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Der Glücks-Faktor

Der Glücks-Faktor

Es ist schwierig, doch nicht unmöglich, in heutigen Zeiten ein glückliches Leben zu führen.

„Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, im nächsten Leben würde ich versuchen, mehr Fehler zu machen. Ich würde nicht so perfekt sein wollen, ich würde mich mehr entspannen. Ich wäre ein bisschen verrückter, als ich es gewesen bin. Ich würde viel weniger Dinge so ernst nehmen. Ich würde mehr riskieren, würde mehr reisen, Sonnenuntergänge betrachten, mehr bergsteigen, mehr in Flüssen schwimmen ... Wenn ich noch einmal leben könnte, würde ich von Frühlingsbeginn an bis in den Spätherbst hinein barfuss gehen. Und ich würde mehr mit Kindern spielen...“ — Jorge Luis Borges, argentinischer Dichter

Qualitäten des Glücks

Jedem begegnet das Glück anderswo. Für den einen bedeutet Glück, barfuß im Morgentau über eine Wiese zu laufen, für den anderen, sein Baby im Arm zu halten. Sex kann glücklich machen. Oder ein neues Designerkostüm. Eine Bratwurst oder Mozarts Konzert Nummer 13 für Klavier und Orchester. Oder auch: die Abwesenheit von all dem. Ein Zen-Mönch findet Seligkeit, wenn er sich in die Leere versenkt.

Die leichtgläubige und von Wirtschaft wie Industrie so gern propagierte Annahme, es sei das Geld, das uns glücklich mache, stimmt also nur bedingt. Denn: So manch einer von uns wäre bitter enttäuscht, wenn er auf dem Gabentisch statt des erwarteten persönlichen und mit Bedacht gewählten Geschenks „nur“ einen Briefumschlag mit einem 50-Euro-Schein darin fände.

Geld kann — qua seiner Existenz wie auch in der Konsequenz seines Wieder-Ausgebens — glücklich machen. Muss dies aber nicht. Und so verhält es sich mit allem anderen auch.

Denn: Wichtig, um glücklich zu sein, sind nicht die Dinge oder Begebenheiten an sich, sondern unsere Einstellung hierzu. Eben, dass wir sie wahrzunehmen und wertzuschätzen wissen, ihnen eine eigene Bedeutung zusprechen, die nichts mit Tauschwerten oder Zukünftigem zu tun hat.

Glück lässt sich daher am ehesten als Korrelation zwischen drei Dingen verstehen: Aufmerksamkeit, einem von Vergangenheit und Zukunft losgelösten Moment, den ich mit dem Begriff der Augenblicklichkeit beschreiben möchte, und einem Zusammenspiel aus Eigenwert und Selbstzweck, einer unmittelbaren Bedeutung für uns.

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Abbildung 1: Triadische Korrelation des Glücks

Am besten erklärt sich dies anhand eines der oben gewählten Beispiele: Wer eilig über eine Wiese läuft, dem wird es schwerfallen, diese überhaupt wahrzunehmen, geschweige denn deswegen glücklich zu sein. Und auch, wer langsam und bedächtig über dieselbe läuft, Natur und Landschaft jedoch nicht schätzt, wird in diesem Moment wohl nicht in Glück versinken, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach in Gedanken eher andernorts sein.

Wer dagegen aufmerksam wandert, Natur, Landschaft und Wiese für sich eine Bedeutung zuzuweisen vermag, zu diesen in emotionale Beziehung tritt, der wird vermutlich hierbei ein Gefühl von Glück empfinden können. Er wird die Zeit vergessen, das Gestern gestern und das Morgen morgen sein lassen, sich in aufmerksamer Betrachtung einer ihm bedeutenden Sache im Augenblick verlieren können.

Um dies zu verdeutlichen hilft es, sich die Auswirkungen dieser triadischen Korrelation, die man am ehesten als Perspektive begreifen mag, auf uns selbst anzuschauen.

In dieser, seiner Konsequenz betrachtet, betitelte man Glück dann am ehesten als: ein Leben, das den „Zweck des Daseins“ erfüllt, das „keinen Zweck außer dem Leben mehr braucht“ (1); einen Gedanken, „der die Welt so lässt, wie sie ist“ (2); Kontemplation, das völlige Aufgehen in einer Tätigkeit, bei der man die Zeit vergisst; die Fähigkeit, mit der Welt „in Übereinstimmung“ (3) zu leben; inneres „Gleichgewicht“ (4); „ein Einswerden mit der Gegenwart, die dadurch zur Ewigkeit wird, dass sie nicht durch Rück- oder Vorsichten auf andere Zeiten relativiert wird“ (5); „eine Art zu leben, die das Problemhafte zum Verschwinden bringt“ (6); eine Tätigkeit, die man um ihrer selbst willen tut und die man hierdurch genießt. Kurzum: Ein aufmerksames Leben im Hier und Jetzt.

Quantitäten des Glücks

Doch, wird man sich fragen: Wenn wirklich alles glücklich zu machen vermag, was hindert uns dann daran, viel öfter glücklich zu sein? Und: Ist Glück auch gleich Glück? Ist es dasselbe Glück, wenn ein Hungernder ein Brötchen erhält, ein Folteropfer einmal nicht gepeinigt wird — und ein bis dahin namenloser Schriftsteller sein erstes Buch auf den Markt bringt?

Auf die erste Frage werde ich im nächsten Teil eingehen. Die zweite hingegen soll umgehend beantwortet sein:

Glück ist nicht gleich Glück. So mag zwar das Brötchen ebenso wie die Verschonung von Folter und Pein und jene wiederum ebenso wie die Veröffentlichung eines Erstlingswerkes für den entsprechend Betroffenen die pure Glücksseligkeit, womöglich ein Glück derselben Qualität, sein.

Man kann jedoch mittels Maslow‘scher Bedürfnispyramide die menschlichen Bedürfnisse in verschiedene Ebenen einteilen und dem Glück hierdurch eine quantitative Dimension verleihen.

Bei der Erforschung gesunder, erfolgreicher und glücklicher Menschen entdeckte der amerikanische Psychologe Maslow nämlich, dass man menschliche Bedürfnisse nach einer bestimmten Rangordnung einteilen kann (7).

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Abbildung 2: Bedürfnispyramide nach Maslow (8).

Alle Bedürfnisse zusammen kann man sich als Schichten einer Pyramide vorstellen. Sobald eine Stufe erreicht, ein Bedürfnis befriedigt ist, hat der Mensch das Bestreben, die nächsthöhere Stufe zu erlangen. Oder anders herum: Die nächsthöhere Stufe wird erst erklommen, wenn die tiefer gelegene Schicht ihm keine Schwierigkeiten mehr macht.

Das bedeutet konkret: Erst derjenige, dessen Leben nicht bedroht ist, der über Nahrung und Wasser verfügt, sehnt sich danach, Sicherheit zu genießen, beispielsweise ein Dach über dem Kopf zu haben. Erst, wer ein Dach über dem Kopf hat, sehnt sich nach Sozialem: Liebe, Freundschaft und Gruppenzugehörigkeit. Erst, wer diese hat, sehnt sich nach Anerkennung. Und: Erst, wer sozial anerkannt ist, entwickelt ein Bedürfnis nach Selbstverwirklichung.

Für unser Glücksmodell bedeutet dies: Person eins wie zwei, Hungernder und Gefolterter, sind zwar glücklich, vielleicht auch gleichermaßen, zu 100 Prozent. Sie sind dies jedoch einzig und allein bezogen auf ihre physiologischen, also existentiellen Bedürfnisse. Wohingegen Person drei, der Erstlingswerkschreiber, bereits vier Ebenen der Pyramide „erklommen“ hat und nun auf der fünften angelangt ist.

Ich möchte daher mit Maslow behaupten: Person eins wie zwei können einzig aufgrund der Befriedigung existentieller Bedürfnisse glücklich sein. Wohingegen sich für Person drei soeben das Potential zu — sozusagen — allen Möglichkeiten des Glücks erschließt (9).

Oder kurz: Zwar vermag, wie eingangs beschrieben, alles glücklich zu machen. Doch eben nicht jeden, beliebig und zu jeder Zeit.

Was uns also unter anderem daran hindert, öfter glücklich zu sein, ist die Tatsache, dass das eine Glück, die eine Freiheit, die ein anderes Glück oder eine andere Freiheit erst möglich machen, noch nicht erreicht oder uns wieder genommen worden sind.

Störfaktoren des Glücks

Wer täglich um sein Leben ringt, vermag aufgrund eines Sieges in diesem Kampf stets aufs Neue glücklich zu sein. Wer bereits „so weit“ ist, sich selbst verwirklichen zu wollen, vermag sich über Essen, Trinken, Liebe, Anerkennung, Buchverträge und so vieles andere zu freuen. Vermag, beim Lesen eines Buches die Zeit zu vergessen und beim Trinken eines guten Bordeaux glücklich zu sein. Und doch, aller Wahrscheinlichkeit nach, ist er dies nicht. Oder zumindest nicht sonderlich oft.

Um der Frage nach dem Ursprung dieser Störungen des Glücks nachzugehen, wollen wir uns im Folgenden die drei Faktoren unseres triadischen Modells des Glücks genauer ansehen: Aufmerksamkeit, Augenblicklichkeit und Bedeutung. Was ist die Ursache, dass man auf einzelnen Stufen der Pyramide vielleicht doch nicht glücklich ist? Beziehungsweise: Was wirft einen unter Umständen wieder „die Pyramidenstufen hinab“?

Um zu verstehen, was unserer Korrelation des Glücks entgegensteht, muss man sich zuerst vor Augen führen, wie und wo wir leben: in einer Gesellschaft, in der immer weniger Leute über immer mehr verfügen. Oder andersherum: in einer Gesellschaft, in welcher sich immer mehr Menschen um immer weniger streiten. In einer Gesellschaft, die uns nahelegt, uns selbst als Waren auf einem „Arbeitsmarkt“ zu begreifen. Uns stets und ständig mehr anzustrengen als andere. Und diese mit dem Preis, den wir für unsere Leistung zu fordern bereit sind, dann noch zu unterbieten.

Wir leben in einer Welt, die nach dem Ende der Geschichte durch das freie Unternehmertum nun so gestaltet wird, wie es diesem gefällt. Dieses Unternehmertum — oder auch „der Markt“ — gesteht den Schwachen, das heißt allen Menschen ohne Geld- oder Produktivvermögen, und allen Völkern, die sich dem internationalen Kapital noch nicht geöffnet haben, nur die Unterwerfung unter sein Diktat oder den Tod durch Hunger oder Krieg zu. In einer Welt zunehmender Sinn- und Perspektivlosigkeit, voller Existenz- und Zukunftsängste, Vereinsamung und Verzweiflung, in der in vielen in Unterentwicklung gehaltenen Ländern der südlichen Hemisphäre weiterhin entsetzliches Elend herrscht; in der jedoch auch in westliche Metropolen und vormals sozialistische Länder längst Armut und Massenarbeitslosigkeit zurückgekehrt sind. In der soziale und demokratische Rechte, einst von Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegungen erkämpft, im Zuge weltweiter Deregulierung außer Kraft gesetzt werden.

Eine Welt, in der mit der Wiederkehr nationalistischer, teils sogar neofaschistischer Bewegungen und dem Aufstieg unverfasster, keiner demokratischen Kontrolle unterliegenden Mächte wie der Europäischen Zentralbank immer mehr die Gefahr einer autoritären Formierung von Staat und Gesellschaft heranwächst. Und in der vor dem Hintergrund einer heraufziehenden Weltwirtschaftskrise auch militärische Konflikte wieder zum Mittel der Wahl politischer Akteure geworden sind, die den ökonomischen Verdrängungs- und Vernichtungswettbewerb zur globalen Maxime erhoben haben (10).

Wir, auch und inzwischen gerade in der Bundesrepublik, befinden uns längst permanent im Kampf. Um Arbeit, Wohlstand, Besitz, Sicherheit und Zukunft, kurz: um unsere eigene „Existenz“. Und nicht nur verhindert permanenter Stress und Kampf, permanente Beschäftigung, eine Sache aufmerksam wahrzunehmen, sich auf diese zu konzentrieren und während man über ihr womöglich die Zeit vergisst, den Augenblick zu genießen.

Längst ist es auch so, dass beispielsweise die durch die permanente Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben hervorgerufene Massenarmut Bedingungen geschaffen hat, welche unsere Korrelation des Glücks in Gänze angreifen. Da die einen, die in Arbeit befindlich sind, immer mehr erwirtschaften und leisten, zu stets noch größeren Leistungen angetrieben und verpflichtet sind, während die anderen die durch sie verdiente Rendite in immer weitere Rationalisierungskonzepte stecken, bleibt zum Schluss nur noch eines: eine erpressbare Masse Arbeitsloser und prekär Beschäftigter, die immer größer wie auch verzweifelter wird. Menschen, die sich als minderwertig ansehen, weil sie wohlweislich ja etwas „falsch gemacht“ haben. Und die sich als Individuen zunehmend nur noch über den Vergleich ihrer Leistungen untereinander verstehen.

Die Gesellschaft um sie herum spricht indes nicht mehr nur ihrer Leistung, sondern unter Verweis auf diese — ja angeblich nicht vorhandene Leistung — längst auch ihnen selbst ihre individuelle Bedeutung ab.

Diesen „Denkgiften der neoliberalen Ideologie ist die Funktion zugedacht, menschliche Solidarität profitträchtig in Servilität nach oben und Rücksichtslosigkeit nach unten zu verwandeln. Das Denkgift der Schutzgelderpressung mit Standortparolen treibt ganze Belegschaften, ja Volkswirtschaften in ökonomische Unterbietungswettläufe, das Denkgift der Spardebatten wird zur Zerschlagung sozialer Sicherungssysteme zur Anwendung gebracht und die perfide Rede vom Sozialmissbrauch verweist auf die angeblich wahren Schuldigen der Krise: Nicht steuerhinterziehende Millionäre und Börsenspekulanten ruinieren das Gemeinwesen, nein, die Opfer selbst sind es, die Arbeitslosen, die Kranken, die Sozialhilfeempfänger, die als Sozialschmarotzer, Bodensatz und Wohlstandsmüll Deutschlands Untergang heraufbeschwören. Ihnen und allen anderen soll im neoliberalen Diskurs klargemacht werden, dass der Standort Deutschland nur mit tiefen Einschnitten und einem Mentalitätswechsel zu retten ist“ (11).

Wir leben in einem System, „das die Menschen zur Einsamkeit, zur Angst, zur Hoffnungslosigkeit und zu Beklemmungen verurteilt. Es zerstört die solidarischen Beziehungen zwischen den Menschen. Es zwingt uns, die anderen als Feinde zu betrachten.

Es überzeugt uns, dass das Leben eine Rennbahn ist, auf der es wenige Gewinner und viele Verlierer gibt. Es ist ein System, das die Seele vergiftet“ (12), uns also kontinuierlich emotionalen Angriffen aussetzt beziehungsweise uns selbst zu solchen — gegen uns selbst wie andere — zwingt. Und das uns mehr und mehr, „von oben nach unten die Pyramide hinab“, unsere Bedürfnisse in Frage stellt, diese angreift und konterkariert.

Wie soll man sich selbst verwirklichen, wenn man in der Wahl seiner Möglichkeiten unfrei geworden ist? Wie soll man Anerkennung finden, wenn man doch mit allen und jedem konkurriert? Wie soll man soziale Bedürfnisse befriedigen, wenn man immer weniger Zeit hierfür hat? Wie soll man mit sich und der Welt glücklich sein, wenn man weder Brot noch Obdach sein Eigen nennt?

Die neoliberale Ideologie bestimmt mittlerweile — viel mehr als wir selbst dies vermögen — unsere Perspektive auf diese, unsere Welt und dadurch unser Wirken für und wider uns und diese Welt. Es ist daher festzustellen, dass es diese Ideologie ist, die uns psychisch wie physisch sooft davon abhält, glücklich zu sein.

Im nächsten Teil werde ich aufzeigen, dass es die voranschreitende Entwicklung unserer Gesellschaft im neoliberalen Kapitalismus ist, welche uns zum Beispiel durch kontinuierliche Deregulierung und Abbau sozialer Sicherungen Tag für Tag immer weiterer Glückspotentiale beraubt, in der Maslow‘schen Bedürfnispyramide stets weiter „gen Boden“ zwingt, eben auch existentiell und nicht nur perspektivisch angreift. Interessanterweise zumindest ersteres in vollem Bewusstsein aller Beteiligten.

Fortschritt und Glück

Was meine ich damit? Führt man eine Achse der Zeit in unsere Betrachtungen über das Glück ein, ein Glück im Augenblick, ein Glück etwa über einen momentanen Zustand, der jedoch eine zukünftige Verschlechterung unserer Lebensbedingungen nach sich ziehen wird, so kann bereits im Hier und Jetzt unser potentielles Glück der Zukunft ruiniert werden.

Es scheint daher ratsam, darüber nachzudenken, welche Gegebenheiten auf der Welt uns womöglich nach und nach in unseren Bedürfnissen respektive Glückspotentialen in den Dimensionen von Selbstverwirklichung, Anerkennung, Sozialem, Sicherheit und schließlich Existentiellem bedrohen. Als auch und vor allem, was jeder Einzelne dagegen zu tun vermag.

Walter Benjamin und Ludwig Wittgenstein haben recht präzise Antworten hierauf. So schreibt Walter Benjamin:

„Der Begriff des Fortschritts ist in der Idee der Katastrophe zu fundieren. Das es ‚so weiter‘ geht, ist die Katastrophe. Sie ist nicht das jeweils Bevorstehende, sondern das jeweils Gegebene.“

„Was soll das: einer Welt, die in Totenstarre versinkt, von Fortschritt reden“ (13).

Und Ludwig Wittgenstein formuliert:

„Es ist (…) nicht unsinnig, zu glauben, dass (…) die Idee vom großen Fortschritt eine Verblendung ist (…) und dass die Menschheit (…) in eine Falle läuft“ (14).

„Es könnte sein, dass (…) Wissenschaft und Industrie nach und mit unendlichem Jammer die Welt einigen werden, ich meine, sie zu einem zusammenfassen werden, in welchem dann alles eher als der Friede wohnen wird“ (15).

Die Diagnose lautet also: Dass wir durch unser ständiges Tun und Annehmen wie Verbessern des Gegebenen selbst die Verursacher unseres zukünftigen Leides sind. Dem entgegen stellen Wittgenstein und Benjamin ihre Fortschrittskritik. Einen, wie bereits formuliert, Gedanken, „der die Welt so lässt, wie sie ist“ (16). Ein Innehalten und Beschauen unserer Welt und unseres Lebens auf ihr. Ein Sich-Bewusst-Werden, dass ein Weiterentwickeln, ein Fortschritt des Gegebenen der falsche Weg ist, da dies nur eine noch größere Katastrophe nach sich ziehen kann. Um dann, im Gewahrwerden der vorhandenen Probleme, darüber nachzudenken, welche Richtung womöglich eine bessere ist.

Sie formulieren hiermit zwei Notwendigkeiten sowie auf diese aufbauend zwei Auswege aus einem Leben zunehmender — eben auch existentieller — Entglücklichung.

Der erste Ausweg unterliegt der Notwendigkeit, zu erkennen, dass es unsere Perspektive auf die Welt, unser Leben und die Dinge ist, welche unser Glück zu großen Teilen bestimmt. Der hierauf aufbauende Vorschlag lautet, seine Perspektive so zu verändern, dass sie unserer triadischen Korrelation des Glücks entspricht: Aufmerksamer durch die Welt zu gehen. Den Dingen ihre eigenen Bedeutungen zuzusprechen; sie so zu lassen, wie sie sind. Und: im Augenblick zu sein.

Der zweite Ausweg unterliegt der Notwendigkeit, zu erkennen, dass es die herrschenden Verhältnisse und unser Mitwirken an diesen sind, was uns zunehmend unseres Glückes beraubt. Der hierauf aufbauende Vorschlag lautet daher implizit, die Welt zumindest insofern zu verändern, dass unser Antrieb, auf ihr zu leben, nichts mehr mit dem aktuellen Verständnis von Fortschritt zu tun hat.

In den folgenden beiden Teilen sollen diese Auswege ausformuliert und genauer betrachtet werden. Zum einen die Möglichkeit, seine Perspektive zu verändern. Zum anderen die scheinbare Notwendigkeit, sich des Problems des Fortschritts bewusst zu werden, um hiernach das gesellschaftliche Dispositiv zu verändern, welches sonst womöglich nicht nur in der Gegenwart, sondern auch und vor allem in der Zukunft unsere mögliche Perspektive und Existenz bedroht.

Perspektivisches Glück

Die Lebenskunst bestehe darin, Honig aus jeder Blüte zu saugen, schrieb Heinrich von Kleist (17). Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Sie besteht nämlich auch darin, möglichst viel Gefallen an jedem Nektar zu finden.

Denn die Welt, wie wir sie wahrnehmen, entsteht zuerst in unseren Köpfen. Unser Gehirn bearbeitet die ihm durch unsere Sinnesorgane übermittelten Rohdaten in sehr vielen Schritten. Das ist schon bei den einfachsten Vorgängen der Fall.

„Wenn wir einen Film sehen, erzeugt das Gehirn automatisch die Vorstellung, dass sich die Schauspieler bewegen, obwohl es sich nur um flimmernde Einzelbilder handelt. Wenn wir einen Apfel essen, spüren wir sein köstliches Aroma auf der Zunge, obwohl der Geruchssinn mindestens ebenso stark an der Empfindung teilhat. Tatsächlich können wir mit zugehaltener Nase und verbundenen Augen zwischen einem Apfel und rohen Kartoffeln nur schwer unterscheiden“ (18).

Auf eben dieser Erkenntnis beruhen auch die bewährtesten Verfahren der Psychotherapie. Besonders die Verhaltenstherapie setzt darauf, Patienten durch Übungen beizubringen, auf eine Situation mit anderen Gefühlen zu reagieren als bisher.

„So kann sich zum Beispiel ein krankhaft schüchterner Mensch daran gewöhnen, vor einer Party keine Angst mehr zu empfinden; Spinnenphobiker bringen es nach einer solchen Behandlung oft sogar fertig, eine haarige Vogelspinne über ihre Hand krabbeln zu lassen“ (19). Dafür gibt es viele weitere Beispiele.

Die Welt entsteht in unseren Köpfen. Was es uns daher auch in fast allen Fällen ermöglicht, eine entsprechende Perspektive einzunehmen, um mit dieser glücklich zu sein. Hierfür müssten wir es vollbringen, offen und neugierig zu sein, uns Veränderungen hinzugeben; aufmerksam zu leben. Denn, so schreibt Erich Fromm:

„Ohne Anstrengung und ohne Bereitschaft, Schmerz und Angst zu durchleben, kann niemand wachsen“ (20).

Womit er sagen will, dass, wer sich vor der Welt verschließt, sich vor all seinen Gefühlen verschließt, zwar vielleicht nicht unglücklich, ebenso wenig jedoch jemals glücklich sein wird. Die von ihm vertretene These lautet daher: Wir müssen uns unseren Ängsten stellen, um wieder bewusster zu leben, uns unserer selbst wieder bewusster zu sein.

Wie dies im Kleinen aussehen mag, wird jeder wissen, der sich im Stress des Alltags Exklaven der Entschleunigung zu schaffen vermocht hat. Der beispielsweise einmal meditierte oder sich in einem guten Buch versenkt hat.

Wie dies im Grossen aussehen könnte, schlägt Ludwig Wittgenstein vor, wenn er schreibt:

„Es könnte nichts merkwürdiger sein, als einen Menschen bei irgendeiner alltäglichen Tätigkeit, wenn er sich unbeobachtet glaubt, zu sehen. Denken wir uns ein Theater, der Vorhang ginge auf und wir sähen einen Menschen allein in seinem Zimmer auf und ab gehen. Sich eine Zigarette anzünden, sich niedersetzen, und so fort, so, dass wir plötzlich von außen einen Menschen sähen, wie man sich sonst nie sehen kann — das müsste unheimlich und wunderbar zugleich sein. Wunderbarer als irgendetwas, was ein Dichter auf der Bühne spielen oder sprechen lassen könnte, wir würden das Leben selbst sehen!“ (21).

Nur womöglich endlich in der richtigen Perspektive; das Kunstwerk zwingt uns — via Entschleunigung und aus dieser resultierender Komtemplation — sozusagen zu ihr.

Doch kann das nicht nur die Kunst. Das können auch wir. Indem wir, gemäß Wittgenstein, unserem Leben die Aufmerksamkeit zuteil werden lassen, die man sonst nur einem Kunstwerk schenkt. Bewusster leben, uns unseren Gefühlen stellen, Momente der Entschleunigung wie auch — und wider den Fortschritt — das ganze Leben zu entschleunigen suchen.

„Gewahrwerden, Wille zur Veränderung, Übung, das Zulassen von Angst und neue Erfahrungen sind vonnöten, wenn die Verwandlung des Individuums gelingen soll. An einem gewissen Punkt ändert sich die Energie und Richtung der inneren Kraft derart, dass sich auch das eigene Identitätserleben ändert. Solange ich am Haben orientiert bin, heißt das Motto: ‚Ich bin, was ich habe.‘ Nach dem Durchbruch heißt es: ‚Ich bin, was ich bewirke‘ (…) oder einfach: ‚Ich bin, was ich bin‘“ (22),

beschreibt Erich Fromm einen solchen, die Perspektive nachhaltig ändernden Prozess.

Sich seiner selbst bewusst zu werden und — was notwendig erscheint, da dieser uns ja Tag für Tag immer weiterer zukünftiger Glückspotentiale beraubt, — sich dem Fortschritt entgegenzustellen, inwiefern vermag man dies in unserer momentanen Gesellschaft jedoch überhaupt?

Existentielles Glück

Wohl nicht sonderlich weit. Leben wir doch in der festen Überzeugung, alles wäre gut. Und: Es könnte nur so weitergehen, wie gehabt; „besser werden“, indem das besser wird, was ohnehin schon ist.

Wobei wir ausblenden, dass aus einer Handvoll lokaler Auseinandersetzungen in den frühen 60er Jahren unlängst 50 bewaffnete Konflikte in aller Welt geworden sind. Dass dabei ungefähr tausend Soldaten und fünftausend Zivilisten täglich sterben, was aufs Jahr gerechnet etwa 2 Millionen Tote ergibt. Dass in den USA offiziell Kampagnen gestartet werden, um den Waffenexport noch zu steigern. Dass in der Dritten Welt 200 Millionen Kinder im Alter von vier bis 14 Jahren Arbeitnehmer sind. Dass der mächtigste Mann der Welt unlängst 1,5 Millionen Menschen im Gefängnis hält; mehr als doppelt so viele wie vor 15 Jahren. Dass 5,1 Millionen Amerikaner entweder in Haft oder unter gerichtlicher Aufsicht sind. Dass 75 Millionen Amerikaner heute weniger verdienen als im Jahr 1966. Dass 18 Prozent der Amerikaner unter der Armutsgrenze leben. Dass in Großbritannien der Abstand zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Arbeitslohn eines Mannes unlängst der größte seit 1880 ist, als man die Statistik begann (23).

Kurzum: Wir blenden völlig aus, dass eben nicht alles in Ordnung ist. Nein, ganz im Gegenteil, dass es einem Großteil der Menschheit immer schlechter ergeht. Unlängst auch in Deutschland. Und unlängst auch uns.

„Der unerschütterliche Glaube (jedoch), wir seien auf dem richtigen Weg zur Wahrheit und zur Lösung unserer Probleme, hindert uns daran, diese Besessenheit als Ideologie zu entlarven“ (24).

Dabei stört und zerstört diese Ideologie Leben. Bringt auch all die zu Vermögen, die geduldig darauf warten, von der Leichtgläubigkeit anderer nutznießen zu können. Zwingt „mit gebieterischem Konformitätsdruck die Menschen zum öffentlichen Mitmachen, oder sie werden auf dem Schafott der Lächerlichkeit“ (25) geköpft.

„Die Scholastik auf ihrem Tiefpunkt im Mittelalter drückte unsere letzte Alternative ganz einfach aus: Ordnung oder Chaos. Entweder, Du tust, was man Dir sagt, oder Du fällst in ein schwarzes Loch. In unseren Tagen ist das schwarze Loch kein Höllenpfuhl mehr, auch keine Frage des Kirchengehorsams. Aber man wird bemerkt haben, dass das alternative Element seine religiöse Struktur behält und die apathische Hinnahme ein Ausweis des wahren Glaubens bleibt“ (26).

Hierdurch, durch Entfremdung mittels Ideologie, sind die Menschen davon abgehalten — respektive macht man es ihnen schwer —, zu begreifen, dass es ihr eigenes, dem Fortschritt gedientes Handeln ist, welches die Welt und somit sie selbst zunehmend an den Abgrund führt. Welches sie immer stärker emotional angreift und immer mehr auf — nach Maslow — ihre existentiellen Bedürfnisse und Glücksmomente reduziert.

Tatsächlich ist der Neoliberalismus „darauf angewiesen, die Treue zu seiner Politik und zum System durch sogenannte Sinnstiftung, Betonung von Identität und Identifizierung, also durch nachdrückliche Bewusstseinsbildung zu gewährleisten“ (27). Kurz: die Menschen von der Erkenntnis dessen abzuhalten, was wirklich ist. Das zentrale Moment solcher diskursiv verordneter Entfremdung besteht hierbei darin, „dass die Menschen dazu gebracht werden sollen, die gegen sie selbst gerichteten Absichten herrschender (…) Mächte als ihre eigenen Lebensäußerungen zu realisieren“ (28).

So soll beispielsweise mit der Standortdebatte ein gesellschaftliches Bewusstsein erzeugt werden, worin die Konkurrenz der Einzelkapitale den Menschen als ihre Konkurrenz erscheint. Und das Projekt der Gegenaufklärung betreibt mittels groß angelegter Bedeutungsentfremdung die Reduktion sozialer Kompetenzen. Im Zuge einer semantischen Enteignung wird aus Gegenreform Reform. Aus Entlassungen Solidarität. Und aus Stundenlöhnen um die fünf Mark ein Einsteigertarif. Dabei stellt die Parole „Niedriglöhne schaffen Arbeitsplätze“ eine gänzliche Verkehrung der Wirklichkeit dar, geht doch ganz im Gegenteil mit einer immer größer werdenden Reservearmee an Arbeitslosen eine immer größere Erpressbarkeit derselben einher (29).

Durch derlei Entfremdung werden Menschen dazu gebracht, dass sie „die Sprache der fremden Macht (…) als ‚ihre‘ Sprache sprechen und die darin liegenden Gedanken der Herrschenden als ‚ihre‘ Gedanken denken, dass sie in ihnen verordneter Weise von ‚Reformstau‘ reden und damit die Reduktion ihrer Einkommen und die Beseitigung ihrer Rechte fordern (…)“ (30).

Dazu eben, sowohl sich selbst ihr Glück in Frage zu stellen und zu entziehen als auch und vor allem, sich eine quantitativ glückliche Zukunft zu verbauen.

Nicht umsonst auch gefielen sich so genannte „Vordenker“ des Neoliberalismus wie der frühere US-Präsidentenberater Brzezinski beim Verkünden zynischer „Visionen“ der zukünftigen 20:80 Gesellschaft: 20 Prozent mehr oder weniger gut Verdienende, die ausreichen sollen, um Produktion und Absatz zu gewährleisten. Und 80 Prozent Arbeitslose, die mit Tittytainment bei Laune gehalten werden sollen, einer Mischung aus Almosen und primitiver Massenunterhaltung (31).

Um diese „Vision“ zu verhindern und Menschen zu ermöglichen, hinter die Fassade von Ideologien zu sehen, sich über Abhängigkeiten, Unfreiheiten und Konsequenzen ihres Denkens wie Handelns klarer zu sein, um so vielleicht zu verhindern, dass es kommt, wie es soll, bedarf es viel.

Primär wohl eines veränderten Bewusstseins, eines Verständnisses dessen, „was die Menschen miteinander gemeinsam haben, nicht (…) (dessen), was sie voneinander unterscheidet. (Denn:) Je mehr wir in unser eigenes Unbewusstes eindringen, desto mehr entdecken wir, dass wir uns in quantitativer Hinsicht beachtlich unterscheiden, dass wir aber hinsichtlich der Qualität unserer Strebungen (alle) gleich sind. Die gründliche Erforschung des Unbewussten stellt (daher) einen Weg dar, die Menschheit in sich selbst und in jedem anderen menschlichen Wesen zu entdecken“ (32), die vorhandene ideologische verbrämte Perspektive womöglich um deren kausale Konsequenzen zu erweitern.

Wobei diese Entdeckung und mögliche Erweiterung nicht durch theoretisches Denken, sondern durch affektives Erleben geschieht.

Glückliches Resümee

Wenn Glück also, wie bis hierhin erklärt, aus einer inneren Einstellung, unseres Konstrukts einer triadischen Perspektive, sowie den auf uns wirkenden gesellschaftlichen Einflüssen besteht, erscheinen zwei Faktoren maßgebend, um glücklich zu sein:

  1. Dass man es vermag beziehungsweise erlernt, glücklich zu sein.
  2. Dass unser Umfeld, unsere Gesellschaft uns dies auch lässt.

Wobei sich aus einem freizügigeren, soll heißen: faktisch, nicht nur fiktiv, freieren Umfeld mehr Potential ergibt, um glücklich zu sein. Ein repressives Umfeld offenbart mittels seines Wirkens auf unser Handeln und Denken wie auch und vor allem unser zukünftiges Glück einen, in diesem Falle „negativ“ zu bestimmenden Kausalzusammenhang.

Dass unsere Gesellschaft hier als repressiv zu begreifen und dem Glück der meisten in ihr daher eher hinderlich, die „Idee vom großen Fortschritt (also tatsächlich) eine Verblendung ist“ (33), lässt sich abschließend mit wenigen Fakten (34) beweisen:

„Ganz gleich, ob man Studien betrachtet, die unterschiedliche Länder vergleichen, oder solche, die den Trend der letzten Jahrzehnte wiedergeben — sie alle legen denselben Schluss nahe: In den Industrieländern steigt die Zufriedenheit der Bürger keineswegs mit dem Lebensstandard. Zwischen Wohlstand und Wohlbefinden besteht kein Zusammenhang. Sieht man es als Aufgabe einer Regierung an, das Lebensglück ihrer Bürger zu steigern, wie es die Philosophen der Aufklärung verlangten, so sind die westlichen Politiker der vergangenen Jahrzehnte allesamt gescheitert“ (35).

Anders stellt sich dagegen die Lage in weniger entwickelten Ländern dar, wo jeder Dollar mehr ein echter Gewinn sein kann. Begonnen bei so armen Nationen wie Moldawien bis zu Spitzenverdienern unter den Schwellenländern wie Südkorea steigt die Kurve der Zufriedenheit rapide an (36).

Die Gründe liegen — insbesondere in Bezug auf die Denkfiguren dieser Arbeit und die durch diese offerierten Dimensionen von Glück — auf der Hand: Wo es am nötigsten fehlt, macht das Glück sich rar. Ein Kleinbauer in Nepal, dessen Land gerade genug Reis für die Familie abwirft, steht ständig unter Stress: Wird die Ernte auch im nächsten Jahr ausreichen? Hält das Dach der Hütte noch eine Regenzeit lang dicht? Ist das ständig hustende Kind ernsthaft krank? Auch ein geringes Mehreinkommen bedeutet für diese Familie — im maslowschen Sinne — eine echte, faktische Verbesserung. Arztbesuche werden möglich, und vielleicht sogar eine Ausbildung für die Kinder (37).

Abschließend ist also festzustellen, dass Geld zur Sicherung existentieller Grundlagen dem Zustandekommen von Glück durchaus förderlich sein kann. Darüber hinaus — aufgrund aufgezeigter Zusammenhänge — ist es in seinen Wirkungen auf unser Glück jedoch als kontraproduktiv anzusehen.


Quellen und Anmerkungen:

(1) Wittgenstein, Ludwig (1989), Band 1, Seite 168.
(2) Wittgenstein, Ludwig (1989), Band 8, Seite 455f.
(3) Wittgenstein, Ludwig (1989), Band 1, Seite 169
(4) ebd.
(5) Thomä, Dieter (2003), Seite 72
(6) Wittgenstein, Ludwig, zitiert nach: Monk, Ray (1992), Seite 398
(7) vgl. Maslow, Abraham H. (1978)
(8) Grafik zu finden unter: http://www.unister.de/Unister/wissen/sf_lexikon/ausgabe_stichwort479_3.html; Stand: 28.11.2003
(9) Die Bedürfnispyramide soll hier als Gedankenmodell dienen und nicht in Gänze als „verbindlich“ angesehen werden. Auch wer ein Haus über dem Kopf hat, aber keine Liebe erfährt, wird womöglich nach Anerkennung oder Selbstverwirklichung streben. Nur ist dies eben „eher unwahrscheinlich“. Und, denke ich, diese Unwahrscheinlichkeit, heißt: geringfügige Unsicherheit, auch einzig in den „höheren Stufen“ der Pyramide zu verorten.
(10) vgl. Gerlach, Thomas (2000), Seite 3
(11) Gerlach, Thomas (2000), Seite 6
(12) Galeano, Eduardo (1997)
(13) Benjamin, Walter (1972), Seiten 683 und 682
(14) Wittgenstein, Ludwig (1989), Band 8, Seite 538f.
(15) ebd.
(16) Wittgenstein, Ludwig, zitiert nach: Thomä, Dieter (2003), Seite 64
(17) Kleist, Heinrich von (1985)
(18) Klein, Stefan (2002), Seite 70
(19) ebd., Seite 71
(20) Fromm, Erich (1989), Seite 83
(21) Wittgenstein, Ludwig (1989), Band 8, Seite 455f.
(22) Fromm, Erich (1989), Seite 157
(23) Saul, John R. (1998), Seite 17f.
(24) ebd., Seite 25
(25) ebd., Seite 26
(26) ebd., Seite 28
(27) Schui, Herbert (1997), Seite 31
(28) Gerlach, Thomas (2000), Seite 96
(29) vgl. ebd.
(30) ebd.
(31) Martin, Hans-Peter/Schumann, Harald (1997), Seite 10ff.
(32) Fromm, Erich (1989), Seite 110f.
(33) Ludwig Wittgenstein (1989), Band 8, Seite 538f.
(34) Sieben von zehn Deutschen meinen, der Sinn des Lebens liege darin, glücklich zu sein. Aber nur drei von zehn nennen sich glücklich. Stefan Klein (vgl. Klein, Stefan (2002), Seite 259ff.) hat in seinem Buch Die Glücksformel das ‚Glück der Nationen‘ untersucht und folgendes festgestellt:
1. Es fällt auf, dass zwischen Wohlstand und Wohlbefinden kein Zusammenhang besteht. So haben manche Län-der im Verhältnis zu ihren geringen Mitteln sehr viel Wohlbefinden geschaffen. Zu ihnen zählt Kerala, ein Bun-desstaat im Süden Indiens, wo 30 Millionen Menschen auf engstem Raum leben. Allerdings hat jede Bauernfa-milie ihr eigenes Land, das sie ernährt. Im Durchschnitt verdienen sie jedoch weniger als 40 Euro im Monat. Kerala hat nicht wie andere Entwicklungsländer in Stahlwerke und Flughäfen investiert, sondern in Schulen und Krankenhäuser. Es gibt keine Analphabeten, viele haben höhere Schulbildung, die Kultur ist hoch entwickelt, die ärztliche Betreuung hervorragend.
2. Nicht der absolute Wohlstand, sondern die gleichmäßige Verteilung der Güter beschert ein langes Leben, dies zeigt sich besonders in den Industrienationen Schweden und Japan. Wachsende soziale Ungerechtigkeit geht in die Statistik mit niedrigerer Lebenserwartung ein.
3. Ein gut funktionierendes Gemeinschaftsgefüge beeinflusst die seelische und körperliche Verfassung von Men-schen so, dass die Lebenserwartung steigt. Solidarität ist ein Schutzschild.
4. Der Schlüssel zum Glück in der Gesellschaft ist es, sein Leben selbst in der Hand zu haben. Dabei kann ein relativ kleiner Zuwachs an Selbstbestimmung Menschen sehr viel glücklicher machen und ihr Leben verlängern, wie man in amerikanischen Altersheimen festgestellt hat, als die Senioren ermuntert wurden, über Kleinigkeiten ihres Alltags selbst zu bestimmen.
5. Demokratie macht glücklich. Die glücklichsten Europäer leben in der Schweiz. Dies lässt sich darauf zurückfüh-ren, dass sie durch ihr politisches System - direkte Demokratie mit Volksbefragung und Volksabstimmung- ein hohes Maß an Mitbestimmung genießen.
(35) Klein, Stefan (2002), Seite 260
(36) vgl. ebd., Seite 260f.
(37) vgl. Diener, Edward (1998)

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