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Der Matriarch

Der Matriarch

Ein Ex-Kriminalpolizist vergleicht die Abrichtung der Menschen in Coronazeiten mit militärischer Disziplin und entwirft das Gegenbild einer egalitären Gesellschaft.

Nach eigener Bezeichnung ist Reinhard Maaß Kriminalpolizist im Unruhestand. Beruflich und privat ist er auf der Suche nach Wahrheit. Der gelegentliche Rubikon-Autor ist in regem Austausch mit der Redaktion Aufwind und Quell der Inspiration zu den großen Themen unserer Zeit. In der ehemaligen DDR aufgewachsen, interessiert er sich besonders für das Erkennen und Aufbrechen von Machtstrukturen und Hierarchien. Nach seinen Reisen durch die Welt beobachtet er heute das Zeitgeschehen von Litauen aus.

Kerstin Chavent: Lieber Reinhard Maaß, was machen Sie in Litauen? Wie nehmen Sie die Lage dort wahr? Was ist anders als in Deutschland?

Reinhard Maaß: Litauen ist Mitglied der EU und der NATO. Nach der Unabhängigkeit von der Sowjetunion ging es hinein in eine verdeckte neue Abhängigkeit. In den ersten Jahren kamen Auslandslitauer aus den USA, um führende Positionen in der Gesellschaft zu besetzen. Viele Litauer sind sich der Tatsache bewusst, dass sie ein kleines Land sind, welches besonders in wirtschaftlicher Hinsicht Teil einer größeren Gemeinschaft sein muss. Heute macht Litauen die undemokratischen und gefährlichen Corona-Bekämpfungsmaßnahmen praktisch genauso mit wie Deutschland.

Ich kam 1995 nach Litauen, weil die litauische Polizei partnerschaftliche Beziehungen zur Landespolizei Mecklenburg-Vorpommerns pflegte. Das interessierte mich. Ich fuhr privat nach Litauen in den Urlaub und lernte Freunde kennen. Zeitweilig hatte ich ein etwas baufälliges Ferienhaus. Nach meiner Pensionierung habe ich hier meine Lebensabschnittspartnerin kennengelernt. Ich lebe mit ihr, der Tochter und dem 4-jährigen Enkelkind in ihrem alten Haus aus der Sowjetzeit.

Als jemand, der in der DDR aufgewachsen ist, sehen Sie Parallelen zu der aktuellen Lage in Deutschland? Woran lassen sich Ihrer Erfahrung nach totalitäre Tendenzen erkennen? Stehen wir am Anfang oder am Ende einer Diktatur?

Die Parallelen zur DDR sind überdeutlich. Fernsehen und Zeitungen propagieren zu über 90 Prozent die Regierungspolitik. Man weiß schon vor dem Schauen oder Lesen, was kommt. Statt der „sozialistischen Menschengemeinschaft“ gibt es jetzt eine „solidarische Gemeinschaft“ der Geimpften. Statt die damalige „wissenschaftliche Weltanschauung“ verbreiten die führenden Köpfe heute „Vertrauen wir der Wissenschaft“. Klingt das nicht sehr ähnlich?

Wie in der DDR werden alle Menschen, die die Regierungspolitik und die einseitige Propaganda nicht mitmachen, die Zweifel und Gegenmeinungen anmelden oder demonstrieren gehen, als unaufgeklärt, uneinsichtig, seltsam oder als Staatsfeinde bezeichnet.

Letztere werden heute nicht von der Stasi, sondern vom Verfassungsschutz beobachtet. Ich wundere mich, wie viele Mitbürger, die jahrelang in der DDR gelebt haben, das noch einmal haben wollen.

Die Entwicklung der Technik und die Machtkonzentration der großen kapitalistischen Finanz- und Wirtschaftskonzerne sind so weit fortgeschritten, dass jeder einzelne Mensch auf der Erde ständig von zentralisierten Überwachungssystemen kontrolliert werden kann. Die Geheimdienste in der DDR und der Sowjetunion hätten davon nur träumen können.

Als ehemaliger Zeitsoldat und Hauptkommissar sind Sie mit dem Antrainieren von Gehorsam, mit Traumatisierung und Entmenschlichung vertraut. Es wird als „normal“ angesehen, in bestimmten Berufen und unter bestimmten Umständen Menschen zu schikanieren und zu erniedrigen. Dieses Thema, so bemerken Sie, wird auch in den alternativen Medien wenig behandelt. Was ist Ihnen wichtig zu sagen?

Ich war drei Jahre bei der Nationalen Volksarmee der DDR und habe eine Unteroffiziersschule besucht. Was dort als „normal“ empfunden wurde, ist nicht einfach nur Schikane oder Erniedrigung. Es ist das, was Arno Gruen als „Wahnsinn der Normalität“ beschrieben hat. In meinen Augen fand dort eine regelrechte Entmenschlichung statt. „Er ist kein Mensch, er ist kein Tier — er ist ein Unteroffizier.“

Die Unteroffiziere sind meist verantwortlich für die Gruppenausbildung. Sie führen Marschübungen im Gleichschritt und mit Marschgesang durch. In der Grundausbildung müssen die Rekruten auch zur Esseneinnahme marschieren. Die geregelte Mittagspause dauert etwa eine halbe Stunde. Naturgemäß klappen bei den neuen Soldaten Gleichschritt und Gesang nicht hundertprozentig. Dann wird eine neue Runde marschiert, so lange, bis nur noch 5 Minuten zum Essenempfang und Mittagessen verbleiben. Die Rekruten müssen das Essen irgendwie herunterschlingen, oder sie werden eben nicht satt.

Ich bin der Überzeugung, dass ein nicht traumatisierter und zum Gehorsam abgerichteter Mensch nicht in ein fremdes Land einmarschiert und fremde Menschen erschießt.

Warum sollte ein gesunder, vernünftiger Mensch das tun? Dennoch hält die Mehrheit der Deutschen Bundeswehr und Auslandseinsätze genannte kriegerische Handlungen für normal. Es ist hierbei so ähnlich wie bei Corona. Wenn scheinbar alle das machen, was staatlich angeordnet wird, ziehen viele daraus den Schluss, das sei normal. Doch es ist nicht normal, Masken, Impfbescheinigungen oder andere Gesundheitsnachweise mit sich führen zu müssen. Das gab es nicht einmal in der DDR!

Sie konstatieren, dass die Erziehung zur Beachtung der Coronaregeln ähnlich abläuft wie die Schikane bei der Volksarmee und der Bundeswehr: das plötzliche Aufstellen neuer Regeln, die nicht hinterfragt werden dürfen, das Nichtdulden von Widerspruch, die Bestrafung bei Nichtverfolgung. In beiden Kontexten geht es um das Bekämpfen eines Feindes. Werden heute ganze Völker militärisch gedrillt?

Ja, so ist es in meinen Augen. Im Krieg gegen das Virus werden die gleichen Methoden angewandt wie in der Armee. Die Lockdowns sind vergleichbar mit dem Einsperren in der Kaserne. Ausgang gibt es in beiden Fällen nur mit Genehmigung. Auf Befehlsverweigerung steht Arrest. Widerspruch wird auf dem Kasernenhof und in den großen Medien nicht zugelassen. In den sozialen Medien gibt es offene Zensur, so wie die Briefe aus den Gefangenenlagern zensiert wurden.

Die Maske ist analog zur Uniform. Freund und Feind sind damit sofort erkennbar. Die AHA-Regeln sind wie Dienstvorschriften, die nicht hinterfragt werden dürfen. Kleinste Abweichungen werden sofort korrigiert: Die Dienstmütze sitzt schief — die Maske sitzt nicht über der Nase. Bei der Armee müssen die Übungen wiederholt werden, wenn einzelne Rekruten aus dem Gleichschritt geraten. Wegen der Ungeimpften können die Maßnahmen nicht aufgehoben werden. Das Kollektiv wird für das Handeln Einzelner bestraft.

Bei der NVA gab es Alarmübungen am Tage, wozu sich die Rekruten ausziehen und ins Bett legen mussten. „Ich befehle Dunkelheit!“, brüllte der Zugführer über den ganzen Flur. Solchen Blödsinn vergessen Sie das ganze Leben nicht. Bei der Armee kann letztlich alles befohlen werden. Das erleben wir jetzt in der Zivilgesellschaft. Ein Lockdown für Ungeimpfte zum Beispiel kann befohlen werden. Ob etwas sinnvoll ist, spielt keine Rolle.

Ebenso wie die Hygiene. Der Hauptfeldwebel kontrollierte das Reinigen der persönlichen Waffe, der sogenannten Braut des Soldaten, mit weißen Handschuhen. In der Zivilgesellschaft sollen heute überall und ständig die Hände desinfiziert werden. Wie unter den Stiefeln der Rekruten darf es keinen Schmutz geben. So werden Menschen zur Kriegführung abgerichtet. Der Kampf muss durchgehalten werden, bis das letzte Virus erledigt ist.

In einem Ihrer letzten Schreiben äußern Sie den Gedanken, dass das „banale Böse“ in unseren Kinderzimmern beginnt. Es erwacht dann, wenn Eltern ihre Kinder misshandeln. Sie gehören zu einer Generation, in der es als normal galt, den Kinderwagen mit dem schreienden Kind möglichst weit wegzuschieben und den Rohrstock zu benutzen. Kann es gelingen, sich aus der frühkindlichen Traumatisierung zu befreien?

Ich hatte lebenslang kein hundertprozentiges Vertrautheitsgefühl zu meiner Mutter. Mir war lange nicht klar, warum. Ich hatte eine komplizierte Geburt und wurde danach in ein entferntes Säuglingszimmer verfrachtet. Das galt 1955 als normal. 1988 gab es in der DDR in dem Bezirkskrankenhaus, in dem meine Tochter geboren wurde, eine tolle Neuerung aus dem Westen: das „Rooming in“-Prinzip. Die Säuglinge durften bleiben, wo sie naturgemäß hingehören: bei ihrer Mutter.

Meine Mutter konnte mich nicht regelmäßig stillen. Drei Monate nach meiner Geburt musste sie wieder zur Arbeit gehen. Als meine Mutter alt wurde, war ich gefühlsmäßig in der Lage, sie nach einem Schlaganfall für die letzten Lebensjahre zur Betreuung in ein Pflegeheim abzugeben. Aus heutiger Sicht hätte ich sie durchaus zu Hause betreuen können. Ein Klassenkamerad, der nicht im Krankenhaus geboren wurde, pflegte seine Mutter im Rollstuhl zu Hause bis zu ihrem Ableben.

Wenn heute viele alte Menschen isoliert in Pflegeheimen dahinvegetieren und sterben, dann gibt es möglicherweise einen Zusammenhang zu einer fehlenden gesunden Bindung zwischen Eltern und Kindern. Das Kindheitstrauma der Isolation im Säuglingszimmer erzeugt vielleicht ein Erwachsenentrauma der Isolation im Altenheim.

In Ihren Schreiben erwähnen Sie häufig das Thema Matriarchat. Sie waren lange Zeit Mitglied in der Solidarischen Landwirtschaft Klein Trebbow in Mecklenburg-Vorpommern. Ihrem Eindruck nach sind dort die jungen Frauen das Herz der Gemeinschaft. Was ist anders, wenn Frauen in der Mitte der Gesellschaft stehen?

Ich bin zusammen mit meiner litauischen Partnerin Mitglied der Kulturland-Genossenschaft e.G. (1). Diese hat es sich zur Aufgabe gemacht, Agrarland der Verfügungsgewalt der großen Konzerne zu entziehen und es der solidarischen und ökologischen Landwirtschaft zur Verfügung zu stellen. Die Solidarische Landwirtschaft (Solawi) im Landkreis Mecklenburger Seenplatte besteht erst seit einigen Jahren (2). Für jeweils 500 Euro haben wir beide einen Anteil von je 500 Quadratmeter Weidefläche erworben, die von der Solawi Klein Trebbow (bei Neustrelitz in Mecklenburg) bewirtschaftet wird.

Es leben dort ganzjährig Rinder draußen. Der Großteil der landwirtschaftlichen Arbeiten, Gemüseanbau, Rinder-, Schaf- und Schweinezucht, wird von einer Gärtnerin und zwei jungen Bauern erledigt. Mitglieder der Solawi aus der nahen Residenzstadt Neustrelitz und Umgebung kommen mit Kind und Kegel an Wochenenden hinaus und legen persönlich mit Hand an. Alles ist freiwillig und gemeinnützig. Es beteiligen sich nicht immer alle der siebzig bis einhundert Mitglieder oder deren Familienangehörige.

Es herrscht dort eine besondere herzliche und freundschaftliche Atmosphäre, welche im Kern von den jungen Frauen und ihren Kindern ausgeht. Die Ehefrauen beziehungsweise Partnerinnen/Partner der Bauern und der Gärtnerin sind in der Solawi beschäftigt. Sie betreuen gemeinschaftlich die Kleinkinder auf dem zentralen Hof, von welchem aus die Landwirtschaft betrieben wird. Wenn Nachwuchs kommt, nimmt die gesamte Gemeinschaft Anteil.

Die offenkundig glücklichen Partnerschaften und die Arbeit für ein gemeinsames Ziel wirken ansteckend. Es finden regelmäßig Hoffeste und Kulturveranstaltungen statt. Es gibt eine Kultur- und Musikscheune und entsprechende Projekte. Die Mitglieder bringen Kaffee und Kuchen mit. Es wird ein Schwein am Spieß gegrillt. Immer sind Kinder dabei. Die können die Schafe füttern oder die Schweine besuchen und lernen, was Unkraut ist und gejätet werden muss. So lange, wie sie Lust dazu haben.

Im Frühjahr pflügte die Gärtnerin bei Minus-Graden im offenen Traktor ein Feld. Die anderen hatten ihr bei ihrer Rückkehr schon ein heißes Bad bereitet. Es herrscht ein freundschaftlicher und kameradschaftlicher Umgang miteinander. Jeder sieht die Arbeit und springt dem anderen bei, wenn es nötig ist. Anstelle von Konkurrenz wird Kooperation gelebt.

Wie Obst und Gemüse wächst die Gemeinschaft natürlich. Die Frauen bringen ihre weibliche Haltung ein. Ich konnte das bei einer Birkensaft-Kampagne im Frühjahr erleben. Zum Land der Solawi gehören auch Waldstücke, auf denen Birken wachsen. Ich hatte mit angeregt, dort den Birkensaft zu ernten und mit meinem Akkuschrauber die Birken mit dem 10-mm-Bohrer angebohrt. Das ist ein sehr kleines Loch in einer großen starken Birke. Die Birke ist ein zähes Gewächs. Sie kann praktisch überall Wurzeln schlagen. Die Gärtnerin sagte mir, sie werde die Wunden an den Birken später mit Baumwachs wieder verschließen. Mir wäre das nicht im Traum eingefallen. Die Birke kann sich doch wohl von allein von diesem einen Kratzer wieder erholen. Sie meinte, auch die Bäume wären lebende Wesen. Wir müssten mit ihnen fühlen.

Sie stellen sich die matriarchale Gesellschaft als eine Art Kibbuz vor, der nach dem Prinzip solidarischer ökologischer Landwirtschaft wirtschaftet und von Gelegenheiten zu Zusammenkünften und Austausch lebt. Freiheit und Liebe bilden für Sie die Säulen eines harmonischen und gesunden Zusammenlebens. Wie ist es möglich, die Menschen hierfür zu sensibilisieren?

Vor allem durch Aufklärung und Anwendung echter wissenschaftlicher und gesellschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse. Es sollte niemand bei dem Begriff Matriarchat oder Kibbuz erschrecken und sich eine neu aufgelegte urtümliche Gesellschaft von Jägern, Sammlern, Ackerbauern oder eine religiöse Vereinigung vorstellen.

Ich verstehe unter einem modernen Matriarchat das gleichberechtigte Zusammenleben von erwachsenen Menschen mit einer selbstständigen Partnerwahl ohne staatliche oder religiöse Einflussnahme bei gleichzeitiger gesellschaftlicher Absicherung der Mütter, unbesorgt ihre Kinder aufziehen zu können.

Jeder kann mit erwachsenen Partnern zusammenleben, solange es den Beteiligten gefällt. Das muss aber nicht gesetzlich in Form einer Ehe geregelt werden, mit Steuervorteilen, Zugewinngemeinschaft oder am Ende Scheidungsanwälten und -richtern. Es muss auch nicht religiös begründet oder zeremoniell bekräftigt werden, wenn die Beteiligten das nicht ausdrücklich so wünschen.

In meinen Augen ist das Gesellschaftsmodell, in dem biologische Nachkommen zur Absicherung von Eigentum und Vermögen gezeugt werden, gescheitert. Es hat uns vor allem Kriege gebracht. In einem neuen Gesellschaftsmodell herrscht eine Art universelles Menschenrecht, nach dem jedem Menschen ein lebenslanges Nutzungsrecht der Erdoberfläche zusteht. Niemand hat das Recht, Wasser, Landschaften, Bodenschätze, Luft, Kosmos zu seinem privaten Eigentum zu erklären und an seine Nachkommen weiterzuvererben.

Jeder Mensch hat von Geburt an zur Verfügung, was zur Aufrechterhaltung eines gesunden und natürlichen Lebens notwendig ist. Es gibt eine Grundsicherung zur Verwirklichung der Ideale Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit, die mit dem Tod endet. Weil es keine Rüstungsproduktion und keine Kriege mehr gibt, haben alle Menschen ein besseres Leben. Niemand kann mehr ausgebeutet werden. Es braucht keine Werbeindustrie, kein gewinnorientiertes Gesundheitswesen, keinen Lobbyismus, kein Investmentbanking.

So wird die Basis geschaffen für das, was mein Hauptanliegen für die neue Gesellschaft ist: die freie Liebe. Materiell abgesichert und nicht von staatlichen oder religiösen Vorschriften behindert, können wir uns so oft verlieben, wie es unserer Natur entspricht. Junge Erwachsene können sich ohne Angst ausprobieren. Anstelle der Ehe tritt das verliebte Sein. Wie in dem plattdeutschen Liebeslied „Dat Du min Lewsten büst“ ist es die Frau, die entscheidet, wem sie Fenster und Tür öffnet.

Die Musuo in den Bergen von China und Tibet heiraten nicht. Die Töchter leben im Haus der Mutter und laden nachts die Partner oder Partnerinnen auf ihre Zimmer ein. Die Menschen können sich eine kurze Zeit oder ein ganzes Leben lang besuchen. 15- bis 20-mal soll sich eine Frau in ihrem Leben verlieben können. Die biologische Vaterschaft ist unwichtig. Die Kinder sind durch die weibliche Erbfolge materiell abgesichert. Väter brauchen keinen Unterhalt zu zahlen. Die Kinder können im Dorf von Haus zu Haus gehen und sind überall willkommen. Häusliche Gewalt oder gar Vergewaltigung sind bei den matriarchalisch lebenden Musuo nicht bekannt. Das sind Probleme der chinesischen Nachbarn.

Es mangelt uns heute nicht an guten Ideen. Gerade in den letzten eineinhalb Jahren haben sich zahlreiche Initiativen für eine bessere Zukunft gebildet. Schwieriger ist es, die Menschen ins Handeln zu bringen. In Deutschland, so beobachten Sie, gibt es an die 50 Millionen Fußballfans. In allen größeren Städten sind Stadien errichtet worden. Dem gegenüber verzeichnet die Deutsche Friedensgesellschaft um die 8.000 Mitglieder. Wo sehen Sie Möglichkeiten, die Menschen dazu zu motivieren, sich weniger von Brot und Spielen ablenken zu lassen und mehr für gelebten Pazifismus zu engagieren?

Die pazifistische Deutsche Friedensgesellschaft ist älter als die Bundesrepublik selbst. Das Grundanliegen Weltfrieden ist von so überragender Bedeutung, dass ich gar nicht anders kann, als Menschen, die sich dafür einsetzen, zu unterstützen. Was ich nicht verstehe ist, warum die alternative Szene und die neuen Bewegungen so wenig darüber informieren. Über die Bundesliga hingegen wird viel informiert. Wie sähe die Welt heute aus, wenn die Fußballfans sich für den Frieden engagieren würden?

Es geht beim Fußball ja prinzipiell auch um Werte wie Weltoffenheit, Toleranz, Fairness, Teamgeist. Ich finde, wir brauchen eine Art Friedensliga, in der jeder Einzelne Mitglied ist, egal, von welchem Club er Fan ist. So wie wir die Bundeliga nicht neu erfinden müssen, müssen wir auch die Deutsche Friedensgesellschaft nicht erfinden. Es gibt sie schon. Haben wir wirklich keinen müden Euro für die DFG-VK, aber einen Fuffi für ein Fußball-Ticket?

Die dem Menschen innewohnenden positiven Gefühle und die Sehnsucht nach Gemeinschaft, Zusammengehörigkeit, friedlichen und fairen Wettkämpfen, das kann man/Mann in seiner Freizeit im Stadion unmittelbar erleben. Weltfrieden ist wichtiger als Fußball. Das müsste uns allen klar sein. Jetzt geht es vor allem darum, die Friedensfans zusammenzubringen.

Ja, lieber Reinhard Maaß, das finde ich auch. Vielen Dank für das Gespräch.


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Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.kulturland.de/de/start
(2) https://www.solidarische-landwirtschaft.org/startseite
(3) https://dfg-vk.de/

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