Zum Inhalt:
Die Corona-Gefahr

Die Corona-Gefahr

Ein Medizinprofessor behauptet, eine immense Covid-19-Todesrate zu belegen — und belegt doch nur, dass er nicht weiß, wovon er spricht.

Covid-19-Letalität: Wie man es nicht macht
von Swiss Policy Research

Bild

Covid-Todesfälle in Schweden: Vorhersage nach dem Modell des Imperial College London (keine oder moderate Maßnahmen) gegenüber der Realität ohne Lockdown (HTY / FOHM)

Ein deutscher Medizinprofessor argumentiert, die Sterblichkeitsrate von Covid-19 (IFR) sei „fünf- bis zehnmal höher“ als die IFR der saisonalen Influenza. Doch er begeht zwei klassische Fehler.

Zunächst vergleicht er die IFR der saisonalen Influenza (bis zu 0,1 Prozent) mit frühen Modellvorhersagen der Covid-19-IFR. Diese frühen Modellvorhersagen erwiesen sich jedoch als völlig unrealistisch (siehe Grafik oben). Zuletzt reduzierte sogar die US-Gesundheitsbehörde CDC ihren (immer noch vorsichtigen) Covid-IFR-Wert auf nur noch 0,26 Prozent („best estimate“).

Der Professor schreibt sodann, dass Antikörperstudien in Brasilien und Spanien eine IFR von 1 Prozent oder mehr ergaben. Doch das stimmt nicht: Der Professor verwechselt die sogenannte „rohe IFR“ (Todesfälle geteilt durch Infektionen in einer Studiengruppe) mit der bevölkerungsbasierten IFR, die an das Alters- und das Risikoprofil einer Bevölkerung angepasst ist.

Diese Unterscheidung ist zentral, da Covid-19 hauptsächlich ältere Hochrisikogruppen (tödlich) betrifft: Tatsächlich ereigneten sich 40 bis 80 Prozent der „Covid-bedingten“ Todesfälle in Pflegeheimen. Wenn jedoch zehn von einhundert Pflegepatienten sterben, bedeutet das nicht, dass 10 Prozent der gesamten Bevölkerung sterben werden.

Beispielsweise hatte das berühmte Kreuzfahrtschiff Diamond Princess mit seinen meist älteren Passagieren eine „rohe IFR“ von etwa 1,5 Prozent. Basierend auf diesem Wert berechnete Stanford-Professor John Ioannidis bereits im März eine bevölkerungsbasierte Covid-IFR von etwa 0,13 Prozent für die gesamte US-Gesellschaft.

Der deutsche Professor erwähnt zwar die Streeck-Antikörperstudie zum Hotspot in Gangelt, die eine bevölkerungsbasierte IFR von 0,36 Prozent ergab. Er erwähnt jedoch nicht, dass dies eine Obergrenze war: Der bereinigte IFR betrug 0,27 Prozent und das mittlere Todesalter 81 Jahre.

Die meisten Antikörperstudien zeigen eine bevölkerungsbasierte IFR zwischen 0,1 und 0,3 Prozent, was mit einer schweren Influenza vergleichbar ist. Für Menschen unter 50 Jahren liegt die Covid-IFR sogar eher tiefer als bei der Influenza.

Einige Hotspots zeigten lokal höhere IFRs von bis zu 0,7 Prozent, aber diese Orte waren zumeist von einem Zusammenbruch des Pflegesystems betroffen.

In jüngerer Zeit haben immunologische Untersuchungen zudem gezeigt, dass serologische (d.h. Blut-) Antikörperstudien höchstens 20 Prozent der Infektionen nachweisen, da die meisten Menschen das Coronavirus mit ihrem mukosalen (d.h. Schleimhaut-) oder zellulären Immunsystem neutralisieren, ohne überhaupt (permanente) Antikörper im Blut entwickeln zu müssen.

Das bedeutet, dass der reale Covid-19-IFR deutlich unter 0,1 Prozent und damit in den Bereich der saisonalen Influenza fallen kann.

Das bedeutet auch, dass „Covid-19-Immunitätspässe” und obligatorische Impfstoffe nicht funktionieren können. Und es erklärt, warum selbst Hotspots wie New York City und Stockholm Antikörper bei nicht mehr als 20 Prozent der Bevölkerung fanden.

Trotz der relativ geringen Letalität (IFR) kann die Mortalität (Gesamtzahl der Todesfälle) lokal und vorübergehend stark erhöht sein, wenn sich das Coronavirus sehr rasch ausbreitet und dabei Hochrisikogruppen in Pflegeheimen und Krankenhäusern infiziert, wie das in vielen Hotspots wie zum Beispiel Norditalien und Ostfrankreich tatsächlich der Fall war.

Dennoch blieb die kumulierte Gesamtmortalität seit Jahresbeginn selbst in stark betroffenen Ländern wie den USA und UK oder in Schweden (ohne Lockdown) im Bereich einer starken Influenza-Saison.

Länder wie Deutschland und die Schweiz erlebten eine milde „Influenza-Saison“.

Die folgende Grafik zeigt, dass die globale Covid-19-Mortalität mit der berüchtigten „falschen Pandemie“ der Schweinegrippe von 2009/10 vergleichbar ist und eine ganze Größenordnung unter den Grippepandemien von 1957 (asiatische Grippe) und 1968 (Hongkong-Grippe) liegt. Diese beiden waren ernst, doch das gesellschaftliche Leben konnte dennoch normal weitergehen.

Dabei sind diese Sterblichkeitsraten zwar an das Bevölkerungswachstum angepasst, aber noch nicht an die Alterung der Bevölkerung: Denn die Altersgruppe, die heute am stärksten von Covid-19 betroffen ist (80+), gab es in den 1950er Jahren noch kaum. Eine Anpassung an die Alterung würde Covid-19 daher im Vergleich sogar noch weniger dramatisch erscheinen lassen.

Im Gegensatz dazu warnt die UNO, dass aufgrund der politischen Reaktion auf Covid-19 die Hälfte der Arbeiter der Welt oder rund 1,6 Milliarden Menschen nun unmittelbar davon bedroht sind, ihren Lebensunterhalt zu verlieren. Allein in den USA wurden bereits 46 Millionen Menschen arbeitslos.

Bild

Covid-19: Zahl der Todesopfer im Vergleich zu früheren Epidemien und Pandemien (DB Research)

Creative Commons Lizenzvertrag
Dieses Werk ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen dürfen Sie es verbreiten und vervielfältigen.