Dear Barack Obama,
thank you for coming to our Evangelischer Kirchentag in Börlin! We need you! Wir brauchen Sie! Wie schön war doch das Leben in unserem geschützten Teil Europas mit Ihnen als Präsident! Sie waren - darf ich das etwas außerhalb unserer Verfassung sagen - Sie waren auch unser Präsident! Ich gestehe: Manchmal haben wir uns ein bisschen über Sie aufgeregt, wegen der Drohnen zum Beispiel. Aber erst jetzt erkennen wir so richtig, was wir an Ihnen hatten, angesichts Ihres ungehobelten Nachfolgers, dieses Trumpels. Wir brauchen wieder das Bild des guten Amerika! Und verzeihen Sie uns, dass einige von uns zwischendurch – ein bisschen – an Ihnen gezweifelt haben!
Dear Barack Obama, auf welcher Yacht Sie auch sein mögen, vor Australien oder in der Karibik, wir dürfen Ihnen berichten: im geschützten Teil Europas funktionieren gottseidank noch unsere bewährten Leitmedien. So können wir erfreut miterleben, dass es Ihnen und Ihrer Frau Michelle und Ihren Kindern gutgeht. Sie können nun, befreit von der Regierungslast, nach Herzenslust durch die Welt reisen.
Auf der 200 Millionen-Yacht Rising Sun Ihres Milliardärsfreundes, des Musikproduzenten, dem die Firma Dreamworks gehört, wurden Sie nicht nur von den diskreten Beamten des Secret Service beschützt, sondern auch umsorgt von den 45 livrierten Dienern des Traumschiffs. Mit Rising Sun, der aufgehenden Sonne, bei Tahiti durch den Südpazifik! Was für ein schönes Foto des blendend weißen Traumschiffs! 138 Meter lang, wow! Länger als ein deutsches Fußballfeld! Und wie schöne Fotos erreichten uns danach von Moskito Island in der Karibik auf der anderen Seite unseres Planeten! Diese traumhafte Insel gehört einem anderen Ihrer Milliardärsfreunde. Da konnten Sie unter strahlender Sonne mit Badehose, Brille und Sturzhelm kitesurfen nach Lust und Laune – und wir durften alles genau auf den Fotos mitverfolgen!
Dear Barack Obama, Sie leben den amerikanischen Traum – und wir hier in Germany dürfen ihn so nahe miterleben als wären wir selbst dabei! Und wie schön: Sie können nebenbei Ihre von allen Menschen erwarteten Memoiren schreiben lassen, und Ihre Michelle kann das Buch über die gemeinsame Zeit im Weißen Haus schreiben lassen, mit den Kindern, den Katzen und der Küche!
Dear Barack Obama, ebenso erfreuen uns die Fotos von der schönen Backstein-Villa, die Sie und Michelle und die Kinder nun im Washingtoner Reichenviertel Kalorama beziehen, nicht viel kleiner als die weiße 640 Quadratmeter-Villa Ihrer Nachbarin Ivanka, der Tochter Ihres Nachfolgers und ihres Ehemanns, des Präsidentenberaters. Wie schön, dass Sie sich nun zwischen den weiten, sicher auch anstrengenden Reisen in die Südsee und in die Karibik und nach Börlin erholen können. All das dürfen wir fast live miterleben. Ich versichere Ihnen: Sie haben das verdient! Herzlichen Glückwunsch! God bless you!
Dear Barack Obama, Sie werden beim Evangelischen Kirchentag mit unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Podiumsdiskussion über die Rolle des Christentums in der Welt führen, am Brandenburger Tor. Leider habe ich mich zu spät angemeldet, wie so viele, ich habe den Andrang unterschätzt. So habe ich leider keine Eintrittskarte mehr für einen der 80.000 gut gesicherten Plätze vor dem Brandenburger Tor bekommen. Aber ich werde Sie wie alle Deutschen im Fernsehen bewundern. Ich habe einen heimlichen Wunsch: Stützen Sie unsere Bundeskanzlerin.
Diese Pfarrerstochter aus dem kommunistischen Osten ist so rätselhaft zurückhaltend, wenn es um das öffentliche Bekenntnis zum Christentum geht, jedenfalls in wichtigen Fragen. Vielleicht wirkt doch ihre Funktion als Sekretärin der kommunistischen Jugend bis heute nach. Wie habe ich dagegen Sie, dear Barack Obama, bewundert, wie Sie zum Beispiel in Ihrer Ansprache zu Afghanistan sich direkt an die Soldaten Ihrer Nation gewandt haben, mit dem begeistert aufgenommenen Wunsch: God bless you und God may bless the United States of America! Das fehlt unserer Bundeskanzlerin und unseren Soldaten: der göttliche Segenswunsch für unsere Bundeswehr, sei es in Deutschland oder in Afghanistan. Und noch nie, glaube ich, hat unsere CDU-Vorsitzende den Segen Gottes auf die Bundesrepublik Deutschland herabgewünscht! Ermutigen Sie vor dem Brandenburger Tor unsere schüchterne Christenchefin!
Dear Barack Obama, als erster Chef eines Staates der westlichen Wertegemeinschaft haben Sie angekündigt, den gesetzlichen Mindest- bzw. Hungerlohn zu erhöhen, der in God’s Own Country bei 7,25 US-Dollar liegt. Das hat uns gefreut! Wo doch die Niedriglöhnerei und die Armut in Ihrem gesegneten Land schon so lange sich ausbreitet, dass es uns erbarmt hat. Ich weiß, das war hochmütig gegenüber unserem Großen Bruder. Aber wir können nichts dafür, manchmal kommt unsere etwas verborgene christliche Barmherzigkeit spontan doch heraus, vor allem wenn es sich um die Armut in anderen Regionen der Welt handelt.
Und wo gerade unsere Schutzmacht doch stark sein muss: Gerade sie wurde als erster westlicher Staat von dem Schicksal erfasst, das von US-Wissenschaftlern seit Jahrzehnten mit working poor bezeichnet wird: Arbeit haben und trotzdem arm sein. Aber dann kamen ja Sie, Mister President, und wollten den gesetzlichen Mindestlohn erhöhen. Aber unbekannte Mächte haben Sie in den acht Jahren Ihrer Regierungszeit daran gehindert. Das hat den Aufstieg des Trumpels mit ermöglicht, behaupten missgünstige Gewerkschafter und Soziologen. Aber lassen wir das. Sie haben die Erhöhung gewollt.
Das ist entscheidend. Auch hier zeichnet sich wahres Christentum dadurch aus, dass es die Hoffnung aufrechterhält, auch angesichts unbekannter und böser Mächte. Übrigens: Wäre das nicht auch eine schöne christliche Botschaft beim Evangelischen Kirchentag vor dem Brandenburger Tor – eine Botschaft an unsere auch in dieser Sache leider so zögerlichen Bischöfe und eine Botschaft an unsere Bundeskanzlerin? Also die aktualisierte Kennedy-Botschaft von Börlin: „I am for the Erhöhung des Mindestlohns in Deutschland!“
Dear Barack Obama, man hat es Ihnen damals im Weißen Haus vielleicht überbracht: Manche Naivlinge, die es bei uns immer wieder gibt, vor allem unter jungen Leuten und journalistischen Neulingen, haben sich aufgeregt, als bekannt wurde, dass unsere beliebte Bundeskanzlerin von einem Ihrer Geheimdienste ausgespäht wurde. Aber die Kritik verschwand so schnell wie sie gekommen war. Unsere Kanzlerin erklärte uns damals: „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht!“ Wir alle haben das verstanden.
Diese Formel bedeutet, wie wir durch unsere große transatlantische Freundschaft gelernt haben: Ausspähen unter diesem besonderen Freund geht immer. Und das Ausspähen, oder sagen wir zutreffender: die beschützende geräuschlose Begleitung geschieht ja zwischen christlichen Nationen – das ist etwas anderes. Und das sogenannte Ausspähen ist ja gar nicht heimlich, wie vor allem von jungen Menschen und journalistischen Neulingen nach einiger Zeit immer wieder behauptet wird. Nein, denn Sie haben, dear Barack Obama, mithilfe eines leaks uns wissen lassen, dass die Dienste unserer Schutzmacht unverändert weiter immer ein Auge auf uns haben - und dass wir dies auch wissen sollen und dürfen und dass dies eben nicht, wie fälschlich behauptet wird, heimlich geschieht. Thanks so much!
Dear Barack Obama, Sie hatten uns begeistert, weil Sie die Atombomben abschaffen wollten. Ach wie wäre das schön - so empfanden wir damals. Es war wie eine Erlösung nach einem jahrzehntelangen Alptraum der Atomkriegsgefahr in unserem geliebten christlichen Abendland. Unbekannte haben Sie dann leider daran gehindert, dieses Ziel weiter zu verfolgen, und in God’s own Coutnry wurde unter Ihrer Präsidentschaft sogar die neue Atombombe B62-12 zu bauen begonnen.
Aber wie erträglich war dann doch die Gefahr, denn sie war mit Ihrem Namen und mit dem von uns in old Europe verliehenen Friedens-Nobelpreis verbunden! Auch unsere abgehörte Kanzlerin beruhigte uns, ebenso taten feinfühlig und meist ohne Worte die ebenfalls abgehörten deutschen Minister und deutschen Geheimdienste und die bewährten Leitmedien. Und, ehrlich gesagt, so schön es gewesen wäre ohne die Atombomben, aber so ganz haben wir eigentlich selbst nicht daran geglaubt. Wir brauchen selbst welche! Sie haben uns so elegant und ohne Gepolter wieder auf den Boden der Tatsachen und zur Realpolitik zurückgeführt! Thanks so much!
Dear Barack Obama, Sie hatten uns moralisch erleichtert, als Sie in Ihrem Wahlkampf ankündigten: Das Folterlager in Guantanamo ist unvereinbar mit den Werten der westlichen Wertegemeinschaft! Das Folterlager muss aufgelöst werden! Gerade für uns Deutsche mit dem allerdings kurzen Teil unserer bösen Vergangenheit war Guantanamo etwas Verstörendes: Ein Folterlager und zudem in einem besetzten Territorium eines anderen Landes! Manche unserer historisch Kundigen erinnerten zudem gelegentlich daran – zurückhaltend, wie es ihre Art ist -, dass God’s own Country dieses Territorium vor über einem Jahrhundert unter einem Ihrer Vorgänger, dear Mister Ex-President, den Kubanern während eines militärischen Überfalls weggenommen hat und dass der damals erpresste Pachtvertrag, der hundert Jahre galt, schon längst ausgelaufen ist. Ich erinnere mich, dass ich vor - ja, wie lange ist es her, vor zehn Jahren? – noch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ich glaube es war im WDR, einmal folgendes gehört hatte:
Wenn Russland etwa in Kuba einen Militärstützpunkt und ein Folterlager betreiben würde, dann wäre das doch ein Verbrechen? Dann würden doch die Hüter der Menschenrechte und des Völkerrechts, die USA vorneweg, in Kuba einmarschieren und Kuba von dem Besatzer befreien? Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, dann habe ich das damals tatsächlich, wirklich so gehört. In einem deutschen Rundfunk, damals noch, vor Beginn Ihrer Amtszeit! Ich gebe zu, in solchen Dingen ist die Erinnerung unzuverlässig und oft von Wunschdenken geprägt.
Aber unabhängig davon: Mit Ihnen, Mister President, verzeihen Sie dieses spontane, rückwärtsgewandte Wunschdenken – fake news sozusagen im Dienst der guten Sache – also mit Ihnen, dear Barack Obama, war Guantanamo irgendwie doch erträglich, und Ihre New York Times und auch unsere zwei deutschen Staats-Sender konnten ihr und unser Gewissen mithilfe Ihrer freundlichen Autorität entlasten. Folterlager im fremden Land - Sie hatten ja angekündigt, dass es aufgelöst werden soll. Das fanden wir gut. Wir durften Sie in Ihrem Wunsch begleiten. Wir haben uns moralisch sauber gefühlt, mit Ihnen. Was kann wahres Christentum auch hier Besseres tun als die Hoffnung hochzuhalten, auch in den schwierigsten Umständen und gegen unbekannte Mächte? Thanks so much!
Ganz ähnlich haben Sie, dear Barack Obama, uns bei den Tötungen oder auch Morden, wie manche sagten, geholfen, die Sie mithilfe der rund um den Erdball verschickten Drohnen vorgenommen haben oder vornehmen mussten. Ohne Gerichtsverfahren, ohne Urteil - eigentlich schrecklich, nicht wahr? Auch wegen der nebenbei immer wieder getöteten Unschuldigen, die zuvor noch lachenden und glücklichen jung verheirateten Ehepaare und singenden Hochzeitsgäste und herumtollenden Kinder! Ich bin sicher, dass Sie da schmerzlich mitgefühlt haben, wir in Deutschland jedenfalls haben Ihre Schmerzen gespürt, fast körperlich, möchte ich sagen. Mit Ihnen, dear Barack Obama, waren die Tötungen oder auch Morde, wie manche sagten, erträglich. Wir mussten nicht darunter leiden, wir durften vergessen, wir blieben geachtete und uns selbst achtende Mitglieder der von Ihnen geführten christlichen Wertegemeinschaft. Thanks so much!
Dear Barack Obama, Ihr bisheriger Nachfolger, dieser schreckliche ungehobelte Trumpel, will eine dicke hohe Mauer gegen die illegalen Migranten aus Mexiko bauen. Schrecklich! Rassistisch! Wie erträglich war dagegen der elegante, schmale Hochsicherheitszaun, den ihr Parteifreund und Vorgänger Bill Clinton zu errichten begonnen hatte, weitsichtig damals schon in den 1990er Jahren! Und diesen Zaun ließen Sie weiter ausbauen, auch mit lautloser, kaum sichtbarer, modernster Erfassungstechnik, die an Israels Grenzen entwickelt wurde! Nie wurde ein Grenzschütze wegen tödlicher Schüsse auf Zivilisten verurteilt! Die von Ihrer Regierung geführte Justiz nahm Rücksicht auf die schwere, auch seelisch belastende Arbeit der Grenzpolizisten, die fern ihrer Familien in der Hitze mit schwerem Gewehr patrouillieren müssen. Und ohne Aufhebens wurden in den acht Jahren Ihrer Amtszeit jährlich etwa 400.000 illegale oder für illegal erklärte Migranten über diese Grenze abgeschoben – ohne ein lautes rassistisches Wort, das uns hier im geschützten Teil Europas erreicht hätte! Thanks so much!
Es ist leider wahr: Wir im allzu weichherzigen old Europe waren in unserer Feindbild-Produktion schon erlahmt. Wir waren auf die Friedensgesänge des russischen Präsidenten Putin hereingefallen und weil er nur ein Zehntel so viel wie Sie, dear Barack Obama, für das Militär ausgab. Egoistisch dachten wir nur an uns in Europa und wollten friedliche, sichere Beziehungen mit Russland aufbauen. Sogar wirtschaftliche Vorteile haben wir angestrebt. Wir haben materialistisch gedacht und wurden immer gieriger: Europäische Unternehmen haben in der Ukraine Niederlassungen gegründet und haben Handelsverträge mit Russland abgeschlossen.
Wir haben uns blenden lassen durch die steigenden Einnahmen unserer Unternehmer und Bauern und durch die mehreren zehntausend Arbeitsplätze, die dabei entstanden, in der Europäischen Union, in der Ukraine und in Russland. Vor allem wir in Deutschland waren dabei besonders gierig und konnten nicht genug kriegen. Dear Barack Obama: Sie haben uns aus unserer Verblendung erlöst. Sie haben das sündige Fuck-Europe gezüchtigt und in der Ukraine den bösen Oligarchen durch einen guten Oligarchen ersetzen lassen. Manchmal muss man für das höhere Ziel sich die Hände schmutzig machen: Das haben wir verweichlichten Europachristen auch von Ihnen und Ihrem God's own Country gelernt. Danke für die Züchtigung! Dafür büßen wir gerne jetzt mit den Verlusten für Bauern, Arbeiter und Unternehmer. Thanks so much!
Unsere Militärbischöfe und Militärgeistlichen, die aus Afghanistan und anderen Einsatzorten zum Evangelischen Kirchentag gekommen sind - mit ihnen schließen wir Sie, dear Barack Obama, in unsere Gebete und Gesänge und Predigten ein! Und wir sollten uns ein Vorbild nehmen an den schmucken Uniformen und Offiziersrängen der Militärgeistlichen in den US-Streitkräften! Und ich werde den guten Erzbischof von Köln von der Katholischen Kirche bitten: Er möge Sie einladen, dass Sie an der nächsten NATO-Friedensmesse im katholischen Kölner Dom teilnehmen, die seit drei Jahrzehnten regelmäßig im Januar jeden Jahres stattfindet und an der Offiziere und Soldaten auch der US-Streitkräfte in old Europe teilnehmen. Auch die katholischen Christen und die katholischen Militärbischöfe und Militärgeistlichen brauchen Sie und das gute Bild von God's own Country!
Dear Barack Obama! Als Präsident gaben Sie uns Hoffnung. Wir leisten Abbitte für unsere gelegentliche, kleinkrämerische Kritik von damals. Und nun kommen Sie wieder nach Börlin, zu unserem Evangelischer Kirchentag! Diesmal entlastet von aller Regierungsbürde, reich, entspannt, gut gelaunt und gut gebräunt! Umso leichter können wir wieder hoffen auf Ihre Hoffnungen, Ihren Optimismus, Ihr gelebtes Christentum! Und unser Kirchentag bekommt doch wieder Aufmerksamkeit! Welcome! God bless you and God’s own country!