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Der Nicaragua-Coup

Der Nicaragua-Coup

Westliche Politik und Medien blasen zum Angriff auf die nicaraguanische Regierung.

Einen geopolitischen Aspekt zur Situation haben viele Kritiker jedoch nicht auf dem Schirm: Den geplanten Nicaraguakanal zwischen Pazifik und Atlantik beziehungsweise dessen Nebenmeer Karibik. Denn dieser könnte die Ausnahmestellung des Panamakanals, der sich mehr oder weniger unter Kontrolle der USA befindet und dessen letzte Erweiterung erst am 26. Juni 2016 feierlich in Betrieb genommen, ernsthaft gefährden. Offenbar gibt es konkrete Vorbereitungen für den Baubeginn. Beziehungsweise es gab sie, bis Unruhen ausbrachen.

Der Gedanke „Nicaraguakanal“ kam mir auch erst heute und das eben auch, weil der Kanal bisher wenig thematisiert wurde. Dabei hatte ich vor etwa einem Jahr aus historischem Interesse Verschiedenes zum Panamakanal und dann auch zu dessen möglichem Nachfolger beziehungsweise Konkurrenzprojekt Nicaraguakanal gelesen. Wie gar nicht abwegig mein Gedanke ist, dass dieses geopolitisch außerordentlich wichtige Projekt etwas mit dem aktuellen Konflikt in Nicaragua zumindest zu einem gewissen Teil zu tun hat, zeigte dann aber schon eine kurze Internetrecherche nach „Nicaragua Kanal“ in den Google News (10).

Die Südwestpresse (SWP) veröffentlichte am 18. Juli 2018 einen Artikel, in dem es heißt:

„Da lautete der Vorwurf der Studentenbewegung, Ortega habe ein Feuer in einem Naturschutzpark nicht schnell genug löschen lassen, um befreundeten Großgrundbesitzen Grundstücke zukommen zu lassen. Die Gegner des 50-Milliarden-Projektes ‚Nicaragua-Kanal‘ wehren sich gegen riesige Enteignungen.“

Ich bitte Sie inständig, diesen Artikel, sollten Sie ihn sich aus dem Netz fischen, erst nach der Lektüre der oben erwähnten und unten aufgeführten Quellen durchzulesen. Der SWP-Artikel enthält so viel Gift und ist praktisch ungenießbar. Dennoch enthält er eben den Hinweis auf den Nicaraguakanal.

Ein Artikel in Spektrum weist auf den geopolitischen Zusammenhang zu China hin (11). Das entspricht auch meinem Wissensstand beziehungsweise dem, was mir als „veröffentlichte Meinung“ zum Nicaraguakanal bekannt ist. Spektrum:

„Es liegt nahe, dass es sich auch um geopolitische Beweggründe handelt, weshalb die Chinesen diese Route öffnen wollen. (…) China gehört zu den größten Abnehmern venezolanischen Erdöls, und beide Staaten sind eng miteinander befreundet. Es erscheint also logisch, dass sich die Volksrepublik sichere Alternativen sucht, auch wenn der Panamakanal heute nicht mehr unter US-amerikanischer Aufsicht steht, sondern Panama gehört.“

Und auch der Mannheimer Morgen (MM) „weiß“ heute etwas zum Nicaragua-Kanal zu berichten:

„‚Wir müssen an die Öffentlichkeit bringen, was in Nicaragua passiert‘, begann Cardenal seinen Essay und wetterte, dass Staatschef Ortega das Gesetz zum Bau eines interozeanischen Kanals ‚innerhalb eines einzigen Tages‘ durch den Nationalkongress schleuste und tags darauf die Konzession ‚mit einer Schwindel erregenden Schnelligkeit‘ an ein chinesisches Unternehmen und einen Investor namens Wang Jing vergab.“

Es mag sein, dass die Opposition und die USA sowie ihre Verbündeten die aktuelle Regierung Nicaraguas aus verschiedenen Gründen stürzen wollen, aber das Thema Nicaraguakanal sollte man auf jeden Fall dabei nicht aus den Augen verlieren. Insbesondere, da es ja von der westlichen Seite thematisiert wird und unsere Propagandisten die Unruhen, an denen der Westen wieder mal angeblich „völlig unschuldig“ ist, mit dem Kanal in einen Zusammenhang bringen.

So billig wie jetzt bekommen die USA dieses geopolitisch enorm wichtige Thema nicht mehr vom Tisch. Auch wenn sich die Regierung Nicaraguas trotz aller Schmutzkampagnen und bewaffneten Angriffe im Land im Amt halten kann, kann man den Kanalbau vielleicht so verhindern. Eventuell wäre sein Bau nie geglückt, aber glauben Sie, dass die USA wirklich ein solches Risiko eingeht und dabei zuschaut, wie das Ding gebaut wird und dann auf das Pech der Bauherren hofft? Mit oder ohne Chinesen: Der Bau des Kanals wäre ein schwerer Schlag für die USA, zumindest aus Sicht der dortigen Hardliner.

Die von SWP und Co. angesprochenen Rentenkürzungen in Nicaragua wurden übrigens auf Druck des IWF (Internationaler Währungsfonds) durchgeführt, der bekanntermaßen unter massivem Einfluss der USA steht und weltweit Staaten ein neoliberales Regime aufzwingt.

Der nicaraguanische Präsident Ortega widersetzte sich den Anweisungen des IWF und kürzte die Renten weniger als quasi von den USA befohlen. Wenn sich unsere Medien und „Aktivisten“ dennoch über Rentenkürzungen durch die nicaraguanische Regierung aufregen und auch diesen die Schuld an den Unruhen geben, zeigt das beispielhaft die atemraubende Hinterlistigkeit unserer Propagandisten. Sie wollen uns für dumm verkaufen.


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.rubikon.news/artikel/die-gekaufte-revolution
(2) https://www.rubikon.news/artikel/contras-2-0
(3) http://blauerbote.com/2018/07/26/bundesregierung-plant-angriff-auf-nicaragua-staatssekretaer-annen-reagiert-aggressiv-auf-kritik/
(4) https://www.jungewelt.de/artikel/337135.blaupausen-des-regime-change.html
(5) http://www.barth-engelbart.de/?p=204056
(6) https://amerika21.de/blog/2018/07/207732/nicaragua-definitionssache
(7) https://www.jungewelt.de/artikel/336430.nach-drehbuch.html
(8) https://amerika21.de/analyse/206829/nicaragua-solidaritaet-konflikt
(9) https://www.heise.de/tp/news/Akten-zur-Iran-Contra-Affaere-veroeffentlicht-2032783.html
(10) https://www.google.de/search?q=Nicaragua+Kanal&tbm=nws
(11) https://www.spektrum.de/news/nicaraguakanal-jahrhundertwerk-oder-desaster/1240739
(12) https://www.morgenweb.de/mannheimer-morgen_artikel,-welt-und-wissen-toedliche-traeume-von-freiheit-und-demokratie-_arid,1293022.html
(13) http://www.taz.de/!5432544/

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