst verursachte steigende Staatsverschuldung fortan immer wieder propagandistisch als einen Popanz auf, um ihn für ihren Angriff auf den Sozialstaat zu instrumentalisieren.
Beispielsweise hat der Finanzminister der rot-grünen Bundesregierung (1999 bis 2005), Hans Eichel, den großen Konzernen Unsummen Steuergeschenke gemacht und gleichzeitig mit dem Slogan „die Staatsverschuldung sei das ‚Unsozialste‘, was es überhaupt gäbe“ begonnen, den Sozialstaat umzukrempeln und sozialstaatliche Errungenschaften, die nach dem Krieg geschaffen worden waren, eine nach der anderen abzuschaffen.
Der Abbau von sozialen Sicherungsmaßnahmen im Rahmen der Agenda 2010-Politik der rot-grünen Bundesregierung wurde und wird im neoliberalen Jargon immer noch mit der Senkung der Arbeitskosten (Lohnnebenkosten) und der darauf beruhenden Wettbewerbssteigerung für den Standort Deutschland gerechtfertigt. Tatsächlich begünstigten diese gegenüber der eigenen Bevölkerung moralisch höchst fragwürdigen und auf Täuschung aufgebauten Strategien die Unternehmer und die Reichen.
Steuergeschenke an die Reichen und steigende Staatsverschuldung scheinen sich als ein besonders probates Instrument entwickelt und bewährt zu haben. Mit diesem im Grunde unsichtbaren ökonomischen Mechanismus wurde die Gesellschaft dorthin geschoben, wohin man sie haben wollte. Reichtum den Reichen und Verschuldung dem Staat.
Der „Verschuldete Staat“ ist aber ein von der reichen Elite rigoros abhängiger Staat, der so gut wie nie die Reichenbesteuerung zur Haushaltssanierung überhaupt auch nur in Erwägung zieht, dagegen wie selbstverständlich an der Schraube der Ausgabenkürzungen im Sozialbereich dreht, um die Kosten der Staatsverschuldung auf die Allgemeinheit abzuwälzen.
Die verarmte, verunsicherte und verängstigte Bevölkerung fügt sich in ihr Schicksal, entweder weil sie sich ohnmächtig fühlt, weil ihr der Schwindel erst bewusst wird, wenn alles längst gelaufen ist und sie resignierend feststellt, dass es zu spät ist, um dagegen Widerstand zu mobilisieren. Oder aber sie glaubt wirklich an die neoliberale Erzählung, eine reiche Minderheit müsse noch reicher werden, damit Arbeitsplätze entstehen und die arme Mehrheit müsse ihre Armut hinnehmen, um eine noch größere Armut zu verhindern.
Eine nüchterne Beobachtung zeigt aber im Ergebnis, dass Schuldenmachen unter neoliberalen Vorzeichen seit den 1980er Jahren – im Gegensatz zum Schuldenmachen in der keynesianischen Epoche der 1950er bis 1970er Jahre – für die überwältigende Bevölkerungsmehrheit eine strukturelle Schuldenknechtschaft und eine unsichtbare Sklaverei hervorgebracht hat. Tatsächlich steht der Bevölkerung ein Finanzsektor gegenüber, der durchaus nicht überraschend parallel zum „verschuldeten Staat“ in den meisten kapitalistischen Staaten entstanden ist.
Der „verschuldete Staat“ ist im Grunde kein souveräner Staat mehr. Seine Steuer-, Finanz- und Sozialpolitik wird nicht mehr durch Parlamente kontrolliert, sondern von der Finanzlobby diktiert. Insofern hat der Finanzsektor auch die demokratischen Kontrollmechanismen der Staatsfinanzen ausgehebelt und sich zu einem ernstzunehmenden Feind für die Demokratie entwickelt.
Ist es nun zufällig, so muss gefragt werden, dass sich jetzt auch Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron entschlossen hat, den in Deutschland und anderswo eingesetzten Mechanismus „Steuergeschenke an die Reichen, steigende Staatsverschuldung“ nachzuahmen?
Bis zum Jahr 2022 soll nämlich der Steuersatz für Unternehmen von 33,3 auf 25 Prozent schrumpfen und die Kapitalertragsteuer von 50 auf 20 Prozent abnehmen. So wird Macron bei der flächendeckenden Neoliberalisierung der französischen Ökonomie zum einen dem neoliberalen Dogma gerecht, dass durch Steuersenkung bei den Unternehmen wider besseres Wissen die Ökonomie wachsen und neue Arbeitsplätze entstehen würden. Zum andern und vor allem wird durch Senkung der Unternehmensteuer und steigende Staatsverschuldung ein Mechanismus für den flächendeckenden Sozialabbau und Aufhebung der gesetzlichen 35-Stundenwoche in Bewegung gesetzt, gegen den, wenn er schon rollt, soziale Kämpfe nichts ausrichten könnten.
Denn Haushaltssanierung durch Abbau der Staatsverschuldung und „Gerechtigkeit gegenüber der jüngeren Generation“, das sind wirkungsmächtige propagandistische „Waffen“, um den zu erwartenden massiven Widerstand vieler Franzosen gegen Macrons neoliberales Projekt zu brechen und Jung gegen Alt, weniger Entschlossene gegen stark Entschlossene aufzuwiegeln und zu spalten. Das moralische Potential dieser „Waffen“ ist stark genug, um einen Teil der arbeitenden Bevölkerung dazu zu bringen, letztlich sogar gegen eigene Interessen zu votieren.
Um in die von Macron beabsichtigte Falle nicht hineinzutappen, gilt es nun, aus den Erfahrungen in Deutschland und Großbritannien und anderen neoliberal umgestalteten Staaten zu lernen und rechtzeitig schon jetzt den Schwindel „Steuersenkung für Unternehmen und steigende Staatsverschuldung“ aufzudecken. Denn die französischen Unternehmen bräuchten in Wirklichkeit keine Investitionsanreize, schwimmen sie doch angesichts der dramatisch sinkenden Lohnquote von 65 Prozent in 1980 auf 58 Prozent in 2015 in überschüssigen Gewinnen, die sie aber nicht in die Realwirtschaft, sondern in den Finanzsektor investieren. Hier ist der Anteil der Vorsteuergewinne am Bruttoinlandsprodukt von 8 Prozent in 2013 auf mehr als 10 Prozent in 2016 angestiegen (11).
Der aufgeblähte Finanzsektor
Der gegenwärtige, seinem Wesen nach spekulative Finanzsektor hat mit dem Aufstieg des Neoliberalismus und dessen Ökonomiemuster: wachsende Einkommensungleichheit, steigende Massenarbeitslosigkeit und Staatsverschuldung, nachweislich eine gemeinsame Geschichte.
In den drei Nachkriegsjahren mit keynesianischer Wirtschaftspolitik sorgte der Finanzsektor in den kapitalistischen Staaten für eine funktionierende Geld- und Kreditversorgung. Sein Anteil an dem globalen Handelsvolumen betrug bis 1980 lediglich 5 bis 7 Prozent. Doch blähte sich der Finanzsektor nach 1980 mit unvorstellbarer Geschwindigkeit auf. Sein Anteil am globalen Handelsvolumen stieg zunächst in 1990 auf 40 Prozent, in 2000 rasch auf 140 Prozent und in 2007 schließlich auf 160 Prozent.
Nach einer vorläufigen Herabsenkung im Zuge der Finanzkrise 2008 bewegte sich der Anteil des Finanzvolumens am globalen Handelsvolumen in 2015 erneut um 160 Prozent. Die monetären Hauptquellen dieses Finanzsektors sind offensichtlich die weltweit überbordenden Gewinne der Unternehmen, die nicht in die Realwirtschaft, sondern eben in den Finanzsektor geflossen sind.
Diese (Fehl-)Entwicklung passt sich nahtlos in das neoliberale Wachstumsmuster ein: Einerseits bescherte das neoliberale Ziel sinkender Lohnquoten den Unternehmern steigende Gewinne. Andererseits schmälerte gerade dieses Ziel überall die Massenkaufkraft und Aufnahmekapazität der Binnenmärkte.
Die Lösung für diesen Widerspruch neoliberaler Rückwärtsstrategie war der unproduktive Finanzsektor, indem fortan mittels Spekulationsgeschäften eine Umverteilung unter den Kapital- und Vermögensbesitzern (Nullsummenspiel) hohe Renditen und gleichzeitig Finanzblasen erzeugt wurden.
Der Zusammenbruch zahlreicher Finanzinstitute und die Vermögensverluste bei großen und vor allem Millionen Kleinanlegern während der Finanzkrise 2008 war Ausdruck der Umverteilung und Vernichtung gigantischer Kaufkraft. Auch die globalen Immobilienrenten und Rohstoffrenten als weitere wichtige Quellen, die bis dato in die Realwirtschaft investiert worden waren, sind in den Finanzsektor geflossen und haben ihn zusätzlich aufgebläht.
Im Finanzsektor kulminierte sich der gigantische private Reichtum einer kleinen Weltelite. Demgegenüber entstanden überall öffentliche Armut und verschuldete Staaten sowie milliardenfache Armut bei den arbeitenden Menschen als Resultat einer systematischen Umverteilung.
Trotz beachtlicher Produktivitätssteigerungen durch die Einführung von Informations- und elektronischen Technologien stagnierten die Ökonomien der hoch entwickelten Industriestaaten, da gleichzeitig Produktivitätspotenziale in Gestalt von Massenarbeitslosigkeit und Massenkaufkraft in beträchtlichem Umfang vernichtet wurden. Neoliberale Regierungen haben öffentliche Investitionen allein aus ideologischen Gründen zurückgefahren, obwohl solche Investitionen zur Modernisierung der Infrastruktur, zum Ausbau des Gesundheitswesens und des Pflegebereichs, zur Sanierung der Schulen und anderer Bildungseinrichtungen bitter nötig wären.
Stattdessen begannen dieselben Regierungen mit der Privatisierung öffentlicher Güter und staatlicher Aufgaben und eröffneten dem Finanzsektor den Zugang zu neuen Investitionssphären jenseits der Realwirtschaft. Doch haben hohe Renditeerwartungen der Finanzinvestoren zu Massenentlastungen, zur Steigerung der Arbeitsintensität und zu Stress bei den Beschäftigten sowie zu sichtbarer Qualitätsverschlechterung der Dienstleistungen geführt.
Out of Control
Diese durchweg negativen Indikatoren des globalen Kapitalismus sprechen dafür, dass der Kapitalismus mit der Entstehung des globalen Finanzsektors in eine rückwärts gewandte Formation, in den Finanzmarktkapitalismus, übergegangen ist, der eine gesellschaftliche Vorwärtsentwicklung faktisch blockiert, Verwerfungen, Instabilitäten und folgenreiche Finanzkrisen hervorruft.
Die Menschheit erfuhr schon einmal diese Art des Finanzmarktkapitalismus, der 1929 in die erste Weltwirtschafts- und Finanzkrise einmündete, den unseligen Protektionismus und Kriegsstimmung beflügelte und ihr schließlich den Faschismus und den zweiten Weltkrieg bescherte.
Heute, beinahe ein Jahrhundert danach, beobachten wir dieselben Intentionen, dieselben Triebkräfte und Mechanismen beim Entstehen des gegenwärtigen globalen Finanzsektors, die wider alle historischen Erfahrungen von den Eliten kapitalistischer Staaten hingenommen oder gar forciert werden.
Wir beobachten die ungeheure militärische Aufrüstung und die zunehmende Bereitschaft der Eliten, die anhaltenden Wirtschafts- und Finanzkrisen durch Gewalteinsatz und Kriege an den Rändern der Weltwirtschaft zu bewältigen. Es gelang den Regierungen westlicher Staaten zwar, die Finanzkrise von 2008 mit gigantischen Rettungspaketen von über tausend Milliarden US-Dollar zu Lasten der Steuerzahler zu entschärfen.
Werden sie aber noch einmal in der Lage sein, die erforderlichen Mittel zur Rettung der „systemrelevanten“ Banken bei der nächsten Finanzkrise aufzubringen? Werden ihnen dann auch die erneut betrogenen Menschen folgen? Schon jetzt laufen die verunsicherten Menschen in den USA, in Nord-, West-, Süd- und Osteuropa und anderswo den populistischen und nationalistischen Strömungen – „erst wir und dann die anderen“ – hinterher.
Wer garantiert denn überhaupt, dass die katastrophalen Ereignisse des letzten Jahrhunderts sich in anderen Formen nicht wiederholen? Wir beobachten gegenwärtig auch einen finanzkapitalistisch geprägten Verfall der Sitten bei Regierungen und großen Konzernen. Erstere verlieren sich zunehmend in Manipulationen von Statistiken und Informationen und betreiben Propaganda, um die Menschen von den tiefen Krisen des neoliberalen Systems abzulenken. Und letztere – wie man das zur Zeit bei den globalen Autokonzernen sehen kann – stürzen sich in immer größere Skandale, weil sie offensichtlich glauben, ihre Zukunft durch Manipulation der Abgaswerte und Technologien besser meistern zu können.
Wenn dem so ist, dass der Finanzsektor dabei ist, die Menschheit in eine neue Katastrophe zu führen, dann ist die am Anfang dieses Beitrags aufgeworfene Frage, ob die Welt eigentlich überhaupt noch den Finanzsektor braucht, aktueller denn je. Die historischen Erfahrungen während der Nachkriegsjahre belegen, dass die Welt auch ohne diesen unproduktiven und spekulativen Wirtschaftssektor gut, ja im Grunde sogar besser auskommen kann. In jener Epoche diente der Finanzsektor der Wirtschaft und den Menschen. Jetzt ist es genau umgekehrt.
Was tun?
Vor dem Hintergrund dieser Betrachtung kann es nicht mehr darum gehen, mit einer Stellschraube, beispielsweise durch Einführung einer Transaktionssteuer, das Wachstum des Finanzsektors zu verlangsamen. Der Finanzsektor und dessen Kultur müssen als Ganzes zur Disposition stehen. Dies kann nur durch die Austrocknung seiner Hauptquelle stattfinden: Die Ära der Dumpinglöhne muss beendet werden.
Jeder rational denkende Ökonom weiß das: Das spekulative Finanzkapital muss in die Realwirtschaft zurückgeholt werden. Dies könnte geschehen, wenn die Binnenkaufkraft aller Volkswirtschaften der Welt kräftig anstiege. Doch die Lohnerhöhungen fallen nicht vom Himmel, und sie finden auch nicht auf Befehl statt. Um die Lohnquoten zu senken, hat das System des Neoliberalismus die Massenarbeitslosigkeit, das heißt die Schaffung eines Überangebots an Arbeitskräften, die sich noch dazu durch Verunsicherung und Zukunftsängste bereitwillig dem Diktat der Arbeitgeber unterwarfen – gezielt und systematisch hervorgerufen.
Jetzt muss es darum gehen, den umgekehrten Weg einzuschlagen und die Massenarbeitslosigkeit durch eine kollektive Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich zu überwinden. Dadurch kann auch endlich die Position der Gewerkschaften in den Verteilungskämpfen gestärkt und der einzig wirksame ökonomische Hebel zur Anhebung der Massenkaufkraft geschaffen werden.
Dies erfordert allerdings eine langfristig angelegte Allianz aus Gewerkschaften, Zivilgesellschaft, Kirchen und den durch den Finanzsektor geprellten Unternehmern sowie allen Menschen und Institutionen, die gewillt sind zu verhindern, dass die Menschheit erneut in den Abgrund stürzt.
Dies erfordert auch eine intensiv vorbreitete Aufklärungskampagne. Die bevorstehenden Digitalisierungswellen zwingen die Gewerkschaften ohnehin zu einem Umdenken, wollen sie vermeiden, erneut der Entwicklung hinterherzuhinken. Im Übrigen stellt die kollektive Verkürzung der Arbeitszeit den Schlüssel dar, um – wie im Kapitel 7 meines Buches näher begründet - den Übergang zu einer postkapitalistischen Ordnung durch Reformen einzuleiten.
Quellen und Anmerkungen:
(1) Die Analyse in diesem Beitrag stützt sich im Wesentlichen auf das neue Buch des Autors „Braucht die Welt den Finanzsektor? Postkapitalistische Perspektiven,“ das im Spätsommer 2017 beim VSA Verlag Hamburg erschienen ist. Sofern nicht ausdrücklich erwähnt, beziehen sich sämtliche statistischen Informationen auf die durch den Autor selbst ermittelten und im genannten Buch aufgearbeiteten Daten.
(2) Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung, W&E Hintergrund, Februar 2017.
(3) Thomas Piketty 2014: Das Kapital im 21.Jahrhundert, München. Insbesondere in den Kapiteln 8 und 9, vor allem Grafik 9.8.
(4) Bezeichnenderweise trug das so genannte Lambsdorfpapier – das erste neoliberale Manifest im deutschsprachigen Raum – die Überschrift „Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“.
(5) In den USA weicht die Entwicklung der Massenarbeitslosigkeit von der in Europa und Japan ab. Hier hat es nie eine vergleichbare Vollbeschäftigung gegeben. In den 1970er Jahren sank die Arbeitslosenrate auf 4 Prozent und darunter. Sie stieg aber in der darauffolgenden Dekade auf beinahe 10 Prozent an und bewegte sich in den letzten drei Dekaden zwischen 4 und beinahe 10 Prozent.
(6) Bosbach, Gerd/ Korff, Jens Jürgen, 2017: Die Zahlentrickser. Das Märchen von den aussterbenden Deutschen und andere Statistiklügen, München, S. 70-75.
(7) Statistisches Bundesamt: Pressemitteilung vom 5. September 2013 – 297/13.
(8) Vgl. dazu David Graeber, der die Geschichte der Schulden untersucht und anschaulich dargestellt hat. Graeber, David, 2012: Schulden. Die ersten 5000 Jahre, Stuttgart.
(9) Piketty, a.a.O., Grafik 14.1, S. 670.
(10) Atlas der Globalisierung 2015, Berlin, S. 20.
(11) Siehe auch die Analyse von Stephan Kaufmann in der Frankfurter Rundschau vom 15./16. Juli 2017.