Jetzt rächt sich für die etablierten Medien, dass sie die zunehmende Zensur der sozialen Medien unter dem Deckmantel der Bekämpfung von Hasssrede und Fake News nur halbherzig und die infame Verfolgung von Julian Assage gar nicht anprangerten und bekämpften. Schon betätigen sich alle wichtigen Plattformen der sozialen Medien als Zensoren in staatlichem Auftrag und Google als Reichweitenunterdrücker für Unbequeme.
Weil die CDU-Chefin empört ist, dass einige YouTuber sich vor der Europawahl gegen die CDU ausgesprochen haben, wollen nun einige in ihrer Partei und die Landesmedienanstalten anfangen, YouTuber zu beaufsichtigen.
Aber nun geht es an die großen Zeitungen und andere große Medienhäuser.
Seit die US-Regierung Assange wegen Spionage anklagen und mehrfach lebenslänglich einsperren will, weil er unter anderem Videos von US-Soldaten veröffentlichte, die zum Spaß vom Helikopter aus eine massenmörderische Jagd auf Zivilisten veranstalteten, sind sogar die großen US-Zeitungen aufgewacht.
Sie merken und beklagen nun, dass man auf diese Weise fast das gesamte (echte) investigative Geschäft der Medien kriminalisieren und ausmerzen kann. Reichlich spät, nachdem sie jahrlang Assange entweder totgeschwiegen, oder ihn, ganz aus der Perspektive der Mächtigen, wie einen Volksfeind verunglimpft haben.
Vorzeigedemokratien wie Schweden und Großbritannien haben aktiv mitgemacht und machen weiter mit bei dieser Verhöhnung des Rechts und der Unterdrückung der Pressefreiheit und der Menschenrechte.
In Paris wurde die Journalistin der führenden Tageszeitung Le Monde, Ariane Chemin, von Sicherheitsbehörden verhört und mit Zuchthaus bedroht, weil sie eine Serie von Artikeln über Gewalttätigkeiten von Präsident Macrons Leibwächter veröffentlichte, die letztlich zu einigen Rücktritten führten.
Auch der Geschäftsführer von Le Monde wurde vom Generaldirektorat für innere Sicherheit verhört und eingeschüchtert. Insgesamt wurden in letzter Zeit acht Journalisten verhört, die Unbequemes veröffentlichten, etwa über Waffenlieferungen an Saudi Arabien und Jemen.
Und in Deutschland? Hier gibt es den Referentenentwurf des Innenministeriums für ein Gesetz, das es den deutschen Inlands- und Auslandsgeheimdiensten ausdrücklich erlaubt, Server, Computer und Smartphones von Verlagen, Rundfunksendern sowie freiberuflichen Journalistinnen und Journalisten zu hacken, verschlüsselte Kommunikation abzufangen und verdeckt nach digitalen Daten zu suchen.
Reporter ohne Grenzen warnt, dass damit eine Säulen der Pressefreiheit in Deutschland, das Redaktionsgeheimnis, fallen würde:
Während es pro forma verboten bliebe, mit einer physischen Redaktionsdurchsuchung die Identität journalistischer Quellen zu erlangen, könnte dies mit einer Online-Durchsuchung sehr wirkungsvoll digital umgangen werden.
Erschwerend kommt hinzu, dass das Innenministerium das Trennungsgebot zwischen Geheimdiensten und Polizei deutlich aufweichen will, sodass die Strafverfolgung von Medienschaffenden erleichtert würde.
Medien und ihre Quellen würden die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit verlieren. Die Mächtigen könnten weit stärker als bisher darauf vertrauen, ihr Tun und ihre Ziele vor der Öffentlichkeit verborgen halten zu können.
Nennen wir es beim Namen. Solche Bestrebungen haben in einer funktionierenden Demokratie keinen Platz. Sie sind Zeichen des Übergangs zu einem totalitären System, in dem Widerspruch gegen die Mächtigen ein Verbrechen ist.
Nachtrag: Australien
In Sydney hat die Polizei am Mittwoch den Sender Australian Broadcasting Corporation (ABC) durchsucht. Der Durchsuchungsbefehl richtete sich gegen zwei Journalisten und den Nachrichtenchef. Auch die Privatwohnung einer Zeitungs-Journalistin war am Tag zuvor durchsucht worden. ABC hatte in den sogenannten „Afghan Files“. auf Basis von dem Sender zugespielten geheimen Regierungsdokumenten über „ungesetzliche Tötungen“. und weiteres Fehlverhalten australischer Truppen in Afghanistan berichtet. Die Journalistin hatte 2018 über einen geheimen Regierungsplan berichtet, die australische Bevölkerung auszuspionieren. Der Vorwurf lautete jeweils auf Veröffentlichung geheimer Dokumente. Der Executive Direktor von ABC berichtete, der Durchsuchungsbefehl habe der Polizei erlaubt „Material auf den Computern von ABC zu ergänzen, zu kopieren, zu löschen oder zu verändern“. Sie hätten Tausende Dokumente und interne E-Mails in Augenschein genommen. Die britische BBC, der die Verfolgung und jahrelange Misshandlung von Julian Assange für ähnliche "Verbrechen" mitten in London nicht gleichgültiger hätte sein können, zeigte sich ebenso empört über die Durchsuchung ihres Partnersenders wie die australischen Medien. Wir erinnern uns. Damit es Filmaufnahmen von Julian Assanges Verhaftung gab, musste der russische Fernsehsender RT in London aktiv werden. BBC could not be bothered.
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.reuters.com/article/us-wikileaks-assange-un-idUSKCN1T10WP
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Blog von Norbert Häring.