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Den Garten bestellen

Den Garten bestellen

Nutzen wir den Frühling dafür, uns um unsere eigenen Angelegenheiten zu kümmern.

„Irgendwo, auf der Welt, gibt‘s ein kleines bisschen Glück, und ich träum‘ davon in jedem Augenblick,“ sangen die Comedian Harmonists, bevor ihr Ensemble von den Nationalsozialisten zerschlagen wurde. Ich träume von Zeiten, in denen Frauen noch Federn im Haar trugen und singe laut bei geöffneten Fenstern. Immer wenn es Frühling wird, packt es mich und ich werde übermütig. Veronika, der Lenz ist da! Die Luft liegt weich auf den Lippen, die Vögel zwitschern und pfeifen im weiten Himmel und die Welt wird wieder bunt.

Die Erde trägt uns noch! Sie hat uns nicht abgeschüttelt wie ein Hund die lästigen Flöhe. Obwohl wir unaufhörlich in ihren Leib eingedrungen sind, immer tiefer hinein in ihren blutenden Schoß, ernährt sie uns noch immer und gibt uns alles, was wir zum Leben brauchen. Auch in diesem Jahr geht der Winter zu Ende und macht dem Frühling Platz. Kraftvoll regt sich die Saat, die die kalte Jahreszeit überstanden hat. Welche Früchte wird sie tragen? Was wird zur Reife kommen? Was werden wir ernten?

Das Paradies in der Hölle

In diesem Frühjahr suche ich mir die Samen, die ich pflanzen will, mit besonderer Sorgfalt aus. Vieles habe ich aussortiert aus meinem Leben und bin mit leichtem Gepäck durch den Winter gereist. Ich will sie nicht mehr, die Kontrolle und die Angst, die alten Muster, die mir das Leben schwer machen. Ich will kein Misstrauen, kein Berechnen, kein Verstecken, kein Spekulieren. Während draußen die Schrauben immer enger angezogen werden, habe ich im Innen begonnen sie niederzureißen, die Mauern meines Gefängnisses. Frischer Wind ist durch mich hindurchgezogen und die tiefen Strahlen der Wintersonne haben manch verborgenen Dämon aus mir herausgekehrt.

Nun möchte ich mein Schönstes in die Erde bringen, alles das, was Freude macht und das Glück in mir nährt. In diesem Frühling will ich die Arme ausbreiten, als seien sie Flügel. Nicht in ferne Gefilde will ich fliegen, dorthin, wo die Not weniger sichtbar ist und das Leben billiger. Keine überwachte und abgesicherte Oase will ich ansteuern, kein künstliches Paradies erschaffen, in dem ich weiter überwintern kann, bis die Welt sich umgekrempelt hat wie ein alter Handschuh.

Ich will das Paradies in der Hölle suchen und die Saat genau dort einbringen, wo ich jetzt bin.

Hierfür braucht es keinen großen Grundbesitz, nur ein paar Handvoll Erde und ein Fenster, durch das das Licht fällt. Leben wächst in einem Blumentopf, der im kleinsten Raum noch Platz findet. Permakultur funktioniert auch auf der Fensterbank. Das Samenkorn bahnt sich seinen Weg durch die dunkle Erde in Richtung Licht. Mag es dauern, bis das Aufkeimende sichtbar wird — unter der Oberfläche pulsiert schon das Leben mit unerhörter Kraft, lange bevor es die Sonne erblickt.

Durch das Tor treten

Mögen die vergänglichen Humusschichten heute besonders schwer auf uns lasten, mag das Licht noch nicht sichtbar sein — nichts kann uns daran hindern, uns in der Dunkelheit gerade zu machen und nach oben zu strecken. So breite ich die Arme aus und umfasse im Geiste die mächtige, strahlende Sonnenkugel. Über dem Kopf lege ich die Hände aneinander und lasse sie die Decke durchdringen. Schon ahnen die Fingerspitzen, was sich hinter dem Sichtbaren verbirgt. Durch das enge Tor des Bewusstseins treten sie ein in eine Welt, in der die Cafés geöffnet und die Plätze voller Menschen sind.

Hell klappert das Geschirr, während unbeschwertes Lachen die Luft erfüllt. Nah beieinander sitzen die Menschen. Sie halten einander an den Händen und liegen sich in den Armen, schauen sich in die Augen und küssen sich auf den Mund.

In unbeschwerter Gemeinschaft finden sie zusammen und tun, was Menschen immer tun, wenn sie glücklich sind: Sie tauschen aus und lassen die Gläser klingen, singen und tanzen und fürchten nicht des anderen Mikrobiom, das kleine Leben, das uns alle in unzähligen Kolonien bewohnt und aus dem wir hervorgegangen sind.

Natürliche Gesetze

Gemeinschaft heißt erneut die Welt, Zusammenwirken des Lebendigen, Berührung, Teilen und Verbindung spüren. Das ist Glück. Mag auf der anderen Seite des Schleiers das Gemeinsame zerrüttet und das Lebendige zugrunde gerichtet werden, mögen Robotermenschen sich von Abfertigung zu Abfertigung steuern lassen, von Manöver zu Manöver, von Kalkül zu Kalkül — hier gelten andere Regeln. Es sind die Gesetze der Natur, nach denen diese Welt sich dreht, wie wir sie seit den hermetischen Schriften des Hermes Trismegistos kennen, die Verschmelzung des griechischen Gottes Hermes mit der altägyptischen Gottheit Thot.

Bevor die Einheit zerbrach, wussten wir, dass die Quelle des Lebens Geist ist, dass jede Ursache eine Wirkung hat und jede Wirkung eine Ursache. Wir wussten, dass die Dinge sich im Großen so verhalten wie im Kleinen und im Kleinen wie im Großen, dass Gleiches Gleiches anzieht und Ungleiches einander abstößt. Uns war bewusst, dass alles zur Harmonie strebt, alles in Schwingung ist und die Gegensätze gleichwertig sind. Jetzt erinnern wir uns daran. Wir erkennen, dass wir gar nichts neu erfinden müssen, nur Altes loslassen, das uns so lange Zeit in die Tiefe gezogen hat.

Wurzeln bilden

Wir sind tief gefallen. Der Aufprall war schmerzhaft. Nun können wir uns erneut aufrichten, den Staub von der Kleidung abputzen und in eine andere Richtung weitergehen, dorthin, wo das Leben wieder Spaß macht und wo Freude herrscht. Sie ist der natürliche Zustand des Menschen. Ein Kind bleibt nicht in Angst und Gram stecken, sondern fällt immer wieder von ganz allein in die Freude zurück wie die Stehauffiguren mit ihrer abgerundeten Unterseite und ihrem tief liegenden Schwerpunkt.

Ich stelle mir vor, wie ich meine Ecken und Kanten abrunde, das was mich hart und rau macht, wie ich meinen Schwerpunkt weiter nach unten verlagere und Wurzeln bilde, die mir Halt geben. In diesem Frühling werde ich selbst zum Samenkorn, verbinde mich mit dem, was mir Leben gibt, und wachse ganz unbeschwert in die Höhe. Ich breite meine Zweige aus in ihrer schönsten Pracht, lasse Blätter sprießen und Blüten und frage mich nicht, ob jemand anderes meine Früchte vielleicht nicht mögen wird. Welche Pflanze würde aufhören zu wachsen, aus Angst nicht verspeist zu werden?

Ich pflege meinen Garten und gestalte ihn so schön wie möglich. Niemanden lasse ich in ihm herumtrampeln oder die zarten Pflänzchen ausreißen. Ich suche mir ganz genau aus, wen ich zu mir einlade, und kümmere mich nicht um diejenigen, die meinen Garten nicht mögen. Ich schütze ihn vor Bulldozern und Giftspritzen, vertraue dem Licht und der Wärme der Sonne, der Kraft und der Qualität des Bodens und des erwachenden Lebens. Dankbar erfreue ich mich an dem, was bei mir wachsen mag.

Die Freude begießen

Mögen andere machen, was sie wollen, mag jeder denken und tun, was er für richtig hält. Wir alle werden ernten, was wir gesät haben.

Wer Freude will, muss Freude säen. Sie soll sich in meinem inneren Garten ausbreiten. Bei mir soll Frieden wachsen, Wohlwollen, Leichtigkeit, Dankbarkeit, Vertrauen, Liebe. Damit habe ich alle Hände voll zu tun.

Jeden Tag wollen diese Pflanzen begossen und gepflegt werden. Ich habe keine Zeit und keine Energie, mich um das zu kümmern, was bei anderen wächst.

Vielleicht gedeiht dort der Glaube, dass es wirklich eine Pandemie gibt, ein Killervirus, das die ganzen Freiheitsbeschränkungen und Kollateralschäden rechtfertigt. Mögen viele denken, das sei in Ordnung so, und sich bei den Impfungen anstellen. Vielleicht wollen sie es genau so. Vielleicht wollen sie überwacht und kontrolliert werden und nicht die Verantwortung für ihr eigenes Leben übernehmen. Vielleicht wollen sie, dass man ihnen alles abnimmt. Ich kann das nicht ändern. Ich kann mich nur in meinem eigenen Garten an die Arbeit machen und diejenigen einladen, die Lust haben, es mir gleichzutun. So wird ein Glück geboren, das ich nicht irgendwo auf der Welt suchen muss. Es ist genau hier.


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