Die Impfpflicht ist nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben. Erstmals in der Nachkriegsgeschichte könnten schon in diesem Frühling Menschen nicht für etwas ins Gefängnis kommen, was sie getan haben, sondern dafür, was sie sind. Ungeimpfte könnten schon bald von ihrer Regierung beraubt und ersatzweise eingesperrt werden — für einen Körperstatus wie 2019 oder 2020 auch. Während eine Minderheit der Bürgerinnen und Bürger in den letzten zwei Jahren sie selbst geblieben sind, hat sich die Welt um sie herum in einen anschwellenden moralischen Furor hineingesteigert: Es genügt nicht mehr, 60, 70 oder 80 Prozent der Bürger in die Impfung hineingelockt oder -erpresst zu haben — alle müssen „es“ tun.
Und wie reagieren die meisten Bürger? Sie richten ihre Aggressionen anstatt auf den, der sie unterdrückt, auf den, der auf die Unterdrückung hinweist. Kai Strittmatter beschreibt in seinem China-Buch die Mentalität des Untertanen sehr treffend dar:
„Ein besonderes Stadium der Taubheit ist jenes, in dem der Untertan alles hasst, was gut und gerecht ist. Jeder Idealist ist ihm ein Heuchler, jeder, der sich für Gerechtigkeit einsetzt, ist ihm ein schamloser Opportunist, der in Wirklichkeit nur für sich selbst handelt.
Warum ist das so?
„Der Eindruck moralischer Unterlegenheit weckt bei Menschen überall Abwehrreflexe. Auch im Westen haben Studien gezeigt, dass jene, die als Einzige in einer Gruppe moralisch richtig handeln, sich nicht Bewunderung einhandeln, sondern Hass. Sie führen den anderen die eigenen Makel vor und erinnern daran, dass anderes Handeln eben doch möglich ist.“
Die Furcht vor der Wahrheit
Die Lage ist derzeit reichlich absurd. Der Impfdruck scheint sich im gleichen Maße zu verstärken, wie sich die Untauglichkeit besagter Spritze für einen wirklich wirksamen Schutz erweist. Je stärker die herrschenden Narrative bröckeln — vor allem jenes von der angeblich allein selig machenden Wirkung der Spritze —, desto selbstbewusster und unduldsamer scheinen sich seine Verfechter zu gebärden. Wir können nur hoffen, dass es sich dabei, wie der Wiener Psychiater Raphael Bonelli annimmt, um die letzte von mehreren Phasen der „Abwehr“ handelt — ein psychologischer Fachterminus, der den Widerstand gegen eine im therapeutischen Prozess zum Vorschein kommende, vom Patienten als unerträglich empfundene Wahrheit bezeichnet.
Menschen sterben im Zusammenhang mit einer Impfung. Dies festzustellen ist aber nur der erste Schritt. Der zweite würde darin bestehen, diese Tatsache an sich herankommen zu lassen, sie zu glauben und die notwendigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen — zum Beispiel gegenüber der aktuellen massiven Impfkampagne Misstrauen zu hegen oder die eigene Impfabsicht noch einmal zu überdenken. Warum sehen so viele Zeitgenossen das Naheliegende nicht und halten — selbst Linke! — der Regierung ausgerechnet beim schlimmsten Angriff auf die Freiheit seit 76 Jahren die Treue? Dies, so sagt Bonelli, hat viel mit der Psychiatern wohlbekannten Dynamik der Verdrängung zu tun.
Droht ein Glaubensgebäude zum Einsturz zu kommen, mit dem das eigene Sicherheitsgefühl eng verknüpft ist, wehren Menschen Wahrheiten, die nicht in vorgefertigte Bilder passen, konsequent und oft aggressiv ab.
Die vulnerablen Geimpften
Blicken wir zurück: Schon im Frühherbst 2021 waren 60 bis 70 Prozent der Menschen doppelt geimpft. Anstatt dass infolge der angeblich so segensreichen Spritze das Thema Corona herunterkochen konnte, wurden jedoch drastisch steigende „Inzidenzen“ gemeldet. Darauf folgte eine in der Nachkriegsgeschichte beispiellose Welle der Diskriminierung gegen einen bestimmten Bevölkerungsteil.
Wieder schien all das jedoch nicht zu helfen, wieder stiegen die Inzidenzen. Und man las überall Meldungen über überlaufende Intensivstationen — überwiegend weil es noch während der Epidemie einen Schwund beim Pflegepersonal gab, nicht etwa weil der physische Gegenstand „Bett“ rar geworden wäre. Daraufhin eine moderne Hexenjagd übelster Sorte: Ungeimpfte „besetzen“ angeblich die knappen und eigentlich den Anständigen vorbehaltenen Krankenhausplätze.
Dabei dürfen die offiziellen Zahlen über das Verhältnis von Geimpften und Ungeimpften auf den Intensivstationen getrost infrage gestellt werden — vielfach stehen nicht einmal verwertbare Zahlen zur Verfügung. Jedenfalls ist die Wirkung der Spritze nicht derart eindrucksvoll, dass man nicht auch den Verzicht darauf als rational und menschlich nachvollziehbare Entscheidung respektieren könnte.
Neuere Zahlen des Robert Koch-Instituts legen nun sogar nahe, dass für Geimpfte eine größere Wahrscheinlichkeit besteht, an der Omikron-Variante zu erkranken, als für Ungeimpfte, wie unter anderem Gunnar Kaiser in einem Video berichtet. „Von 5.116 Omikron-Fällen, bei denen der Impfstatus bekannt war, waren 4.020 Personen vollständig geimpft.“ Von den vollständig Geimpften standen dabei die „Geboosterten“ deutlich besser da. Abgerundet kann man sagen, dass einer von fünf Betroffenen ungeimpft war, ein weiterer geboostert, die restlichen drei „nur“ zweimal geimpft.
Es sieht also so aus, als ob zweimal Geimpfte derzeit in Bezug auf Omikron eine besonders vulnerable Gruppe darstellten — und dies, nachdem man uns diesen Status ein Jahr lang als das Non plus Ultra verkaufen wollte. Derart gefährdete Personen können dann, da der Rückweg ins Ungeimpftsein nicht möglich ist, eigentlich nur noch in der nächsten „Boosterung“ ihr Heil suchen. Mittlerweile scheint jedoch selbst passionierten Impfbefürwortern klar zu sein, dass der Impfschutz ein recht baldiges Verfallsdatum hat — nach zwei bis drei Monaten nimmt die Immunität rapide ab.
Und obwohl all diese Informationen eigentlich die Fixierung auf das Impfen als angeblich einzige Lösung eindrucksvoll widerlegt haben sollten, ist die Antwort der Befürworter: mehr Impfungen. Vielleicht auch andere, „upgedatete“ Impfstoffe. Das „Impfabo“, das zuvor nur unverbesserliche Verschwörungstheoretiker an die Wand gemalt hatten, scheint nun ernstlich auf die Menschheit zuzukommen.
Auf dem Weg zum Impfabo
Es versteht sich eigentlich von selbst, dass es den Verantwortlichen aus Politik und Medien, die diese beispiellos penetrante Impfkampagne bisher getragen haben, schwerfallen wird, den bisher so geduldigen Menschen einen endlosen Impfmarathon zu verkaufen. Millionen Menschen werden sich früher oder später von Mitläufern der Ungeimpften-Diskriminierung in selbst Diskriminierte verwandeln. Irgendwann wird fast jeder nicht mehr mithalten können.
Die Staatsmacht müsste also entweder offen für das Impfen auf Lebenszeit werben, oder sie müsste zugeben, dass die ganze von ihr über zwei Jahre propagierte Logik äußerst brüchig gewesen war. Sie müsste klarstellen: Da Impfungen nicht nur überwiegend keine Vorteile für die Versuchspersonen bringen, sondern — abgesehen von möglichen Impfschäden — zumindest bei Omikron sogar die Wahrscheinlichkeit einer Infektion erhöhen (!), sollte die Impfpflicht als historische Schnapsidee ad acta gelegt werden.
Auch der indirekt ausgeübte Impfdruck muss gänzlich aus dem öffentlichen Leben verschwinden. Die Befürworter sollten endlich mit jener Bescheidenheit auftreten, die den eher dürftigen Ergebnissen ihres Tuns angemessen wäre.
Doch noch spielen die Akteure auf Zeit. Aus der Sicht von Pharmalobbyisten und „ihren“ Politikern macht diese Taktik durchaus Sinn. Selbst wenn Mitte 2022 oder 2023 das ganze Kartenhaus zusammenstürzt, können bis dahin noch Millionen Impfdosen verspritzt werden. Die Damen und Herren pokern.
Sie versuchen, durch eine selbstsichere Ausstrahlung, die sich von der Realität völlig abgekoppelt hat, den Eindruck zu erwecken, es könne ewig so weitergehen, und das Einknicken vor der Impfaufforderung sei auf Jahre die letzte Chance für alle, ein halbwegs unbehelligtes Leben zu führen. Bürger dieses Staates zu sein — das bedeutet, sich von staatlicher Belästigung in regelmäßigen Abständen freikaufen zu müssen, indem man den Penetrierenden resigniert seinen Körper hinhält, hoffend, dass es noch mal gut geht und sich keine schlimmeren gesundheitlichen Beeinträchtigungen zeigen.
Schon deutet sich an, dass „Ungeboosterte“ neben den ohnehin nicht satisfaktionsfähigen Ungeimpften 2022 zum neuen Feindbild aufgebaut werden. Wir stehen vor einer Endlosschleife aus saisonaler Erleichterung, neuer Welle, neuer Panik, neuem Impfversagen, neuer Boosterung und so weiter. Und selbst mit dem Steigen der staatlicherseits erpressten „Impfquote“ wird man fortfahren, die verbleibenden 20, 10, 5 oder 2 Prozent der Ungeimpften für die Misere verantwortlich zu machen.
Mit einem jährlichen Rhythmus — wie bei der freiwilligen Grippeimpfung — scheint es indes nicht getan zu sein. Denkt man diese Logik zu Ende, könnten heute 20-Jährige in ihrer verbleibenden Lebenszeit noch 120- oder gar 240-mal geimpft werden müssen. Und selbst wenn man die derzeit auftretenden Impfschäden noch für relativ geringfügig hält — was einer Verhöhnung der Betroffenen gleichkäme —, wird es bei einer derartigen Dauerbelastung mit dubiosen, mangelhaft erprobten Stoffen bei so „wenigen“ Vorfällen bleiben? Wird sich die Belastung nicht mit jeder neuen Boosterung aufaddieren?
Die kranke Republik
Schon jetzt ist der Krankenstand bei den Menschen in diesem Land hoch — Corona betreffend, aber auch andere Infektionen und Krankheiten. Noch nie habe ich eine solche Häufung in meinem persönlichen Umfeld beobachtet. Ob das vielfach „Impfschäden“ sind, ist sehr schwer nachzuweisen. Aber im Ergebnis kann man von einem grandiosen Scheitern der Gesundheitspolitik der letzten Jahre sprechen — ob die Ursache nun bei mangelnden Hilfsangeboten, speziell bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, liegt, bei einem kaputt gesparten Gesundheitssystem oder bei einem Minister, der zusammen mit Gleichgesinnten die Menschen in gesundheitliche Zusammenbrüche hineinredet und -reglementiert. Die Impfschäden verstärken diesen Trend nur.
Je mehr „die Gesundheit“ in den Mittelpunkt der Tagespolitik rückte und „Bleiben Sie gesund“ zum Mantra unserer Epoche geworden ist, desto kränker wurden die Menschen.
Als Konsequenz bräuchten wir dringend das Gegenteil dessen, was jetzt geschieht: einen Stopp der fortwährenden Angriffe auf unsere Psyche, unseren Verstand, unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt und unsere körperliche Integrität.
Es gibt auch optimistischere Prognosen, nämlich dahingehend, dass Omikron als ansteckende Variante mit relativ leichten Verläufen quasi die Abschiedsvorstellung von Corona sein könnte. Das Polit-Panikorchester wird sich zwar nur ungern von seinem lieb gewordenen Repressionsvorwand trennen können, doch könnten andere Themen in dessen Fußstapfen treten: Öko-Totalitarismus, neue Flüchtlingswelle, Versorgungsengpässe, Finanzkrise, Energiekrise, Spannung mit Russland … Eine derart weich gekochte Bevölkerung kann so von einer entschlossen Machtelite weiter nach Belieben verkrümmt und auf Wurmgestalt reduziert werden.
Doch die Zukunft ist offen. Das Corona-Manöver ist auch für seine Protagonisten nichts anderes als ein Experiment, das — aus deren Sicht — gelingen oder auch schiefgehen kann. Die von mir angedeuteten Widersprüche könnten zu einem Zusammenbruch des Narrativs führen, das schon jetzt eher schlecht als recht am Leben gehalten wird. In einer Zeit, in der wir von fast allen verraten worden sind, von denen wir uns vielleicht hätten Hilfe erwarten können, bleiben wir auf uns selbst zurückgeworfen. Dies kann beängstigend wirken, stellt aber auch eine Chance dar, dass wir — wo noch nicht geschehen — politisch erwachsen werden. Eine neue Kultur des Mutes, der Solidarität und der Selbstorganisation kann entstehen, und vielfach entsteht sie bereits.
Meine persönliche Wintersonnenwende
Am 28. Dezember 2021 sind meine Frau und ich am Spätnachmittag zum Rathaus unserer eher verschlafenen Landgemeinde gegangen. Gerüchte sagten, dort solle ein „Kerzenspaziergang“ stattfinden. Unter dem Motto „Zusammen stehen, zusammen gehen“ wollten Geimpfte und Ungeimpfte ein Zeichen setzen, dass sie sich nicht auseinanderdividieren lassen. Wir rechneten nicht mit einer nennenswerten Anzahl Menschen. Dann aber: ein Lichtermeer, Menschen, die sich auf dem Gehsteig unserer Hauptstraße in Bewegung setzten — Kerzen in der Hand. Ruhig, wortlos, meist ohne Masken. Transparente waren kaum zu sehen. Niemand schwang Reden. Die Polizei verhielt sich ruhig, lobte sogar die friedliche Atmosphäre.
Auch in unseren Nachbargemeinden hat es derartige Veranstaltungen gegeben — wie in vielen größeren und kleineren Städten des Landes. Diese Demonstratiönchen als „rechts“ abzukanzeln, wäre schwer gewesen — zu offensichtlich standen und liefen da ganz normale Bürger. Man kann über die Zahl von 500 Menschen lächeln — gemessen an Berliner Großdemos vom August 2020. Aber es sind viele. Sie sind überall. Und sie werden weitergehen. Der Vergleich mit 1989 drängt sich auf.
Auch die teils versteinerten, teils erschöpften und verhärmten Mienen der Führungskader in diesen Tagen — Lauterbach, Wieler, Drosten, Scholz, Kretschmann — erinnern an die Schlussphase der DDR, während sich bei den Demonstrierenden eine gelassene Aufbruchstimmung breitmacht.
Die Kerze in der anbrechenden Nacht ist ein starkes Symbol. Ich war jetzt schon 5-mal dort und werde weiter hingehen. Auf einem der wenigen Plakate der Demos stand geschrieben: „Stell dir vor, es ist 3G — und keiner macht mit!“ Ja, stellen wir uns das ruhig vor!
Dies war meine ganz persönliche Wintersonnenwende 2021, und sie half mir auch über den Jahreswechsel, der ja vielfach von einer eher depressiven Stimmung begleitet war. Mehr Verzweiflung war selten in dieser furchtbaren Pandemie der destruktiven Gedankenviren. Aber auch: Mehr Hoffnung war selten.
Wir dürfen uns jetzt nicht lähmender Resignation hingeben, denn etwas bricht auf. Ich empfehle jedem, sich regional an derartigen Veranstaltungen zu beteiligen. Mein Lob für diese „stille“ Form des Protests bedeutet nicht, dass ich gegen andere Demonstrationen mit analytischen und kämpferischen Reden eingestellt wäre. Aber was wir brauchen, ist jetzt Besonnenheit, Entschlossenheit und ansteckende Beharrlichkeit.
Verwandeln wir die aufkeimende Hoffnung in die Gewissheit einer besseren Realität. Schon jetzt — schon 2022!