Am 8. Juli 2018 stellte eine Frau namens Kirsty Eccles Fragen, die die Historiker in ihrer enormen Tragweite eines Tages vielleicht als die wichtigste Anfrage betrachten werden, die im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes je gestellt wurde. Der nachfolgende Text sollte äußerst sorgfältig gelesen werden, denn nur so wird diese Behauptung verständlich.
Sehr geehrte British Broadcasting Corporation,
1. Warum hat der BBC-Newsnight-Korrespondent Mark Urban den Gebührenzahlern verheimlicht, dass er sich erst letzten Sommer mit Sergej Skripal getroffen hatte?
2. Wann hatte die BBC davon erfahren?
3. Ich möchte Sie bitten, mir Kopien der Gesamtkorrespondenz zwischen Ihnen und Mark Urban bezüglich des Falls Sergej Skripal zukommen zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen,
Kirsty Eccles
Die Tragweite dieser wenigen Fragen ist deswegen so groß, weil sie den Kern dreier Entwicklungen beziehungsweise Ereignisse treffen – nämlich des sich intensivierenden neuen Kalten Krieges, der Zusammenarbeit von BBC-Propaganda und Geheimdiensten sowie des Zusammenbrauens falscher Beweise in Steeles „schmutzigem Dossier“. Nimmt man diese Zusammenhänge etwas genauer unter die Lupe, ergeben sich gleich sehr viel plausiblere Motive für die Vergiftung der Skripals.
Genau aus diesem Grund lehnte die BBC Kirstys Anfrage rundheraus ab und betonte, dass das Thema nicht dem Informationsfreiheitsgesetz für „Journalismus“ unterliege.
10. Juli 2018
Sehr geehrte Frau Eccles,
Betreff: Anfrage im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes – RFI20181319
Vielen Dank für Ihre Anfrage an die BBC vom 8. Juli 2018, in der Sie gemäß dem Informationsfreiheitsgesetz aus dem Jahr 2000 nach den folgenden Informationen fragten:
1. Warum hat der BBC-Newsnight-Korrespondent Mark Urban den Gebührenzahlern verheimlicht, dass er sich erst letzten Sommer mit Sergej Skripal getroffen hatte?
2. Wann hatte die BBC davon erfahren?
3. Ich möchte Sie bitten, mir Kopien der Gesamtkorrespondenz zwischen Ihnen und Mark Urban bezüglich des Falls Sergej Skripal zukommen zu lassen.
Die von Ihnen angeforderten Informationen unterliegen nicht diesem Gesetz, da sie die Bereiche „Journalismus, Kunst und Literatur“ betreffen. Die BBC ist also nicht verpflichtet, Ihnen diese Information zukommen zu lassen, schließlich legt der sechste Abschnitt der Liste 1 des Informationsfreiheitsgesetzes fest, dass die von der BBC und den anderen öffentlichen Sendeanstalten veröffentlichten Informationen nur dann diesem Gesetz unterliegen, wenn „andere Themen als Journalismus, Kunst oder Literatur“ betroffen sind.
Die BBC ist weder verpflichtet, Informationen preiszugeben, die sie für ihr Programm verwendet, noch Informationen, die die kreative Arbeit unterstützen oder mit ihr irgendwie im Zusammenhang stehen.
Natürlich kann man diese Argumentation der BBC als völlig tendenziös bezeichnen. Schließlich dürfen Journalisten der Öffentlichkeit solche wichtigen Informationen nicht vorenthalten, ganz besonders dann nicht, wenn es um die Verbreitung von Fake News im Interesse der Sicherheitsbehörden geht. Und genau diese Propagandamittel hat die BBC wissentlich angewandt – und versucht nun, dies zu verbergen.
Heute habe ich versucht, Mark Urban von Newsnight telefonisch zu erreichen, leider ohne Erfolg. Außerdem schickte ich ihm folgende E-Mail:
An: mark.urban@bbc.co.uk
Lieber Mark,
wie Sie vielleicht wissen, bin ich als Journalist im alternativen Medienbereich tätig, Mitglied der NUJ (National Union of Journalists, Nationale Journalistengewerkschaft – Übersetzung der Redaktion) sowie früherer britischer Botschafter. Derzeit recherchiere ich im Fall Skripal und möchte Ihnen daher folgende Fragen stellen:
1. Nachdem man die Skripals vergiftet hatte, wurde dieser Fall zur weltweit größten Nachricht überhaupt aufgebauscht. Sie waren diesbezüglich insofern in einer einzigartigen Position, als Sie sich im Jahr zuvor einige Male mit Sergej Skripal getroffen hatten. Ungeachtet eines möglichen Karrieresprungs hielten Sie jedoch genau diese immens wichtige Information vier Monate lang vor der Öffentlichkeit verborgen. Warum?
2. Einstmals dienten Sie zusammen mit Pablo Miller als Offizier im Königlichen Panzerregiment. Als Skripals MI6-Verbindungsoffizier lebt Miller gleichfalls in Salisbury. Waren Sie mit ihm über die Jahre hinweg in freundschaftlicher Verbindung? Wie oft kommunizieren Sie miteinander?
3. War Miller, als Sie sich mit Skripal in Salisbury trafen, die ganze Zeit über oder zumindest teilweise anwesend? Oder haben Sie sich mit Miller gesondert getroffen?
4. War die BBC über Ihr Treffen mit Miller und/oder Skripal informiert?
5. Als Sie der Weltöffentlichkeit vier Monate später erzählten, Sie hätten Skripal nach der Rowley-Sturgess-Affäre getroffen, sagten Sie, Sie hätten dies zu Recherchezwecken für ein Buch getan. Allerdings dreht sich das einzige in Bälde erscheinende Buch von Ihnen um den Anschlag auf die Skripals. Über welche Themen haben Sie sich also mit Skripal unterhalten?
6. Pablo Miller hat für den Orbis-Geheimdienst gearbeitet. Wissen Sie, ob Miller am Christopher-Steele-Dossier über Trump und Russland mitgearbeitet hat?
7. Haben Sie das Trump-Dossier mit Skripal und/oder Miller diskutiert?
8. Ist Ihnen bekannt, ob Skripal am Trump-Dossier mitgewirkt hat?
9. In Ihrer Newsnight-Sendung nach der Rowley-Sturgess-Affäre sagten Sie, Sie wüssten aus geheimdienstlichen Quellen, dass Yulia Skripals Telefon möglicherweise verwanzt gewesen ist. Wie viele Geheimdienstkontakte hatten Sie seit Januar 2017 bezüglich der oben angesprochenen Themen?
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Craig Murray
Ich bin jedem dankbar, der Mark Urban per E-Mail kontaktiert, um so dem öffentlichen Interesse an einer Antwort der BBC auf diese wichtigen Fragen Nachdruck zu verleihen. Wenn Sie Zeit haben, schreiben Sie doch einfach selber eine E-Mail. Falls nicht, können Sie gerne meinen Text nutzen.
Um den großartigen Schotten John Paul Jones zu zitieren: "Wir haben den Kampf noch nicht einmal begonnen.“
Craig Murray, ein früherer britischer Diplomat, arbeitet heute als Menschenrechtsaktivist und Blogger. Bekanntheit erlangte er, als er während seiner Zeit als Botschafter in Usbekistan das dortige Karimov-Regime immer wieder wegen dessen Menschenrechtsverletzungen kritisierte.
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Skripals - When the BBC Hide the Truth". Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.