Der Polenfeldzug
Am 1. September 1939 überschritten 60 Divisionen deutscher Truppen die Grenze des Dritten Reichs nach Polen. Mit anderthalb Millionen hatten sie kaum mehr Soldaten als die polnischen Streitkräfte. Aber in Bezug auf die Ausrüstung war das eine andere Geschichte. Die Deutschen hatten 15-mal so viele motorisierte und Panzerdivisionen wie die Polen, und dreimal so viele Kampfflugzeuge. Die deutschen Flugzeuge waren modern, denn sie waren alle nach Hitlers Machtergreifung 1933 gebaut worden. Die polnischen Flugzeuge waren größtenteils veraltet, und die Polen hatten nur 100 Flakgeschütze gegen mehr als 800 deutsche Flugzeuge aufzubieten, die die polnische Städte und Dörfer bombardierten, polnische Armeeverbände unter Beschuss nahmen und den polnischen Fernsprechverkehr zerstörten.
Die Polen kämpften tapfer. Die Geschichten über die polnische Kavallerie, die deutsche Panzer angriff, sind wahrscheinlich erfunden, aber sie illustrieren gut die Art dieses Konfliktes. Am 17. September floh die polnische Regierung aus dem Land, und die letzten Militäreinheiten kapitulierten am 6. Oktober. Der Zusammenbruch Polens war vollständig, als am 17. September die Rote Armee von Osten her einrückte und etwa ein Drittel des Landes besetzte, wie es im Rahmen des Ribbentrop-Molotow-Pakts vereinbart worden war, den Deutschland und Russland zur gegenseitigen Absicherung kurz vor Kriegsausbruch geschlossen hatten.
Insgesamt hatten die Polen 70.000 Gefallene im Kampf gegen die Deutschen und 50.000 Gefallene im Kampf gegen die Russen, 133.000 Verletzte an den westlichen Frontabschnitten und wahrscheinlich rund 100.000 an den östlichen, dazu kamen eine Million Kriegsgefangene, von denen zwei Drittel an die Deutschen und ein Drittel an die Russen 150.000 polnischen Soldaten und Flieger gelang die Flucht ins Ausland, insbesondere nach Großbritannien, um von da aus den Kampf fortzusetzen. Im Gegensatz dazu hatten die Deutschen knapp 15.000 Gefallene und 30.000 Verwundete, die Russen 700 Gefallene und knapp 2.000 Verwundete.
Das war ein völlig ungleicher Kampf, und zugleich das erste Beispiel eines sogenannten „Blitzkrieges“, der mit dem Bombardement der feindlichen Flugplätze, Militäreinrichtungen und Kommunikationseinrichtungen beginnt, während Panzerverbände die feindlichen Linien durchbrechen, gefolgt von der schnell vorrückenden Infanterie folgt, um die Operation abzuschließen.
Kriegspläne im Westen
Hitler hatte auf britische Neutralität in dem Konflikt gehofft und war bestürzt über die Kriegserklärungen. Er war sich Neville Chamberlains Schwäche und dessen Wunsch nach Frieden bewusst und gab die Hoffnung auf Frieden mit den Briten nicht auf. Zudem warnte die deutsche Heeresleitung, dass sie Zeit benötigen würde, um die Ressourcen zu ersetzen, nachdem im Polenfeldzug viel Ausrüstung verloren und Munition verbraucht worden war.
Am 23. November 1939 mussten Hitlers Oberbefehlshaber ein Donnerwetter über sich ergehen lassen. Hitler erinnerte sie daran, dass er jedes Mal, wenn sie ihn zu mehr Vorsicht ermahnt hatten, recht behalten hatte. Das Endziel war der „Lebensraum“ im Osten. Ohne Eroberung des Lebensraums würde das deutsche Volk untergehen. „Wir können es mit Russland nur aufnehmen, wenn wir keinen Feind im Westen zurücklassen“, erklärte er ihnen. Um aber Großbritannien in die Knie zu zwingen, sei es nötig, die Küsten des Ärmelkanals und der Nordsee zu besetzen.
Die Wiederbewaffnung der Briten und Franzosen sei nicht, sagte er, sehr weit fortgeschritten, ebenso bei den Russen. Vor allem aber hätte kein Land Deutschlands wichtigsten Aktivposten: ihn selbst, den Führer.
„Ich glaube fest an die Kraft meines Intellekts und Urteilsvermögens (...) Das Schicksal der Reiches hängt alleine von mir ab (...) Ich werde vor nichts zurückschrecken und jeden vernichten, der sich mir in den Weg stellt.“
Die entsetzten Generäle um Stabschef Franz Halder überlegten aufs Neue, wie sie Hitler beseitigen könnten, und Halder trug sogar eine Zeit lang einen geladenen Revolver mit sich herum in der Hoffnung, Hitler einmal unbewacht und alleine vorzufinden. Aber es wurde nichts daraus. Halder interpretierte die Ansprache vom 23. November dahingehend, dass Hitler von der Verschwörung Wind bekommen hatte — und zog sich zurück. Die übrigen Verschwörer waren verwirrt, bekamen es mit der Angst zu tun und unternahmen nichts.
Was den Generälen Sorgen bereitete, war die Tatsache, dass die Taktik des „Blitzkrieges“ gegen ein schlecht ausgerüstetes Feind wie Polen, das drei Grenzen zu verteidigen hatte, funktionierte, aber sicherlich nicht gegen eine viel stärkere und besser ausgerüstete Streitmacht wie die der Franzosen und Briten genügen würde. Es würden viel mehr Soldaten, Material und Munition benötigt. Zwar wurde dies alles mit Riesenschritten bereitgestellt, doch war es nach Meinung der Generäle noch nicht genug.
Trotzdem begannen sie mit der Planung für die nächste Kriegsphase — ein konventioneller, dreigleisiger Angriff auf die Niederlande, Belgien und Frankreich. Kein Gedanke wurde daran verschwendet, die auf dem Volk lastende Bürde durch die Rückkehr zu einer Friedenswirtschaft zu erleichtern, wie gelegentlich behauptet wurde.
Im Gegenteil: Jeder Aspekt der Wirtschaft war schon lange vor 1939 auf den Krieg hin optimiert — durch privaten Konsumverzicht zugunsten von größtmöglichen Investitionen in einen massiven Ausbau der Wehrmacht, wobei eine ganze Reihe von Gütern —, von Butter bis hin zum Leder — rationiert waren und die Eisen- und Stahlvorräte durch das Entfernen von Geländern in Parks gestreckt wurden sowie durch Anweisung an die Bevölkerung, nicht benötigte Metallgegenstände abzugeben.
Man hatte große Anstrengungen unternommen, Deutschland autark zu machen, um die Fehler des Ersten Weltkrieges zu vermeiden, als mehr als eine halbe Million Deutsche verhungert waren. Die Abhängigkeit von Öl- und Kautschukimporten hoffte man zu umgehen, indem man synthetische Ersatzstoffe herstellte — und die Regierung investierte große Summen in die Erforschung und Entwicklung solcher Stoffe durch Firmen wie die IG Farben.
Reichswirtschaftsminister Hjalmar Schacht war 1937 aus der Regierung gedrängt worden, nachdem er angefangen hatte, Geschwindigkeit und Ausmaß der Wiederbewaffnung zu kritisieren. Alles würde durch die Eroberung anderer Länder finanziert, sodass die schnell wachsende Staatsverschuldung auf lange Sicht keine Rolle spielen werde.
Allerdings hatten die Nazis seit der Machtübernahme nur sieben Jahre Zeit gehabt, um ihr Militär mehr oder weniger aus dem Nichts aufzubauen, seit 1936 hatten die Briten und Franzosen dann eilig nachgerüstet. Die deutschen Erfolgsaussichten in einem konventionellen Krieg waren alles andere als sicher.
Aber der Zufall kam Hitler zu Hilfe. Ein Stabsoffizier mit Invasionsplänen musste sein Flugzeug in Belgien notlanden und konnte vor seiner Verhaftung die Dokumente nicht vernichten. Hitler und der ehrgeizige General Erich von Manstein schmiedeten daraufhin einen gewagten neuen Plan.
Tatsächlich sollte es eine konventionelle Invasion in Holland und Belgien geben und die Expeditionskorps der Briten und Franzosen auf sich ziehen. Gleichzeitig würden aber Panzerkolonnen durch die engen Waldtäler der Ardennen vorrücken, die für große Truppenverbände als unwegsam galten, und nach Überschreiten der Maas in nordwestlicher Richtung vorstoßen, dem Feind den Rückzug abschneiden, und, mit den übrigen Invasionstruppen gemeinsam den Feind zum Rückzug an die Küste zwingen.
In Simulationen erwies sich dieser Plan als durchführbar, obwohl viele der ranghohen Generäle erhebliche Zweifel hatten. So dachte zum Beispiel General Fedor von Bock, dass der der Ardennenvorstoß „im Schlamm stecken bleiben müsste, wenn die Franzosen nicht taub und blind zugleich wären“. Trotzdem wurde der Plan angenommen. Gebraucht wurde gutes Wetter: Doch Winter und Frühjahr 1939/40 waren ungewöhnlich nass, ungünstig für einen schnellen Vormarsch der Panzerverbände, sodass die Invasion mehrmals verschoben wurde.
Dänemark und Norwegen
In der Zwischenzeit befürchteten Hitler und sein Großadmiral Erich Raeder, Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, dass die Briten einen Präventivschlag zur Sicherung der norwegischen Seehäfen planen, die Raeder als deutsche U-Boot-Stützpunkte vorgesehen hatte, um die britischen Versorgungslinien angreifen zu können.
Aus offenkundig geografischen und logistischen Gründen müsste eine Invasion Norwegens Dänemark einbeziehen. In den frühen Morgenstunden des 9. April 1940 marschierten die Wehrmacht in Dänemark ein, dessen Regierung in weniger als einer Stunde kapitulierte. Norwegen erwies sich als eine härtere Nuss. Die britische Marine versenkte einen deutschen Kreuzer, zehn Zerstörer und 15 Lastschiffe und beschädigte die beiden Schlachtschiffe „Scharnhorst“ und „Gneisenau“.
Aber sie waren zu weit von der norwegischen Küste entfernt, um die Hauptmacht der Invasionstruppen aufhalten zu können. Weder hatte die Royal Navy die Häfen vermint noch gab es einen abgestimmten Plan zwischen den britischen Armee-Einheiten, die in und um Narvik sowie weiter südlich anlandeten. So kam das Expeditionskorps nicht schnell genug voran. Die deutschen Verstärkungen trafen ein und die Briten mussten ihre Positionen räumen.
Dieses Debakel löste im britischen Unterhaus eine Rebellion aus. Chamberlain musste seinen Hut nehmen, und Winston Churchill zog in die Downing Street Number 10 ein. In Norwegen installierten die Deutschen eine Marionettenregierung mit dem Faschisten Vidkun Quisling als Regierungschef. Aber er hatte nicht die Unterstützung in der Bevölkerung. Allerdings waren die schwachen Streitkräfte der Norweger kein Gegner für die Deutschen, und sie waren bis Anfang Mai effektiv besiegt.
Der Frankreichfeldzug
Das war das Startsignal für die Invasion in Frankreich, Belgien und Holland, die am 10. Mai 1940 begann, nachdem sich die Regenwolken zurückgezogen hatten und der Boden halbwegs fest geworden war. Die gegnerischen Streitkräfte waren vergleichbar: 3.000 modernen Panzer auf der französischen Seite standen etwa 2.500 deutsche gegenüber, die etwas schlechter bewaffnet waren, 11.000 französische Artilleriegeschütze standen gegen 7.500 deutsche, je 93 Divisionstruppen und etwa 3.500 Kampfflugzeuge auf jeder Seite, wenn man die der Belgier und Niederländer mitzählt. Aber das deutsche Vorstoß durch die Ardennen überraschte die Briten und die Franzosen.
Dieser Vormarsch war strategisch sorgfältig geplant: Entlang der Strecke wurden zuvor an strategischen Punkten Treibstoffdepots angelegt und die Panzer- und Transportfahrer, die ohne Pause drei Tage und Nächte lang durchfahren mussten, erhielten Amphetamine, sogenannte Panzerschokolade, damit sie wach bleiben konnten.
Der Plan hätte jederzeit fehlschlagen können, wenn französische Flugzeuge die langsam bewegende Panzerkolonne gesichtet und nur ein paar Fahrzeuge der Vorhut bombardiert hätten. Aber die Franzosen ahnten nichts und hatten, anders als die Deutschen, noch keine Erfahrung mit dem Einsatz von Flugzeugen zur Unterstützung der Bodentruppen.
Nachdem sie die Ardennen passiert und die Maas überquert hatten, bombardierten die Deutschen mit über 1.000 Flugzeugen die alliierten Stellungen und drangen dann rasch nach Nordwesten vor, statt sich nach Südosten wenden und das Verteidigungsbollwerk Maginot-Linie von hinten anzugreifen, wie es die Franzosen erwartet hatten.
Die französischen Generäle, die weit hinter ihren Linien stationiert waren, reagierten zu langsam; die Abstimmung zwischen dem britischen Expeditionskorps und den Franzosen, Holländern, Belgiern war minimal, nicht zuletzt, weil es vor dem Krieg aufgrund der belgischen Neutralität keinerlei gemeinsame militärische Planung gegeben hatte. Der Norden wurde von den deutschen Truppen überrannt, und die Belgier kapitulierten am 28. Mai 1940.
Im Zuge der großräumigsten Umfassungsaktion der Militärgeschichte wurden die Alliierten gegen das Meer zurückgedrängt, und die Briten nutzten den Hafen von Dünkirchen zur Evakuierung, wodurch 200.000 Briten und 140.000 Franzosen gerettet wurden, während die deutschen Truppen drei entscheidende Tage lang nicht weiter vorrückten, denn Hitler war überzeugt, davon dass sie sich von dem schnellen Vormarsch erholen müssten und glaubte, die deutsche Luftwaffe würde den Rest der alliierten Armee sowieso vernichten.
Bald darauf zogen die Deutschen nach Süden, Paris fiel am 14. Juni 1940. Alle nach Süden führenden Straßen waren verstopft durch 8 Millionen angsterfüllte Flüchtlingen. Die französische Gesellschaft und das politische System kollabierten. Deutsche Truppen plünderten nach Belieben und stahlen alles in den verlassenen Dörfern und Städten, alles was nicht niet- und nagelfest war. In der Zwischenzeit floh die französische Regierung nach Bordeaux. Ministerpräsident Paul Reynaud musste zurücktreten, weil er einen Waffenstillstand ablehnte. Sein Nachfolger wurde der „Held von Verdun“ des Ersten Weltkriegs, Marschall Philippe Pétain, ersetzt, der am 17. Juni ein Ende der Feindseligkeiten ankündigte.
Um noch Salz in die Wunde zu streuen, ließ Hitler den Eisenbahnwagen, in dem die siegreichen Franzosen den Waffenstillstand vom 11. November 1918 unterzeichnet hatten, aus dem Museum holen und an den gleichen Ort in Compiégne bringen, um dort den neuen Waffenstillstand zu unterzeichnen. Die Kämpfe endeten am 24. Juni 1940.
Dies war der größte deutsche Sieg im Zweiten Weltkrieg. 50.000 Deutsche kamen ums Leben, 120.000 Franzosen, 10.500 Holländer und Belgier sowie 5.000 Briten waren gefallen und anderthalb Millionen wurden Kriegsgefangene. An den Todesraten erkennt man, dass die französische Niederlage nicht an Feigheit oder gesunkener Kampfmoral lag, sondern an zu wenig geheimdienstlicher Aufklärung, fehlender Kommunikation und einer unentschlossenen Führung.
Hitler erreichte in Deutschland den Zenit seiner Popularität. Auf den Straßen und Plätzen der Städte und Gemeinden jubelten spontan die Menschen. Aber das lag nicht zuletzt an der in der Bevölkerung weitverbreiteten Hoffnung, dass Großbritannien um Frieden bitten und der Krieges zu Ende sein würde.
Als er, zusammen mit einer Gruppe deutscher Militär- und Zivilbeamter, die Nachricht von der britischen Ablehnung von Hitlers Friedensangebot am 19. Juli 1940 hörte, war der amerikanische Journalist William L. Shirer sprachlos: „Die Beamten wollten ihren Ohren nicht trauen“ schrieb er. „Einer rief, an mich gewandt: Verstehen Sie das? Verstehen Sie diese britischen Narren? Jetzt den Frieden auszuschlagen?“ — „Die Deutschen, mit denen ich spreche“, fügte er am nächsten Tag hinzu, „verstehen es einfach nicht. Sie wollen Frieden.“
Was wäre, wenn ... ?
Was wäre geschehen, wenn Großbritannien das deutsche Friedensangebot von 1940 angenommen hätte? Verschiedene Szenarien wurden vorgeschlagen. Einige, wie der Historiker John Charmley, sind der Ansicht, dass sich dann Deutschland und Russland auf dem Kontinent bis zur gegenseitigen Erschöpfung bekämpft hätten, während Großbritannien, anstatt seine Ressourcen in einem unnötigen sinnlosen Krieg zu verpulvern, in der Lage gewesen wäre, sein Empire intakt zu halten.
Aber ein solcher Separatfrieden hätte den Weg für wachsenden Druck seitens Hitlers Drittem Reich auf Großbritannien geebnet, das dann wahrscheinlich keinen Zugriff mehr auf die so wichtigen Militärressourcen Amerikas gehabt hätte. Antisemitische Gesetze hätten verabschiedet werden müssen und britische Juden wären nach Auschwitz deportiert worden. Churchills Regierung wäre durch eine nach dem Geschmack der Nazis ersetzt worden, vielleicht sogar angeführt von der „British Union of Fascists“ unter Sir Oswald Mosley. Später hätte Hitler womöglich die Abtretung wichtiger Teile des Britischen Empires an Deutschland gefordert.
Der mutmaßliche Sieger in einem deutsch-sowjetischen Krieg wären aber die Russen gewesen, wie wir in späteren Folgen dieser Vorlesungsreihe sehen werden. Andrew Roberts hat dementsprechend ein plausibles Szenario eines Nachkriegseuropas entworfen, das von der Nordsee bis zur Adria von Stalin dominiert wird. Die Amerikaner wären wahrscheinlich irgendwann eingeschritten, mit der realen Gefahr eines Dritten Weltkrieges. Wir werden es nie erfahren.
Was wir aber sicher sagen können, ist, dass das Britische Empire nicht deshalb zu Ende ging, weil man die Ressourcen verbraucht hätte, die zu seiner Verwaltung erforderlich sind, sondern weil indigene, nationalistische oder Unabhängigkeitsbewegungen zu stark wurden, und das internationale Klima nach dem Krieg, mit den neuen Großmächten USA und Sowjetunion, den Kolonialreichen alten Stils grundsätzlich feindlich gesinnt war.
Obwohl Churchill eindeutig für die Erhaltung des Britischen Empires einsetzte, wurde ihm im Frühjahr 1940 die immense Bedeutung der von Großbritannien zu treffenden Entscheidung bewusst. Jeder Separatfrieden mit Hitler würde Großbritannien und das Empire schwächen und den Weg für weitere Ansprüchen ebenen, wie es die Erfahrung mit anderen Ländern gezeigt hatte.
Ein solcher Friedensvertrag würde wahrscheinlich Bestimmungen enthalten, die Großbritanniens Wiederaufrüstung verhinderten. Was immer es auch kosten möge, es gab praktisch keine Alternative, als weiter zu kämpfen.
Die Luftschlacht um England
Hitler erkannte nur widerwillig, dass es keinen Separatfrieden geben würde. Folglich bereitete er die Invasion der Britischen Inseln vor. 2.000 Lastkähne wurden für den Transport der Truppen zu Landungsbooten umgebaut. Landungsmanöver fanden statt. Entlang der Kanalküste wurden Einsteigezonen markiert. Handbücher wurden geschrieben, um die Soldaten auf den Umgang mit den heimtückischen und scheinheiligen Briten vorzubereiten.
Wie ernst musste man all das nehmen? Die Kähne eigneten sich nur für ruhiges Wasser, und die Oberbefehlshaber der Land- und Seestreitkräfte versicherten, dass die Invasion keinesfalls vor Mai 1941 stattfinden könne. Die Verluste der Marine bei Norwegenfeldzug waren noch nicht ausgeglichen, und die Diskussionen um den am besten geeigneten Landeplatz nahmen kein Ende.
Rückblickend scheint es, dass Hitler, obwohl er offensichtlich zögerte, es mit der Invasion durchaus ernst meinte. Aber er wusste, dass die ganze Operation unmöglich sein würde, wenn Deutschland sich nicht die volle Lufthoheit über dem Kanal und den Landezonen verschaffte. Sonst könnte die *Royal Air Force*die langsam fahrenden Lastkähne einfach zerstören, und diese wären auch für die Schiffe und U-Boote der Royal Navy eine leichte Beute.
Wenn es umgekehrt möglich wäre, die britischen Flugzeuge aus dem Luftraum zu vertreiben, dann könnten deutsche Bomber die britischen Schiffe angreifen, und deutsche Schiffe könnten die geplante Überfahrtsroute mit Minen absichern und Jagd auf britische U-Boote machen, falls diese den Invasionstruppen bei der Überfahrt gefährlich würden. Folglich begannen am 18. August 1941 deutsche Flugzeuge mit der Bombardierung britischer Flugplätze.
Die Luftstreitkräfte beider Länder hatten etwa gleich viele Flugzeuge und Piloten. Aber die britischen Kampfjäger waren schneller als ihre deutschen Kollegen, zumindest in den niedrigen Flughöhen, in denen die deutschen Bomber operierten. Die deutschen Jagdflieger waren es gewohnt, ihre Bodentruppen zu unterstützen, hatten aber noch keine Erfahrung mit dem Begleitschutz für Bombergeschwader. Britische Radar- und Küstenaufklärer gaben rechtzeitig Vorwarnung, sodass die britischen Jäger in der Luft waren, anstatt wie die polnische Luftwaffe unbewegliche Ziele auf den Flugplätzen abzugeben. Außerdem bauten die Briten jeden Monat zweimal so viele Kampfflugzeuge wie die Deutschen und konnten so ihre Verluste leichter ausgleichen.
Ende August waren 900 deutsche Flugzeuge abgeschossen worden, der Verlust auf britischer Seite lag bei 444. Die Luftschlacht um England endete mit dem Scheitern der Deutschen, die Lufthoheit zu sichern.
Doch das entsprach nicht dem Verständnis des Führungsstabs der deutschen Luftwaffe. Die glaubten tatsächlich, sie hätten die britische Jägerflotte auf die Hälfte reduziert, bei nur 12 Prozent eigener Verluste. Deshalb änderte Hitler Anfang September 1940 die Strategie und ließ schwere Bombenangriffe auf London und andere wichtige Städte fliegen, um damit die Industrie, die Logistik und die Kampfmoral der Briten zu treffen.
Dies war der „Blitz“, wie er in Großbritannien genannt wurde. Am 7. September 1940 griffen 350 deutsche Bomber die Londoner Docks bei Tageslicht an, andere Geschwader folgten fast täglich, von denen rund die Hälfte Ziele in London angriff.
Die Briten wurden durch ihr Radar rechtzeitig gewarnt und hatten jederzeit, einem Dienstplan folgend, genügend Jagdflugzeuge in der Luft, um auf die Angriffe reagieren zu können. In der zweiten Septemberwoche 1940 wurden allein 300 deutsche Flugzeuge abgeschossen, gegenüber 120 britischen. Die deutschen Bomber waren nicht nur langsam, sondern auch in ihrer Nutzlast beschränkt, Flugzeuge wie die Junkers 88 waren für strategisch großflächige Bombardementskonzipiert.
Als die deutschen Verluste zunahmen, wurde zunehmend klar, dass auch diese Taktik nicht aufging und die britischen Verluste in der Schlacht um England übertrieben dargestellt worden waren. Insgesamt waren 40.000 britische Zivilisten getötet worden, aber weder die Moral der Briten noch ihre Flugzeugproduktion schienen darunter zu leiden. Im Oktober verloren die Deutschen 365 Flugzeuge, und die Verluste hielten an. Mitte September 1940 verschob Hitler das Datum für die Invasion auf unbestimmte Zeit. Im zeitigen Frühjahr 1941 wurden die Bombenangriffe reduziert.
Mussolinis Traum vom Neuen Römischen Reich
Zu diesem Zeitpunkt war ein neuer, unberechenbarer Faktor hinzugekommen: Das faschistische Italien war von seinem Diktator Benito Mussolini bisher aus dem Krieg herausgehalten worden. Aber als Hitlerdeutschland alle Feinde hinwegzufegen schien, trat er auf deutscher Seite in den Krieg ein. Mussolini träumte von einer Neuauflage des Römischen Reichs im Mittelmeer, aber der Spielraum für derartige Pläne war sehr begrenzt.
Seine Hoffnung, die französischen Kolonien in Nordafrika zu übernehmen, zerplatzte, als Hitler das besiegte Nation in zwei Teile zerlegte und dem südlichen Teil erlaubte, unter der Führung von Marschall Pétain als unabhängiger Staat zu agieren, der von der Bäderstadt Vichy aus regiert wurde. Das Vichy-Frankreich verwaltete die Kolonien, und konnte als Verbündeter Deutschlands nicht angegriffen werden.
Auch die Kolonien des neutralen Spanien unter General Francisco Franco, dem von Deutschland und Italien unterstützten Sieger des Spanischen Bürgerkrieges, standen nicht für das neue Römische Reich zur Verfügung. So beschloss Mussolini, stattdessen Griechenland anzugreifen, was er — ohne Hitler zu informieren — am 28. Oktober 1940 tat, indem er Truppen aus dem benachbarten Albanien, das er schon kontrollierte, über die Grenze schickte.
Intermezzo auf dem Balkan
Das Ergebnis war ein Desaster. Ohne Kampfausrüstung für den Winter, ohne Unterstützung der Marine, ja sogar ohne Landkarten für den Weg über die Berge, wurden die Italiener an allen Fronten zurückgeschlagen. Die Griechen wurden entscheidend von den Briten unterstützt, die nun vielleicht Gelegenheit erhalten würden, das Land als Basis zu nutzen. Hitler war wütend, doch es blieb ihm nichts anderes übrig, als eine Invasion zur Unterstützung seines italienischen Verbündeten anzuordnen.
Die Lage verkomplizierte sich weiter durch den Staatsstreich am 27. März 1941 in Jugoslawien. Er wurde von antideutschen serbischen Offizieren ausgeführt, die glaubten, durch das Regierungsbündnis mit Deutschland würden die Kroaten innerhalb des jugoslawischen Staates bevorzugt. Dadurch sah sich Hitler herausgefordert, den deutsch-italienischen Einfluss auf dem ganzen Balkan wiederherzustellen.
Anfang April 1941 und im Bündnis mit Ungarn und Bulgarien fielen deutsche und italienische Truppen — ohne Kriegserklärung — mit überwältigender Übermacht in Griechenland und Jugoslawien ein, zerschlugen die Opposition und vertrieben das britische Expeditionskorps, zuerst vom griechischen Festland und später von der Insel Kreta.
Das waren entscheidende Siege. Hitler zementierte sie, indem er Jugoslawien in einen großen Vasallenstaat Kroatien und ein kleineres Serbien unter militärischer Besatzung zerlegte, und den größten Teil Griechenlands Italien zuschanzte. Weitere Teile Griechenlands und Jugoslawiens wurden abgetrennt und den Bulgaren, Ungarn, Italienern und Albanern gegeben, einen nördlichen Abschnitt behielten die Deutschen selbst.
Bis Ende Mai 1941 stand die gesamte nördliche Mittelmeerküste samt Hinterland unter Kontrolle Deutschlands und seiner Verbündeten. Wiederum war es die fortschrittliche Waffentechnik, in Kombination mit — wie im Falle Kretas — dem überraschenden Einsatz von Luftlandetruppen sowie allgemein die Koordination von Land-, Marine- und Luftstreitkräften, die einen weniger modernen und schlechter ausgerüsteten Gegner überwältigte.
Doch diese Siege vermochten nicht die Überlegenheit der britischen Marine im Mittelmeer zu brechen. Wichtige Marinestützpunkte, insbesondere auf Malta und Gibraltar, blieben in britischer Hand. Ein großer Teil der modernen italienischen Marine war von britischen Kriegsschiffen und Trägerflugzeugen zerstört worden.
Nordafrika
Erschwerend für die Achse Berlin-Rom kam hinzu, dass im Dezember 1940 ein Invasionsversuch von der italienischen Kolonie Libyen aus in das britisch kontrollierte Ägypten vereitelt worden war, wobei 130.000 Italiener in Kriegsgefangenschaft gerieten. Gleichzeitig wurde die italienische Besatzungstruppe, die seit 1936 Äthiopien okkupierte, von afrikanischen Truppen unter britischer Führung besiegt, die dann im Mai 1941 auch noch Somaliland und Eritrea überrannten, wobei ihnen die Entschlüsselung des italienischen Geheimcode sehr zustattenkam.
Der strategische Wert all dieser Aktivitäten bestand nicht so sehr in der Frustration von Mussolinis grandioser Vision eines neuen Römischen Reichs, sondern vielmehr in der Bedrohung der deutschen Kriegswirtschaft. Ohne ausreichende Versorgung mit Erdöl würde die deutsche Kriegsmaschine bald zum Stillstand kommen. Hitler hatte es geschafft, beträchtliche Mengen aus Ungarn und Rumänien zu sichern, aber die Produktion von synthetischem Treibstoff (damals aus Kohle und Wasserstoff hergestellt, Anmerkung des Übersetzers) in Deutschland war marginal, und es gab nur wenige oder gar keine weitere Quellen. Daher war es von entscheidender Bedeutung, sich den Zugriff auf die riesigen Ölfelder im Nahen Osten und im Kaukasus zu sichern.
Aber die italienischen Niederlagen in Nordafrika machten es jedoch unmöglich, einen Angriff durch das von den Briten gehaltene Ägypten auf den Golf zu starten. Deshalb beauftragte Hitler im Februar 1942 General Erwin Rommel damit, die Situation zu retten. Der landete in Nordafrika mit dem neu gebildeten Afrikakorps, einer gut ausgebildeten und ausgestatteten Truppe, die den kombinierten Einsatz von Panzern und Luftwaffe beherrschten.
Rommel konnte die britischen Aktionen dank der Entschlüsselung von Chiffren des US-Militärattachés in Zypern vorhersehen, während seine eigene Meldungen oft absichtlich irreführend waren. Auch waren die britischen Truppen dadurch geschwächt, dass viele von ihnen zur Verteidigung Griechenlands abkommandiert waren. Rommel drängte die Briten zurück und rückte weiter nach Ägypten vor, wodurch er allerdings seine Nachschublinien zu weit ausgedehnt hatte, sodass es der verstärkten britischen Armee gelang, ihn ihrerseits wieder zurückzudrängen. Mit neuen Panzer und frischen Treibstoff nahm Rommel dann im Juni 1942 den Seehafen Tobruk ein und öffnete damit den Weg für eine Invasion Ägyptens.
Rommel wurde in Großbritannien, zu jener Zeit und später, für die Kühnheit seiner Kriegsführung in Nordafrika bewundert, aber natürlich bestanden seine Eroberungen vor allem aus leerer Wüste, und seine Vorgesetzten in Berlin standen dem , was General Halder als Rommels „pathologischen Ehrgeiz“ bezeichnete, sehr kritisch gegenüber.
Seine Siege bedeuteten ein Katastrophe für die Juden in Tunis und Libyen, wo die Gestapo eine Schreckensherrschaft errichtete. Währenddessen wurde im Sommer 1941 ein deutscher Versuch, die britische Herrschaft im Irak zu beenden, um direkten Zugriff auf das Öl zu bekommen, mühelos vereitelt , gefolgt von der Übernahme der Vichy-Kolonie Syrien durch die Briten. Deshalb hing nun sehr viel von Rommels Vorstoß aus dem Südwesten auf den Nahen Osten ab.
Unternehmen Barbarossa
Aber es gab jedoch eine Alternative. Die Sowjetunion kontrollierte große Ölfelder im Kaukasus, vor allem bei Baku am Kaspischen Meer. Ihre Sicherung war für Hitler ein wichtiger Nebeneffekt seines Angriffs auf die Sowjetunion, des sogenannten „Unternehmens Barbarossa“, benannt nach einem deutschen Kaiser des Mittelalters. Hitler fing bereits im Juli 1940 an, von diesem Plan zu sprechen.
Für ihn gab es im Wesentlichen zwei Hauptgründe fortzufahren. Erstens dachte er, dass ein Sieg über Russland die Briten ihres letzten wichtigen Verbündeten berauben, und sie endlich verhandlungsbereit machen würde. Zweitens wurde es Zeit, sich um den viel beschworenen „Lebensraum“ zu kümmern, der die lebenswichtige Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen für die deutsche Kriegswirtschaft sichern sollte. Sobald dieser gewonnen war, wäre es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Briten in die Knie gezwungen würden.
Eile war geboten, denn Hitler begann zu befürchten, dass die der USA auf britischer Seite in den Krieg eintreten würden, und er wollte der Sowjetunion einen Schlag versetzen, bevor das geschah.
Die Planungen für Unternehmen Barbarossa zogen sich über den ganzen Winter 1940/41. Dann folgte eine Verzögerung, für die Hitler Mussolini verantwortlich machte: Wenn er den Italienern in Griechenland und Nordafrika nicht hätte zu Hilfe eilen müssen, dann hätte die Invasion Russlands, wie er später sagte, zwei Monate früher beginnen können. Tatsächlich waren die Straßen im April und Mai durch nasses Wetter unpassierbar.
Ab Anfang Juni wurden Truppen und Ausrüstung in großer Zahl an die Grenzen des Sowjetreiches verleget. Ungarn, Rumänien, Italien und ein paar weitere Verbündete der Deutschen steuerten eigene Kontingente bei. Am 22. Juni 1941 war alles einsatzbereit. Drei Millionen deutsche Soldaten und etwa eine halbe Million aus anderen Ländern, die größte jemals aufgestellte Invasionsarmee überquerte die Grenze zusammen mit 3.600 Panzer, 600.000 Kraftfahrzeuge und 700.000 Stück Artillerie. 2.700 Flugzeuge wurden eingesetzt, die allein am ersten Tag 1.200 sowjetische Flugzeuge auf 66 Flugplätzen zerstörten. Am Ende der ersten Woche waren 4.000 sowjetische Flugzeuge zerstört.
Die Russen waren völlig unvorbereitet. Das deutsch-sowjetische Abkommen von 1939 war immer noch in Kraft, und um das Überraschungsmoment nicht zu gefährden, hatte Joseph Goebbels‘ Propagandamaschine auf das Sperrfeuer von Beleidigungen und Anklagen verzichtet, das den Invasionen in der Tschechoslowakei und Polen vorangegangen war.
Der sowjetische Diktator Joseph Stalin hatte sogar die Rohstofflieferungen an Deutschland über das im Vertrag vorgesehene Maß hinaus erhöht, um die Gefahr einer Invasion zu verkleinern: Aus Sicht seiner starren, dogmatischen Version des Marxismus-Leninismus wurde das Dritte Reich von Monopolkapitalisten geführt, die bei Laune gehalten werden, wenn die Versorgung stimmt, und dann keinen Grund sehen würden, Russland anzugreifen.
Berichte sowjetischer Geheimdienste von einer für den Mai geplanten Invasion, obwohl damals zutreffend, bewahrheiteten sich nicht, weil die Deutschen das Datum änderten, und seitdem betrachtete Stalin alle derartigen Meldungen als irrelevant. Ein Ex-Kommunist, der Soldat in der deutschen Wehrmacht war, überquerte am 21. Juni die Grenze, um die Russen vor der Invasion am folgenden Tag zu warnen. Er wurde auf Stalins persönlichen Befehl erschossen, für die Verbreitung falscher Nachrichten.
Langfristig dachte Stalin allerdings, dass „ein Krieg mit Deutschland unvermeidbar ist“, wie er es 1941 ausdrückte. Aber er rechnete nicht damit, dass die Rote Armee vor 1942 oder 1943 dafür bereit sein werde. Der Generalstab hatte weder Pläne für einen Angriff auf Deutschland noch für die Verteidigung gegen einen deutschen Angriff ausgearbeitet.
Stalin legte persönlich ein Veto ein gegen Vorschläge, kleine Scharmützel entlang der deutschen Linien anzuzetteln, um die Invasionsbereitschaft der Deutschen zu testen. Er wusste, dass seine „Große Säuberung“, der Generäle und Offiziere, Direktoren der Munitionsindustrie und Verwaltungsbeamte Mitte der 1930er-Jahre zum Opfer fielen, die Führung der Roten Armee entscheidend geschwächt hatte.
Viele der ehemals „Gesäuberten“ holte er nun wieder auf ihre früheren Posten zurück. Aber auch es würde noch viele Monate dauern, den Schaden wieder zu gutzumachen. So wurde die Rote Armee am 22. Juni unvorbereitet erwischt.
Dies führte zu einer Serie von absolut verheerenden Niederlagen, als es den schnellen deutschen Panzerverbänden immer wieder gelang, große Kontingente sowjetischer Soldaten einzukesseln, in einer Reihe weit ausholender Umfassungsbewegungen, die von den drei Heeresgruppen der Invasionsarmee ausgeführt wurden. Bis zum Ende der zweiten Juliwoche hatte die Heeresgruppe Mitte mehr 600.000 Gefangene gemacht und riesige Mengen an Waffen und Ausrüstung erbeutet.
Anfang Dezember begann die Heeresgruppe Nord mit der Belagerung von Leningrad, dem heutigen Sankt Petersburg. Die Heeresgruppe Mitte näherte sich den Vorstädten von Moskau, und die Heeresgruppe Süd hatte Kiew und Rostow am Don eingenommen, sicherte die riesigen landwirtschaftlichen Ressourcen der Ukraine sowie der Industrieregion im Donezbecken. Außerdem war nun die Tür für den Vorstoß zum Kaukasus geöffnet.
Hitler und sein Generalstab, insbesondere Franz Halder, waren der Ansicht, dass diese außergewöhnlichen Siege das Ende des Sowjetregimes in Russland einläuteten. Sicherlich würde das baufällige Gebäude des stalinistischen Kommunismus nun gänzlich diskreditiert einstürzen, und eine Masse von primitiven und desorganisierten Bauern der Gnade der deutschen Invasoren überlassen.
Stalin selbst verzweifelte und zog sich in seine Datscha zurück, brach jede Kommunikation mit der Außenwelt ab. Als eine Delegation des Politbüros der Kommunistischen Partei kam, um nach ihm zu sehen, versank er in seinem Armsessel, weil er wohl glaubte, sie seien gekommen, um ihn zu verhaften und zu erschießen. All das schien Hitlers Ansicht zu bestätigen, die er während der Planung von Unternehmen Barbarossa geäußert hatte: Die Eroberung der Sowjetunion werde ein Kinderspiel sein, verglichen mit dem Sieg über Frankreich.
Die Russen seien rassisch minderwertig, ihre Armeen ohne kompetente Führung, schlecht ausgerüstet und schlecht mit Nachschub versorgt. Im Dezember 1940 ließ er verlauten, dass es nicht länger als fünf Monate dauern würde, die Sowjetunion vollständig zu zerschlagen.
Zum Zeitpunkt des Start der Operation Barbarossa verfügte Hitler zusätzlich über alle Ressourcen einiger der reichsten und fortschrittlichsten Volkswirtschaften Europas. Schon im Jahr 1940 lebten in der deutschen Einflusssphäre Europas 290 Millionen Menschen mit einem Vorkriegsbruttoinlandsprodukt, das größer war als das der USA. Noch mehr kam durch die Eroberung des Balkans und den großen Gebieten Osteuropas im Jahr 1941 hinzu.
Bereits im Mai 1940 trafen sich Vertreter der wichtigsten Ministerien in Berlin, um die Schaffung einer „Neuen Ordnung“ in Europa zu erörtern, die die Ressourcen des Kontinents in einem einzigen geschlossenen Wirtschaftsblock mobilisieren sollte, um gegen die Wirtschaft der USA und des Britischen Empires anzutreten.
Autarkie oder Selbstversorgung, gab Hitler im Juni 1940 zu, hatte in Deutschland nicht funktioniert: Es musste auf europäischer Ebene versucht werden. Einig war man sich, dass —obwohl die deutschen Interessen natürlich Vorrang hatten — der Plan für die Zukunft in internationaler Kooperation bestehen müsse, und nicht in direkter, einseitiger Ausbeutung von Ressourcen. Einige der an dem Planungsprozess beteiligten jungen Ökonomen wie Ludwig Erhard spielten nach dem Krieg eine wichtige Rolle bei der Etablierung der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Europa.
Kein Plan für ein Deutsches Weltreich
Hitler und die führenden Nazis sahen dies als ein Imperium, das dem Britischen Empire Konkurrenz machen sollte, nur dass es in Europa statt über den Globus verstreut war. Unter nationalsozialistischer Führung hatten die Deutschen jedoch keine kohärente Vorstellung davon, wie ihr neues Riesenimperium die ihm zugedachte globale geopolitische Rolle erfüllen sollte.
Bis dato wurde es durch eine Vielzahl administrativer Arrangements regiert, von kollaborierenden Regimen wie in der Slowakei oder Vichy-Frankreich über eine Militärregierung, die neben übergelaufenen einheimische Staatsdienst stand, wie in Belgien, bis hin zu eigens geschaffenen deutschen Herrschaftsapparat, wie das Reichskommissariat der Ukraine, oder das polnische Generalgouvernement.
Einige Gebiete, wurden direkt in das Reich eingegliedert, darunter große Teile Westpolens, während andere als wahrscheinlich angesehen wurden, zu einem späteren Zeitpunkt absorbiert zu werden, darunter die Niederlande, deren Bevölkerung die Nazis als überwiegend „arisch“ betrachteten.
Es gab keine zentrale Führung für das Riesenimperium und keinen koordinierten Regierungsmodus der Länder. Die Deutschen schufen nie irgendein Äquivalent zu dem „Ministerium für Ostasien“, durch das die Japaner ihre eroberten Gebiete regierten.
Hitler überging den Beamtenapparat zugunsten von fanatischen Nazis, denen er zutraute, Großdeutschland nach rassischen Gesichtspunkten aufzubauen. Infolge erlangte die NSDAP unter der Führung der „Alten Kämpfer“, die schon seit den 1920er-Jahren Parteimitglied waren, und insbesondere durch die tonangebenden regionalen Führer, sogenannte Gauleiter“ den Ton angaben, an Macht — vor allem auf Kosten des Innenministeriums, dessen Beamte begannen, das Fehlen jeder Art von zentraler Verwaltung für die riesigen neuen Gebiete zu beklagen.
Hitler seinerseits kritisierte, dass „bei uns die Konzeption eines monolithischen Staates impliziert, dass alles von einem Zentrum ausgelenkt werden soll ... Die Engländer praktizieren in Indien genau das Gegenteil.“ Und folgerte: „Es ist nicht möglich, das riesige Imperium von Berlin aus zu regieren.“
Zu Irritationen führte das unaufhaltsame Wachstum der SS unter Heinrich Himmler, die die Zivil- und Parteiverwaltung in Verfolgung ihres offen proklamierten Ziel, die Rassenkarte Europas neu zu zeichnen, überging. Deutsche Militär- und Zivilverwaltungen in ganz Europa, von Holland bis zur Ukraine, mussten sich entscheiden, wie sie reagieren sollten, wenn die SS begann, die unter ihrer Kontrolle stehenden Juden zu massakrieren oder zu deportieren — ob sie diesen Genozid ignorieren oder ihn mit eigenen Ressourcen unterstützen sollten.
In ihrer Verzweiflung über die existierenden Regelungen wandten sich einige hohe Verwaltungsbeamte, wie Wilhelm Stuckart aus dem Innenministerium, an Himmler in der Hoffnung, eine Art Gesamtrichtlinie vorzugeben. Wenn es auf lange Sicht eine neue Kolonialelite geben sollte, dann würden das vielleicht Himmlers Kohorten hochgebildeter und effizient organisierter junger SS-Offiziere sein.
Rassenbezogene Vorurteile
Hitler kehrte in seinen, den im Auftrag Martin Bormanns für die Nachwelt aufgezeichneten Monologen beim Essen — „Tischgespräche im Führerhauptquartier“ — immer wieder auf Britisch-Indien zu sprechen. „Lasst uns von den Engländern lernen“ sagte er, „die mit nicht mehr als 250.000 Männern, darunter 50.000 Siedlern, mehr als 400 Millionen Inder herrschen.“ An anderer Stelle bemerkte er: „Was Indien für England ist, werden die Territorien Russlands für uns sein.“
Hitler fragte jedoch nicht, wie es den Briten gelungen war, ihre Herrschaft über den indischen Subkontinent mit so begrenzten Streitkräften zu halten, sondern schrieb das einfach ihrer „rassischen Überlegenheit“ zu. „Der russische Raum“, sagte er, „ist unser Indien. Wie die Engländer werden wir dieses Reich mit einer Handvoll Leute regieren.“ — Seiner Meinung nach ist der deutsche Kolonialismus nicht zuletzt daran gescheitert, weil er den deutschen Schulmeister in die Kolonien importiert habe:
„Es wäre ein Fehler zu behaupten, die Eingeborenen zu erziehen. Alles was wir ihm geben könnten, wäre Halbwissen — gerade so viel, wie man braucht, um eine Revolution anzuzetteln!“
In den besetzten Teilen Westeuropas könnten — die von den Nazis als gegeben angesehene — rassische Affinitäten dazu führen, dass die Herrschaft über die bestehenden Verwaltungswege ausgeübt werden konnten. Aber in Osteuropa gab es keine solche einheimische, gebildete, zur Kollaboration bereite Elite. Deutschland würde hier mit Gewalt regieren müssen.
So wurde jede Chance zur Kooptierung nationaler Gruppen in Ländern wie der Ukraine , in denen die sowjetische Herrschaft zu unglaublichem Elend und Hunger geführt hatte und in denen die Einheimischen die deutschen Invasionstruppen als Befreier vom kommunistischen Joch traditionell mit Salz und Brot willkommen geheißen hatten.
Es gab auch abweichende Stimmen wie die des NS-Ideologen Alfred Rosenberg, der das weitgehend machtlose Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete leitete. Als Deutbalte, der vom Hass auf den Kommunismus beseelt war, betrachtete Rosenberg die Deutschen als die Befreier der unterdrückten Massen vom Fluch des Stalinismus. Er drängte auf die Schaffung unabhängiger Staaten, deren alte kommunistische Eliten man entfernen müsste, und warnte: „Das eroberte Gebiet als Ganzes darf nicht als bloßes Objekt der Ausbeutung behandelt werden.“
Aber Hitler lehnte die Vorstellung ab, dass ein Volk wie die Ukrainer irgendwelche rassische Affinität zu den Deutschen haben könnte. Auch sie waren Slawen, die man als Heloten benutzte und wegwarf, wenn sie ihren Zweck erfüllt hatten. Das Ergebnis war, wie einer von Rosenbergs Mitarbeitern im Februar 1944 anmerkte, dass die deutschen Besatzer „innerhalb eines Jahres ein Volk in die Wälder und Sümpfe getrieben und zu Partisanen gemacht haben, das am Anfang absolut deutschfreundlich war und uns jubelnd als Befreier begrüßt hat“.
Hitler betrachtete die slawischen Bewohner Osteuropas als Äquivalent der australischen oder der amerikanischen Ureinwohner: bestimmt zur Versklavung und Vernichtung. In seinen „Tischgesprächen“ malte er sich die Zukunft der Region schwärmerisch aus: Deutsche Städte und Metropolen würden entstehen, verbunden durch Autobahnen und Hochgeschwindigkeitszügen mit großer Spurweite, umgeben von deutschen Bauernhöfen und Ländereien.
Bereits existierende Städte wie Leningrad würde man verkümmern und ihre Bevölkerung umkommen lassen. Hitlers Ansicht war, dass man ihnen jede medizinische Versorgung verweigern sollte; die Einwohner sollten als billige Arbeitskräfte eingesetzt werden, bis sie umfielen. Unter Himmlers Supervision entwarfen deutsche Akademiker einen Generalplan Ost, der für die kommenden Jahre den Tod von 30 bis 45 Millionen Slawen durch Krankheit und Hunger vorsah.
Hitlers Herrschaft im Osten
Ein Anfang wurde mit Leningrad gemacht, das 1941 von deutschen Truppen fast vollständig abgeriegelt wurde. Als diese Blockade drei Jahre später aufgehoben wurde, waren eine Million Einwohner verhungert. In Kursk verhaftete die deutsche Armee sämtliche gesunden Einwohner männlichen Geschlechts und internierte sie in Arbeitslagern. „Die Straßen sind leer“ berichtete ein sowjetischer Geheimdienstagent. „Die Geschäfte sind geplündert. Die Hauptnetze der Strom- und Wasserversorgung sind leer. Kursk ist zusammengebrochen.“
Mehr als 5 Millionen Rotarmisten gerieten in Kriegsgefangenschaft. Die meisten wurden in provisorischen Lagern hinter Stacheldraht eingesperrt ohne Nahrung und Medikamente, bis sie an Hunger oder Krankheit zugrunde gingen. Insgesamt starben 3,3 Millionen, das entspricht einer Todesrate von 57 Prozent.
In Polen wurden Hunderttausende Bauern von ihrem Land vertrieben, um es an deutschstämmige Aussiedler aus der Sowjetunion verteilen zu können, meist schon vor der Operation Barbarossa.
Alle polnischen Immobilien, Industrie und Geschäfte wurden zwangsenteignet. Hitler befahl die Vernichtung der polnischen Intelligenz. Tausende polnische Akademiker wurden verhaftet und erschossen oder in Konzentrationslager deportiert.
In den annektierten Gebieten Westpolens wurden die Dörfer und Städte zwangsweise germanisiert. Aus Łódź wurde „Litzmannstadt“, Keimzelle einer deutschen Metropole von der Art wie sie Hitler in seinen „Tischgesprächen“ erträumte. Tausende ukrainische, weißrussische und russische Dörfer wurden dem Erdboden gleich gemacht, und eine unbekannte Zahl von Zivilisten, die in die Millionen ging, wurde umgebracht. Lebensmittelvorräte wurden requiriert, ohne sich um die ansässige Bevölkerung zu kümmern, und für die Armeeverpflegung verwendet oder nach Deutschland geschafft.
Als die Kriegswirtschaft expandierte und mehr Arbeitskräfte brauchte, als in Deutschland zur Verfügung standen, fingen die deutschen Behörden an, Osteuropäer zu verhaften und nach Deutschland zu bringen, wo sie auf dem Land oder den Bauernhöfen arbeiten mussten, oder, wenn sie über entsprechendes Wissen verfügten, in Fabriken und Bergwerken. Sie waren durch diskriminierende Gesetze stark benachteiligt und wurden in ungesunden, überfüllten Lagern gehalten. Sie durften keinen Urlaub nehmen oder Kontakt mit ihren Familien halten. Fraternisierung mit Deutschen war streng verboten und wurde mit dem Tode bestraft. Ende 1944 befanden sich rund acht Millionen solcher Zwangsarbeiter in Deutschland, die zum weitaus größten Teil aus Osteuropa stammten.
Durch all das machten sich die Deutschen die Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten Osteuropas zum Feind. Nachdem Stalin sich von seinem Schock erholt hatte, drängte er sie, Partisanengruppen zu bilden und den Deutschen hinter der Front das Leben schwer zu machen. Immer mehr junge Männer und Frauen flohen in die Wälder, um nicht als Zwangsarbeiter rekrutiert zu werden, und schlossen sich bewaffneten Widerstandsgruppen an.
Stalin verzichtete für die Dauer des Krieges auf die marxistisch leninistische Ideologie zugunsten des Aufrufs zur Verteidigung des russische Mutterlandes im sogenannten „Großen Vaterländischen Krieg“. Die russischen Industrieanlagen ließ er so weit wie möglich abbauen und Hunderte Kilometer in den Osten hinter dem Ural transportieren, wo sie wieder aufgebaut und die Kriegsproduktion außerhalb der Reichweite deutscher Luft- und Landstreitkräfte Bodentruppen aufgenommen werden konnte.
Kriegswirtschaftliche Aspekte
Das dauerte mehrere Monate, aber Mitte 1942 lief die russische Kriegswirtschaft wieder auf vollen Touren. So produzierte die Sowjetunion zum Beispiel im Jahr 1940 21.000 Flugzeuge, 1943 betrug diese Zahl schon 37.000. Deutschland baute im Jahr 1940 10.000 neue Flugzeuge, 1942 waren es 15.000 Stück, und, nachdem sich die Rationalisierungsmaßnahmen des neuen Rüstungsministers Albert Speer auszuzahlen begannen, 26.000 im Jahr 1943 und 40.000 im Jahr 1944.
Aber selbst das war weniger als die Flugzeugproduktion des Britischen Empires, die im Jahr 1944 47.000 Stück erreichte und von den USA in den Schatten gestellt wurde, die im selben Jahr 114.000 Flugzeuge bauten. Damit konnte die deutsche Kriegswirtschaft einfach nicht Schritt halten.
Natürlich kam es Hitlerdeutschland zugute, dass es die Kriegsproduktion Frankreichs und der Beneluxländer kontrollierten. Unmittelbar nach der Niederlage Frankreichs fielen den Deutschen 2.000 Panzer und 300.000 Gewehre in die Hände, dazu jede Menge Lokomotiven und mehr als 140.000 Güterwaggons.
Sie erbeuteten einen Jahresbedarf an Zinn und Nickel sowie große Mengen Erdöl, Kohle und Eisenerz. Zu diesen Plünderungen gesellten sich Firmenübernahmen aller Art, erleichtert durch einen absichtlich hohen Kurs der Reichsmark. Konzerne wie die IG Farben übernahmen französische Konkurrenzunternehmen, während die staatseigenen Hermann-Göring-Werke einen Großteil der lothringischen Eisen- und Stahlindustrie aufkauften.
Die besetzten Länder mussten Hitlerdeutschland große Summen an „Besatzungskosten“ erstatten: Bis Ende 1943 summierte sich das auf 23 Milliarden Reichsmark, was die realen „Besatzungskosten“ weit übertraf — im Fall Frankreichs wurde beispielsweise eine Summe errechnet, dass der gezahlte Beitrag ausreichte, um einer Besatzungstruppe von 18 Millionen Männern zu unterstützen. All das gab Hitlerdeutschland kurzfristig einen Schub, erwies sich aber mittel- und langfristig als kontraproduktiv. Ohne Treibstoff, Rohstoffe, Eisenbahnwagen und Kohle für die Kraftwerke kam die französische Wirtschaft weitgehend abgewürgt.
Nahrungsmittel waren Mangelware, Unterernährung war an der Tagesordnung, und die zunehmende Einberufung von Arbeitskräften für die Arbeit in Deutschland nahm Facharbeitern weg und verbreitete Ressentiments unter der Bevölkerung. So begannen auch in Frankreich junge Männer und Frauen, ins Gebirge zu fliehen und sich Widerstandsgruppen anzuschließen.
Durch den Mangel an Lokomotiven und Wagen und den weitgehenden Wegfall des motorisierten Straßenverkehrs, infolge der deutschen Requisition von Öl und Treibstoff, wurde es schwierig, Kohle und andere Rohstoffe an ihre Bestimmungsorte zu transportieren.
Dadurch brach in den Rüstungsbetrieben und Kohleminen die Produktivität zusammen. Während des gesamten Krieges wurden in den besetzten Gebieten nicht einmal 3.000 Kampfflugzeuge für Deutschland gebaut. Die Getreideernte in Frankreich halbierte sich zwischen 1938 und 1940. Überall entstanden Schwarzmärkte für Lebensmittel, was den Widerstandsgruppen noch mehr Zulauf verschaffte.
All dies führte dazu, dass das Deutsche Reich in Europa nicht zu dem Wachstumsmotor wurde, der Hitler vorgeschwebt hatte. In den Jahren 1942 bis 1944 belief sich die Jahresproduktion an Panzern für die deutsche Wehrmacht bei etwa 6.000 Stück, während Großbritannien, einschließlich der selbstverwalteten Überseegebiete, 8.000 Stück produzierte, die Sowjetunion 19.000, und in den USA stieg die Produktion von 17.000 Panzern im Jahr 1942 auf 29.000 im Jahr 1944.
Die deutsche Politik der rücksichtslosen Ausbeutung entpuppte sich als kontraproduktiv, obwohl selbst bei einer kooperativen Strategie schwer vorstellbar ist, wie Hitlerdeutschland annähernd Parität mit der kombinierten Wirtschaftskraft seiner Feinde hätte erreichen sollen.
Amerika kommt ins Spiel
Hitler wusste dies natürlich und war insbesondere besorgt über die Aussicht, dass die enorme Produktivkraft der amerikanischen Wirtschaft auf Seite der Alliierten zum Tragen kommen könnte. Im Laufe des Jahres 1941 und besonders nach Beginn nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion, machte US-Präsident Franklin Delano Roosevelt sich zunehmend Sorgen über eine mögliche deutsche Vorherrschaft auf dem europäischen Kontinent, von der er zu Recht befürchtete, dass sie das Sprungbrett einer deutschen Konfrontation mit Amerika werden könnte.
Also sicherte er sich die Zustimmung des Kongresses für eine enorme Steigerung der Kriegsproduktion und begann, zuerst England und später die Sowjetunion mit steigenden Mengen an Heeres, Se- und Luftwaffenausrüstung zu versorgen.
Am 7. Dezember 1941 griffen japanische Flugzeuge die US-Flotte in Pearl Harbor an. Hitler betrachtete das als Chance. Der Krieg gegen die Japaner würde die Amerikaner eine Zeit lang beschäftigen. Er hielt den Moment für gekommen, den USA offen den Krieg zu erklären, die amerikanischen Versorgungslinien nach Großbritannien und Russland zu unterbrechen und Letzteres zu besiegen, bevor die amerikanische Aufrüstung ein Niveau erreichte, das Deutschland gefährlich werden könnte.
Am 11. Dezember erklärte Hitler den USA den Krieg. Der U-Boot-Krieg im Atlantik begann sofort und lieferte Hitler wesentliche Erfolge — die deutsche Kalkulation schien aufzugehen. Das Jahr 1941 hatte, auf vielerlei Art, die größten deutschen Kriegserfolge zu verzeichnen. Aber der Trend begann sich noch vor dem Jahresende umzukehren, und mit der Serie von Rückschlägen, die damals einsetzte, werde ich mich in meinem nächsten Vortrag befassen.
(©Professor Richard Evans, Gresham College, 12. September 2008)
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Hitler and the origins of the war, 1939-1941“. Er wurde von Christoph Hohmann vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzerteam und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratteam lektoriert.
Quellen und Anmerkungen: